Dierstorf. Arpshof plant biologisch-dynamische Bildungseinrichtung im alten Hauptgebäudes, das mit alten Materialien wieder aufgebaut wird

Auf dem weitläufigen Hofgelände verteilen sich einige Wohnhäuser im Schwedenstil, ein Fachwerkhaus mit Hofladen und kleinem Café empfängt die Besucher an der Zufahrt, Obstbäume und Eichen säumen das Areal in Dierstorf bei Hollenstedt: Der beschaulich mitten im Dorf gelegene Arpshof hier gilt im Landkreis Harburg als Pionier der Bio-Landwirtschaft. Die Produkte nach dem strengen, „biologisch-dynamischen“ Demeter-Siegel wurden in dem als Hofgemeinschaft organisierten Betrieb schon in den 1980er Jahren im eigenen Laden oder auf Märkten direkt vermarktet. Keimzelle des Arpshofes ist das alte Hauptgebäude, dessen Balken zum Teil aus dem 16. Jahrhundert stammen. Ein Arp Meyer hatte den Hof seinerzeit bewirtschaftet, wie aus alten Urkunden noch heute hervorgeht.

In den vergangenen Monaten aber wurden Ziegel, Pfeiler, Ständer und alte Bodenfliesen nun vorsichtig abgetragen und andere Gebäudeteile abgerissen. In einer Kombination aus alt und neu wird das niedersächsische Zwei-Ständer-Bauernhaus gerade in der historischen Anmutung wieder aufgebaut.

Das Projekt ist ins Dorferneuerungsprogramm aufgenommen worden

Ein Projekt, das vom Amt für regionale Entwicklung in Lüneburg in das Dorferneuerung-Programm aufgenommen wurde und damit staatlich gefördert wird. Ende des Monats ist das Richtfest geplant, im Frühjahr 2023 soll der Bau bezugsfertig sein. Grund für den Wiederaufbau war die teils marode

Arpshof-Bau-Koordinator Uli Hochstadt im Materiallager: Hier stapeln sich alte Ziegel, Balken und auch Bodenfliesen aus dem Altbau und auch von zwei anderen abgetragenen Höfen aus der Region.
Arpshof-Bau-Koordinator Uli Hochstadt im Materiallager: Hier stapeln sich alte Ziegel, Balken und auch Bodenfliesen aus dem Altbau und auch von zwei anderen abgetragenen Höfen aus der Region. © AT | Axel Tiedemann

Bausubstanz.

Das Reetdach beispielsweise war zuletzt vor gut 75 Jahren gedeckt worden, und auch landwirtschaftlich war das Gebäude nicht mehr zu nutzten, sagt Uli Hochstadt, der für die Hofgemeinschaft die Bau-Koordination dieses ungewöhnlichen Vorhabens übernommen hat. Die neue Fassade wird später zu gut 90 Prozent aus alten Ziegeln und Hölzern bestehen, die nun fein säuberlich gestapelt und geputzt auf einer nahen Wiese lagern. Auch alte Ständer- und Trägerbalken werden wieder genutzt. Material von zwei weiteren älteren und abgetragenen Höfen aus der Region wird dabei ebenfalls verarbeitet. Dahinter aber bestehen die Wände aus einer modernen Holzrahmenkonstruktion samt Zellulose-Dämmung. „Das ist dann neuester energetischer Standard“, sagt Baukoordinator Uli Hochstadt. Und auch von der geplanten Fußbodenheizung dürften frühere Bewohner wohl nicht einmal geträumt haben.

Die Baukosten steigen ständig

Rund 1,6 Millionen Euro hatte der Arpshof für den Wiederaufbau zunächst kalkuliert, 600.000 Euro davon beträgt die Förderung, was dann letztlich den Ausschlag für den Baustart gegeben hatte. Doch dann passierte das, was gerade allen Bauherren passiert. Die Preise steigen ständig. „Da macht man jeden Tag dicke Backen“, sagt Hochstadt, der nun hofft, dass weitere Spender die gemeinnützige Trägergesellschaft des Arpshofs unterstützen. „Aufhören können wir jetzt ja nicht“, sagt er.

In dem langgestreckten Gebäude werden nun mehrere Wohnungen und Büroräume gebaut. Zudem wird dort eine große Küche entstehen, in der nicht nur wie bisher zentral gekocht wird, sondern Produkte des Hofes auch weiterverarbeitet werden könnten: Marmelade, Saft oder auch Holzofenbrot – vieles wird beim

Das Wiederaufbauprojekt kurz vor dem Richtfest
Das Wiederaufbauprojekt kurz vor dem Richtfest © AT | Axel Tiedemann

Arpshof jetzt schon selbst produziert.

Neues Kernstück aber wird dort eine biologisch-dynamische Bildungseinrichtung als neuer Betriebszweig des Arpshofes werden. Seminarräume und auch 20 Betten für Übernachtungen von Kursteilnehmern sind in dem neuen, alten Haupthaus dafür vorgesehen. Die Ausbildung soll sich zu einem an Praktiker und Erzeuger von Bioprodukten richten. Aber es soll auch ein anderer Trend aufgegriffen werden: Längst sind Gemüse, Obst, Brot und Fleisch so wie in den Anfangsjahren des Arpshofes nicht mehr ein alternatives Nischenprodukt. „Die Discounter schreien heute nach Demeter-Ware“, sagt Hochstadt.

Bio-Schulungen für Discounter-Mitarbeiter geplant

Damit die Leute aber wissen, was sie da verkaufen, sei auch für das Verkaufspersonal solcher Geschäfte eine Schulung nützlich, glaubt Hochstadt, der selbst in den 80er Jahren schon auf den Arpshof gekommen war, um hier nach dem Abitur eine landwirtschaftliche Lehre zu beginnen. Damals gehörte der Dierstorfer Hof noch Helmut Werner, der später einer der ersten grünen Bundestagsabgeordneten wurde. Werner hatte seinen Betrieb bereits Ende der 70er Jahre teils auf Bio umgestellt. Anfang der 80er wurde er krank, wollte sich zudem mehr auf die Politik konzentrieren und verpachtete den Hof an eine Gruppe jüngerer Leute, die den damals noch ungewöhnlichen Bio-Anbau als eine Art Kommune und mit gemeinschaftlicher Kasse betrieben. Kern war das Hauptgebäude, geschlafen wurde teils in einer Blockhütte und einem Bauwagen. Oder unmittelbar Wand an Wand neben dem Stall, der seit Jahrhunderten schon ebenfalls im großen Bauernhaus untergebracht war. „Man konnte da die Kühe nachts hören “, erinnert sich Hochstadt an diese wohl bewegten Zeiten. „Das war ein Kommen und Gehen, die Details müsste man bei einer Flasche Wein erzählen“, sagt er.

In den 1980er Jahren wurde der Hof als eine Art Kommune betrieben

In den 90er Jahren wollte dann die Familie Werner den Hof verkaufen, Hofgemeinschaft, Freunde und Umfeld gründeten daher die gemeinnützige Trägergesellschaft, die Land und Gebäude an die Gemeinschaft verpachtete, um mit der Pacht schließlich den Kaufkredit zu tilgen. „Da hatten wir noch alle in eine gemeinsame Kasse gewirtschaftet“, sagt Hochstadt, der damals längst Landwirtschaftsmeister geworden war. 2007 gab es dann wieder eine Änderung, hin zu mehr Unternehmertum: Seitdem arbeiten die sechs Betriebe der Hofgemeinschaft wie Gärtnerei, Landwirtschaft, Holzofen-Bäckerei, Hofladen, Marktbeschicker und Lieferservice zwar partnerschaftlich, aber wirtschaftlich eigenständig.

Als weiterer Betriebszweig kommt nun mit dem Wiederaufbau ein Seminarbereich hinzu. Und auch hier ist trotz aller alternativen Wurzeln des Arpshofs gesundes Unternehmertum gefragt: Das neue Hauptgebäude, sagt Bau-Koordinator Hochstadt, das müsse sich auf jeden Fall am besten selbst finanzieren.