Lüneburger Heide. Vom Dalai Lama gesegnet: Buddhistisches Zentrum in der Heide kann sich vor Anfragen kaum retten – und sendet ungewöhnlichen Hilferuf.
Jeden Sommer wird ein kleines Dorf in der Lüneburger Heide zu einer Zeltstadt. Hunderte Menschen bevölkern dann das Gelände eines alten Gutshauses bei Schneverdingen, ein kurioser Anblick ist das mitunter, wenn zwischen den alten Eichen etliche bunte Gebetsfahnen im Wind flattern. Doch was suchen die Menschen hier eigentlich?
Nichts weniger als inneren Frieden. Das Gutshaus ist ein Stück authentisches Tibet in der Abgeschiedenheit der Heide, nämlich das buddhistische Meditationshaus Semkye Ling, was so viel heißt wie „Ort, an dem das Mitgefühl entfaltet wird“. Es gehört dem 1977 gegründeten gemeinnützigen Verein Tibetisches Zentrum Hamburg und steht unter der Schirmherrschaft des Dalai Lama. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter verbrachte 1998 zehn Tage in Lünzen und segnete in dieser Zeit Haus und Tempel.
Tibetisches Zentrum in Lünzen: Immer mehr Menschen sehnen sich nach Lehren des Buddhismus
Das Meditationshaus bietet unter anderem Wochenendkurse, Abendmeditationen und verschiedene Vorträge auch für Nichtmitglieder an. Hier treffen sich die Teilnehmer des siebenjährigen tibetischen Buddhismus-Studiums, regelmäßig gibt es Seminare in den Schulferien.
Der Verein Tibetisches Zentrum, der seinen Hauptsitz in Hamburg Berne hat und in der Hamburger Innenstadt einen zweiten Standort betreibt, zählt 655 Mitglieder. Die meisten von ihnen sind über 50 Jahre alt. Die Öffnung nach außen und das Bemühen um neue, jüngere Mitglieder sei dem Verein wichtig, erklärt Heike Spingies, Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit beim Tibetischen Zentrum. Allerdings stößt dieser Wunsch an räumliche Grenzen.
Gäste müssen mit Zelten Vorlieb nehmen oder in benachbarte Pensionen ausweichen
Im Semkye Ling können maximal 20 Personen übernachten, dies in atmosphärisch heimeligen, aber hellhörigen Mehrbettzimmern. Als Waschgelegenheiten stehen Gemeinschaftsbäder zur Verfügung. Beim alljährlichen Sommercamp, zu dem Filmabende, Spaziergänge, gemeinsames Singen und Musikveranstaltungen gehören und zu dem sich in diesem Jahr über 160 Teilnehmer angemeldet hatten, wohnt ausschließlich das Personal im Gutshaus. Die Gäste müssen mit Zelten Vorlieb nehmen oder in benachbarte Pensionen ausweichen.
Die Nachfrage nach Angeboten, wie sie das Tibetische Zentrum macht, steigt mit der Sehnsucht, Halt und Orientierung in einer von Krisen und Kriegen geprägten Zeiten zu finden. Allein in Hamburg gibt es Schätzungen zufolge rund 80 buddhistische Gruppen. Das Tibetische Zentrum ist eine der größten. Das Zentrum steht unter der Leitung des tibetischen Meditationsmeisters Geshe Pema Samten. Er hat den höchsten Ausbildungsgrad der tibetischen Klosteruniversitäten und ist Abt des Tashi-Dargye-Klosters in Tibet.
Die meisten Gäste des Tibetischen Zentrums in Lünzen kommen immer wieder
Im Tibetischen Zentrum lernen von der stressigen Gegenwart Getriebene, nach innen zu schauen, ihre Konzentration zu bündeln und den Geist zu beruhigen. Das Ziel ist, sich von den vielen Projektionen, die die eigene Wahrnehmung verzerren, und von inneren Abhängigkeiten zu befreien. Mit viel Übung kann es gelingen, seinen Blickwinkel zu verändern, mehr Verstehen für andere zu entwickeln und in Harmonie mit sich und seinen Mitmenschen zu leben.
Der Weg dorthin kann lang und mühevoll sein und Jahre in Anspruch nehmen. Die meisten Gäste des Tibetischen Zentrums in Lünzen kommen immer wieder, und das ausgesprochen gern, weil sie das Haus als Zufluchtsort und den Aufenthalt dort als Chance für persönliches Wachstum erleben. Doch ein wenig mehr Komfort als bisher wünschen sich auch viele, insbesondere die älteren Teilnehmer, hat Spingies beobachtet.
Dalai Lama war bei seinem Deutschlandaufenthalt 1998 im Camp Reinsehlen
Der Verein Tibetisches Zentrum fasste deshalb den Plan, das Hotel „Camp Reinsehlen“ bei Schneverdingen zu übernehmen. Das Vier-Sterne-Hotel mit Restaurant und Lodges, die den Blick auf unverbaute Heideflächen freigeben, erschien dem Vorstand als idealer Ort für Meditierende – auch deshalb, weil hier der Dalai Lama bei seinem Deutschlandaufenthalt 1998 seine vielbesuchten Vorträge hielt. Inzwischen hat sich der Plan wegen fehlender finanzieller Perspektive zerschlagen.
Doch das Bestreben, den Seminarteilnehmern, Mitgliedern und auch den Studierenden künftig mehr Platz bieten zu können, bleibt. „Wir suchen weiter nach einem neuen Domizil“, bekräftigt Spingies. Und setzt hinzu: „Alles ist möglich.“ Um eine geeignete Immobilie zu finden, greift das Zentrum zu einem ungewöhnlichen Mittel: Es wendet sich an die Öffentlichkeit, um Tipps und Hinweise aus allen Ecken zu erhalten.
Neue Bleibe dringend gesucht: Wer kennt eine Immobilie bei Hamburg?
Gern möchte das Tibetische Zentrum im ländlichen Raum bleiben, sehr gern in der für Teilnehmer aus Süddeutschland verkehrsgünstig gelegenen Heide, wo man freundlich aufgenommen worden sei. Doch auch ein Hausangebot in der Stadt würde das Zentrum nicht ausschlagen: „Wenn man die Menschen im Geist verändern möchte, muss man auch dorthin gehen, wo die Menschen sind“, sagt Spingies.
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Das Tibetische Zentrum an seinen Standorten in Hamburg, Hermann-Balk-Straße 6 und Güntherstraße 39 sowie das Semkye Ling in Schneverdingen-Lünzen, Lünzener Straße 4, können von Interessierten besucht werden.
Hinweise auf geeignete Immobilien nimmt der Geschäftsführer des Tibetischen Zentrums, Andreas Bründer, unter Tel. 040-29 84 34 130 und andreas.bruender@tibet.de entgegen.