Winsen. In der Kreisstadt ist die City belebt wie nie. Was läuft hier gut, was andernorts stockt? Eine Spurensuche mit erstaunlichen Antworten.
Er hüpft und hüpft und hüpft. Ein kleiner Junge kann gar nicht genug bekommen von den in den Boden eingelassenen Minitrampolinen. Ein paar Meter weiter tun es ihm ein Mädchen und ein weiterer Junge gleich, die beiden springen zusammen auf einem Trampolin. Auf großen hölzernen Bänken haben es sich die Eltern und weitere Geschwister gemütlich gemacht. Im Hintergrund lädt ein ebenerdiges Wasserspiel zur Abkühlung ein.
Es geht vorwärts in der Innenstadt von Winsen. Die Sanierung der Fußgängerzone, die 2022 am südlichen Ende der Rathausstraße begann, hat den zweiten Bauabschnitt hinter sich. Diesmal sind die Veränderungen im Rahmen des Stadtentwicklungsprojekts „Winsen 2030“ besonders auffällig. Ein weiterer Pluspunkt: In den Sommermonaten ruhen die Bauarbeiten.
Sanierung der Fußgängerzone: Kinder und Eltern in Winsen sind begeistert
Was ist neu? Im Mittelpunkt steht der komplett neu gestaltete Vorplatz der St.-Marien-Kirche. Gesäumt von mehreren Cafés, Bäckereien und Einzelhandelsgeschäften zieht das im Juni eingeweihte Wasserspiel das meiste Interesse, vor allem kindlicher Natur, auf sich. Stufen oder Kanten gibt es hier nicht.
Café bietet Speisen und Getränke auf dem neugestalteten Kirchplatz an
Ebenerdig sind die Umrisse der 13 Winsener Ortsteile in den Boden eingelassen. Dazwischen sprudeln – mal sanft, mal kräftiger – Fontänen in die Höhe. In der Dämmerung wird das Wasserspiel farblich illuminiert. „Es ist total schön geworden. Endlich gibt es auch viel Platz zum Hinsetzen“, erzählt Janike Wenck aus Rottorf.
Sie ist die Mutter des nimmermüden Trampolinturners Justus. Der Dreijährige ist mit seiner jüngeren Schwester Mona und Mutter Janike aus Rottorf gekommen. Gern sitzen die Drei auf einer der großen Holzbänke und genießen ein Eis. Justus tobt gern quer durch das Wasserspiel. „Er ist schon komplett nass geworden“, erzählt die Mutter schmunzelnd, „aber wir haben Wechselklamotten dabei.“
Erhöhte Kundenfrequenz steigert Umsatz und freut Geschäftsleute
In einer Ecke des Kirchplatzes stehen seit einigen Wochen acht Tische mit etwa 20 Sitzplätzen unter großen Sonnenschirmen. Sie gehören zum Piazza-Café. „Wir haben uns mit der Stadt geeinigt, dieses Angebot bis Ende September zu testen“, sagt Inhaber Carlos Silva, der auch das Eiscafé Venezia 300 Meter weiter gegenüber dem Rathaus betreibt. „Der Test ist gelungen. Es herrscht deutlich mehr Leben vor der Kirche. Nicht nur ich finde das positiv.“
Die Umsätze beider Läden hätten sich leicht gesteigert, berichtet Carlos Silva. Das führt er nicht allein auf eine höhere Kundenfrequenz in der Fußgängerzone zurück. Sicherlich kommt dem Gastronomen auch zugute, dass in Winsen einige Restaurants ihre Türen schlossen, darunter das direkt am Kirchplatz gelegene „Zum weißen Ross“ mit großem Außenbereich.
Kaffee und Kuchen angenehm unter freiem Himmel genießen können Kunden seit Abschluss der zweiten Bauphase bei der Dorfbäckerei Soetebier. Vor der Filiale in der Marktstraße 6 stehen im Sommer immer lange graue Bänke und Tische unter Sonnenschirmen. Während der Bauarbeiten war dieses Bespielen des Gehweges vor der Filiale nicht möglich.
Anwohner litten lange Zeit unter Auswirkungen der Bauarbeiten
„Grundsätzlich haben wir gute Verbindungen zur Stadt. Allerdings fanden wir, dass die Baustelle ganz schön lange vor unserer Tür gewesen ist“, sagt Claudius Böttcher aus der Verkaufsleitung der Bäckerei. Daher gehe es an diesem Standort zunächst darum, den Umsatz wieder reinzuholen, den die lange Bauphase gekostet habe.
Zurück zu den Wechselklamotten. Bei diesem Stichwort huscht Sabine Brückmann ein Lächeln über die Lippen. „Natürlich haben wir vom Wasserspiel und den hohen Temperaturen profitiert. Wir bieten Second-Hand-Kleidung für Kinder und kühle Getränke an“, sagt die Inhaberin vom „Tüdelband“, einem Concept-Store für Groß und Klein in der Marktstraße 1-3.
Nass und kaputt vom Toben im Wasser? Das „Tüdelband“ kann helfen
Auch sie und Ehemann Lars Brückmann hätten lange unter den Folgen der Bauarbeiten gelitten. Phasenweise standen Baucontainer, Absperrzäune und Bagger direkt vor den Schaufenstern. Der eigentlich prominent gelegene Laden mit seinen vielfältigen Angeboten war nur schwer zu entdecken.
„Die schöne neue Fußgängerzone und der Kirchplatz sind ein absoluter Gewinn. Hier herrscht fast immer eine schöne Atmosphäre“, sagte Sabine Brückmann. „Winsen hat dadurch ein Stück Lebensqualität dazu gewonnen.“ Dies sei auch für junge Familien, die aus Hamburg nach Winsen rausziehen, ein wichtiger Faktor.
Sanierung der Fußgängerzone: Im September startet der dritte Bauabschnitt
Die Freude der Inhaber ist zunächst von begrenzter Dauer, denn im September startet vor dem „Tüdelband“ der dritte Bauabschnitt der Innenstadtsanierung. Dann sind die Markt- und Deichstraße von der St.-Marien-Kirche bis zur Luhebrücke (an der Einmündung Mühlenstraße) an der Reihe. „Wenn unser Laden auch diese Phase übersteht, dann haben wir es wirklich geschafft“, sagt Lars Brückmann.