Lüneburger Heide. Wetterkapriolen lassen Erträge in diesem Jahr beträchtlich schrumpfen. Worauf sich Fans der gesunden Knolle gefasst machen müssen.
Biokartoffeln werden knapper: Dieser Trend zeichnet sich nach dem Beginn der diesjährigen Erntesaison bereits ab. Wahrscheinlich dürften die gesunden Knollen deshalb auch teurer werden. Die Erzeuger von Bio-Speisekartoffeln leiden quasi bundesweit unter massiven Ernteausfällen – aktuell sogar bis zu zwei Drittel pro Hektar im Vergleich zum Vorjahr (Beispiel aus dem Heidekreis).
In den vergangenen Jahren waren häufig lange Dürreperioden dafür verantwortlich, dass die Ernte-Erträge schrumpften, die Kosten aber wegen der ständigen Bewässerung gleichzeitig in die Höhe schnellten. In dieser Saison machen den Kartoffelbauern dagegen andere Wetterkapriolen das Leben schwer – vor allem die viele kräftigen Niederschläge.
Massive Ernteausfälle bei Bio-Kartoffeln: Mild-feuchtes Klima verantwortlich
„Diese kontinuierlichen Niederschlagsereignisse im Wechsel mit warmen Perioden sorgen in diesem Sommer für ein ungewöhnlich mild-feuchtes Klima, und das bietet die besten Bedingungen für Pilzerkrankungen“, sagt Josephine Hardt, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Bio-Kartoffel-Erzeuger (BKE).
Dabei gebe es regional große Unterschiede. Doch Bayern und Niedersachsen mit den größten Anbauflächen für Bio-Kartoffeln seien naturgemäß am meisten betroffen, so Hardt.
Und die Biobauern trifft das vermehrte Auftreten der Krautfäule besonders hart, denn im Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft stehen ihnen keine Fungizide zur Bekämpfung der Pilzerkrankung zur Verfügung, damit keine Chemie den ökologischen Anbau gefährdet.
Einsatz von Kupfer ist im Biobereich umstritten
Lediglich der Einsatz von Kupfer zur Eindämmung der Krautfäule wird diskutiert – wobei das Schwermetall unter den Biobauern umstritten ist. Demeter-Höfe dürfen es zum Beispiel nicht einsetzen, andere Verbandsbetriebe nur in Ausnahmefällen.
Zur Eindämmung der Krautfäule sei der Einsatz aber manchmal unabdingbar, so Hardt: „Das steht außer Frage, allerdings werden die Anwendungsstrategien ganz individuell betreut, sodass immer nur so viel wie unbedingt nötig eingesetzt wird – in fest reglementierten Mengen. Die Biokartoffel bleibt eine Biokartoffel.“
Einzelne Betriebe haben ihre Flächen komplett verloren
Auch in großen Teilen Niedersachsens haben die anhaltenden Niederschläge im Frühjahr die Pflanzungen verzögert. „Und dann ergab sich aufgrund der Witterung schon sehr zeitig in der Vegetation ein ungewöhnlich hoher Krautfäuledruck, der die Bestände schwächte und die Ertragserwartungen stark schmälert“, berichtet Josephine Hardt zur Lage in der Region.
Sie besucht regelmäßig viele Betriebe. Zum jetzigen Zeitpunkt sieht die BKE-Geschäftsführerin aber noch keinen „historischen Ernteausfall“: „Ich spreche eher von einem Ausnahmejahr. Aber regional trifft es einige Bio-Erzeuger sehr hart. Einzelne Betriebe haben ihre Flächen komplett verloren.“
Biokartoffeln sollen erschwingliches Bioprodukt bleiben
Aktuell bleibe abzuwarten, wie sich die verbleibende Vegetationszeit gestalte, denn die meisten Biokartoffeln befänden sich in Niedersachsen noch im Boden, damit sie eine schöne feste Schale ausbilden können.
„Die Ernte fällt unterdurchschnittlich aus, eine Knappheit kann ich aber nicht ausmachen.“
„Zu den Erträgen bei den Biokartoffeln für die Langzeitlagerung, deren Ernte erfahrungsgemäß im September und Oktober stattfindet, ist ein endgültiges Urteil zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Hier brauchen wir noch etwas Geduld, um fundierte Ertragsprognosen zu formulieren und etwas zur Preisentwicklung sagen zu können“, so Hardt.
Im Moment lägen die Preise wohl leicht über dem Vorjahr, aber nur moderat. „Wir stellen aber immer noch ein erschwingliches und gesundes Bioprodukt zur Verfügung, von dem die ganze Familie satt wird“, betont die BKE-Geschäftsführerin.
Warum die Biokartoffeln in diesem Jahr so klein sind
Schon jetzt ist aber klar: Die Erträge schrumpfen allein deshalb, weil die Kartoffeln aufgrund der ungünstigen Rahmenbedingungen viel kleiner ausfallen als sonst. Eine Verknappung im Angebot sieht Hardt zurzeit allerdings nicht: „Die Ernte fällt unterdurchschnittlich aus, eine Knappheit kann ich aber nicht ausmachen.“ Nur bei einer Knolle werde es eng: „Es gibt viel weniger große Ofenkartoffeln“, sagt Hardt.
Till Paulick von der Hofgemeinschaft Arpshof teilt die Eindrücke der Verbandsgeschäftsführerin: Auch auf dem Demeter-Hof in Dierstorf falle die Ernte deutlich schlechter aus als sonst. „Die Kartoffeln sind kleiner geblieben und haben mehr Krautfäule“, so der Bio-Landwirt. Zu kleine Kartoffeln würden die Verbraucher nicht kaufen, weshalb deutlich mehr Knollen aussortiert werden müssten.
Biokartoffel ist eine Diva – sie braucht viel Aufmerksamkeit
In Deutschland werden auf einer Fläche von insgesamt etwa 12.000 Hektar Biokartoffeln angebaut. Südlich von Hamburg liegt eine der größten Biokartoffel-Anbauflächen in Niedersachsen. Insgesamt stehen die Biokartoffelbauern in den Landkreisen rund um die Lüneburger Heide wegen der leichten und sandigen Böden im Vergleich zu anderen Regionen noch gut da. „Sie haben in diesem Jahr auch zu kämpfen – aber längst nicht so stark wie die Kollegen etwa in Süddeutschland“, sagt Josephine Hardt.
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Der Wenzendorfer Ulrich von Bonin verfügt über jahrzehntelange Erfahrung mit dem Anbau von Biokartoffeln. „Der Kartoffelanbau im Biosektor ist die Königsdisziplin der Öko-Landwirtschaft“, sagt der Landwirt. Biobauern könnten zwar mit einer guten Bestandsführung und regelmäßigen Kontrollen der Äcker einiges selbst beeinflussen.
„Aber die Biokartoffel ist eine Diva, und der Bioanbau sehr stark vom Wetter abhängig. Wenn uns das einen Strich durch die Rechnung macht, sind unsere Handlungsspielräume begrenzt“, meint von Bonin. In diesem Jahr sei das leider der Fall.