Curslack/Barsbüttel. Landwirte in und um Hamburg kommen nicht auf ihre aufgeweichten Flächen. Das hat nicht nur für das beliebte Edelgemüse Folgen.
Zu Ostern den ersten heimischen Spargel essen? Viele Menschen in und um Hamburg freuen sich darauf – und dürften enttäuscht werden. Das liegt nicht nur daran, dass das Osterfest dieses Jahr sehr früh liegt (29. März bis 1. April). Der viele Regen der vergangenen Monate bremst die Landwirte aus und beschert ihnen große Probleme. Der frühzeitige Spargelanstich fällt buchstäblich ins Wasser.
Felder und Äcker gleichen teilweise einer Seenlandschaft. Die Böden sind aufgeweicht, die Bauern kommen mit ihren schweren Fahrzeugen nicht auf ihre Flächen. Dabei sei die Vegetation längst so weit und benötige Gülle, Mist und Mineraldünger, berichtet Martin Lüdeke, Landwirt aus Curslack und Hamburgs Bauernpräsident.
Spargel bereitet Bauern Sorge – fällt die Ernte ins Wasser?
In der Marsch hätten die Landwirte schon vor drei Wochen mit dem Düngen begonnen, wenn denn die Böden trockener gewesen wären. „Die Natur ist in diesem Jahr früh dran“, sagt Lüdeke. „Die Pflanzen brauchen die Nährstoffe. Je länger wir warten, desto weiter fortgeschritten ist die Vegetation. Düngen wir zu spät, dann leiden die Pflanzen, und wir Landwirte haben vermutlich einen schlechteren Ertrag.“
Auch Bastian Soltau verfolgt die Wettervorhersage mit einer gewissen Anspannung: Der 45-Jährige betreibt mit seiner Frau Anna (39) den Hof Soltau in Barsbüttel und baut auf 17 Hektar Spargel an. Seine Felder und Äcker sind derzeit nicht befahrbar. „Eigentlich wollen wir Anfang April den ersten Spargel aus dem Boden holen“, sagt der Agraringenieur. Die bis zum 24. Juni dauernde Spargelzeit möchte er voll ausnutzen.
Spargelernte: Landwirte benötigen dringend eine längere trockne Phase
„Doch überall ist viel zu viel Wasser. Der Boden ist gesättigt. Das Wasser versickert nur sehr langsam, weil auch die tieferen Bodenschichten nass sind. Die Äcker können deshalb nicht trocknen“, sagt der Spargelbauer und fügt hinzu: „Wir brauchen dringend eine längere trockene Phase.“ Sollte es Anfang März immer noch viel regnen, werde sich die Ernte verschieben.
Sobald der Boden getrocknet ist, soll mit dessen Bearbeitung begonnen werden: Das Lockern der Reihen, Fräsen und Formen der Dämme und das Auslegen der Folien, die den Spargel wahlweise erwärmen oder kühlen – „je nach dem gewünschten Erntebeginn“, sagt Soltau. Daran ist bislang allerdings noch nicht zu denken.
Bastian Soltau aus Barsbüttel vermarktet seine Spargel direkt
Der seit mehreren Generationen existierende Familienbetrieb baut seit etwa 40 Jahren Spargel an, auch Raps, Weizen und Gerste, ebenso Erdbeeren, Blaubeeren und Himbeeren. Der hofeigene Laden (Meienfelde 2) in Barsbüttel „macht mit der ersten geernteten Spargelstange auf und schließt Ende August mit der letzten gepflückten Blaubeere“, sagt Soltau.
Den Spargel vermarktet er direkt – über den Hofladen und über Verkaufsstände in der Umgebung. „Außerdem haben wir 15 Restaurants in der Region als Kunden. Sie bekommen von uns frischen, geschälten Spargel.“ In einigen lokalen Vollsortimentern sei der Spargel aus Barsbüttel ebenfalls zu finden.
Bauernpräsident berichtet von Problemen seit Oktober
Auch Bastian Soltau müsste seine Flächen dringend düngen und kann es nicht. Vielerorts führt das zu Folgeproblemen, wie Bauernpräsident Martin Lüdeke weiß: „Die Bauern haben kaum noch Lagerkapazitäten frei. Bereits im Herbst war es aufgrund des vielen Regens schwierig, Mist und Gülle auszubringen. Seit Oktober ist es kontinuierlich nass“, sagt er. Im Dezember und Januar verbietet eine gesetzliche Sperrfrist das Düngen. Im Februar gab es ebenfalls überdurchschnittlich viel Regen.
Dadurch sei man nun drei Wochen in Verzug, „plus ein Monat im Herbst, in dem es zu nass war“. Seit Oktober habe es durchschnittlich etwa ein Drittel mehr Niederschlag gegeben als in den Vergleichszeiträumen der vergangenen Jahre, berichtet der Bauernpräsident. „Normal sind 750 bis 800 Liter Regenwasser pro Quadratmeter pro Jahr. In den vergangenen fünf Monaten waren es hochgerechnet aber rund 250 Liter mehr.“
Die Misthaufen sind riesig und die Gülletanks randvoll
Die Folge: Die Misthaufen auf den Höfen sind riesig, und die meist oberirdischen Gülletanks sind oftmals randvoll. Häufig horten die Landwirte auf ihren Höfen Hunderte Kubikmeter an Dünger, weiß Lüdeke. „Einige Bauern nutzen inzwischen auch Tanks von ihren Berufskollegen, weil sie bei sich keinen Platz mehr haben.“
Der Klimawandel führe für die Landwirtschaft zu spürbaren Veränderungen, betont Hamburgs Bauernpräsident, „aber hierzulande beschert uns der Anstieg der Temperaturen keine Probleme, noch nicht.“ Eher im Gegenteil: „Im Alten Land werden inzwischen auch Aprikosen angebaut, weil die Temperaturen es zulassen.“ Weiter südlich sehe es anders aus, mache der Klimawandel den Landwirten längst das Leben schwer, sagt der Curslacker: „Die haben dort, etwa in Spanien, in dieser Jahreszeit 20, 25 Grad – und kaum Niederschlag. Das ist natürlich ein großes Problem.“
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Beim Ernten steht für die Landwirte in den Vier- und Marschlanden der erste Grünlandschnitt an Platz eins. Winterweizen und Raps werden erst ab Juli und August geerntet und ab September und Oktober neu ausgesät. Für die Ernte sieht Lüdeke noch keine Probleme: „Die frostigen Temperaturen Ende November/Anfang Dezember waren für die Winterruhe ausreichend. Sie muss nicht monatelang dauern. Einige Tage Minusgrade sind ausreichend.“ Es komme lediglich darauf an, dass die Pflanzen „einmal auf null herunterfahren und ihr Wachstum einstellen“.