Hamburg. Größere Produktvielfalt, moderne Strukturen: Wie Alina und Sönke Sannmann den geerbten Betrieb in die Zukunft führen wollen.

Die Biogärtnerei Sannmann wird nun von einer Doppelspitze geführt: Die Geschwister Alina (29) und Sönke Sannmann (32) sind die neuen Betreiber. Nach dem Tod ihres Vaters im Juli 2020 stehen sie als Gesellschafter an der Spitze des Unternehmens mit Sitz am Ochsenwerder Norderdeich 50, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Kinder von Thomas Sannmann wollen die 40 Mitarbeiter starke Demeter-Gärtnerei für die Zukunft fit machen.

Nach der Höfe-Ordnung hat Alina Sannmann, Ökotrophologin und seit Kurzem gelernte Gärtnerin, aufgrund ihrer beruflichen Kenntnisse Haus und Hof vererbt bekommen, aber beide Kinder sind gleichberechtigte Gesellschafter. Bis zum 1. Januar 2022 sei das Unternehmen als Erbengemeinschaft weitergeführt worden, damals „unter unklarer weiterer Ausrichtung“, sagt Sönke Sannmann.

Geschwister führen die Gärtnerei Sannmann in Ochsenwerder

Der 32-Jährige studierte Elektrotechnik und arbeitete als Ingenieur, aber auch als Erzieher. In den väterlichen Betrieb habe er damals „reingeschnuppert und als Erntehelfer mitgearbeitet“. Dies komme ihm nun zugute: „Ich kann den Mitarbeitern ja schlecht sagen, was sie zu tun haben, wenn ich selbst keine Ahnung habe“, sagt er. Dabei seien Anweisungen sowieso die Ausnahme, berichten die Geschwister: „Wir entscheiden vieles im Team“, sagt Sönke Sannmann.

So würden jeden Morgen gemeinsam mit den Abteilungsleitern alle relevanten Themen besprochen, hinzu komme eine weitere, wöchentliche Runde, berichten die Geschwister. Der Tagesablauf werde umrissen, Probleme angesprochen. Außerdem dürfe „auch mal gelobt werden“, sagt Sönke Sannmann und schmunzelt. Gutes Personalmanagement sei wichtig, betonen die Geschwister. Dies hätten sie glücklicherweise an der Uni gelernt. „Gute Kommunikation muss sich grundsätzlich auf Augenhöhe bewegen“, weiß Alina Sannmann.

Mehr Gestaltungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter schaffen

Den Mitarbeitern wollen die neuen Chefs mehr Gestaltungsmöglichkeiten bieten: „Sie sollen ihre eigenen Ideen und Fähigkeiten einbringen“, sagt Sönke Sannmann und fügt hinzu: „Wir haben das Chef-Mitarbeiter-Verhältnis neu definiert.“ Dabei sei die Leitung der großen Gärtnerei am Ochsenwerder Norderdeich 50, die sie in Vollzeit betreiben, für die Geschwister „ein Sprung ins kalte Wasser“ gewesen, sagt Alina Sannmann.

Grundsätzlich sollten Alleingänge vermieden werden, müsse „alles durchs Team durchlaufen“, betont Sönke Sannmann. Doch der Betriebsleiter sei „kein König, sondern ein Dienstleister für die Mitarbeiter – damit diese optimal arbeiten können“. Einigen Mitarbeitern falle es schwer, sich an den neuen Führungsstil zu gewöhnen und proaktiv zu agieren, weil sie laut Sönke Sannmann „lange Zeit andere Strukturen“ hatten.

Sönke Sannmann kümmert sich um administrative Aufgaben, ist im Büro mit Buchhaltung, Marketing, Vertrieb, Verkauf und Rechnungswesen beschäftigt, hält Kontakt zu den Kunden. Vieles werde delegiert: „Die Mitarbeiter können das alles auch ohne uns, aber wir sind halt die Leitung, bei uns laufen alle Fäden zusammen“, sagt der 32-Jährige.

Neue Gemüsesorten zur Erweiterung des Sortiments

Seine Schwester ist die Frau für das Praktische, beschäftigt sich mit den gärtnerischen Anforderungen und arbeitet innovativ: „Ich beschäftige mich etwa mit neuen Gemüsesorten, die man anbauen könnte, um unser Sortiment zu erweitern“, sagt sie.

Wichtig seien etwa Alleinstellungsmerkmale, die die Gärtnerei von Mitbewerben unterscheiden. So wurden – „in enger Zusammenarbeit mit den Gärtnermeistern“, wie die 29-Jährige betont – beispielsweise erstmals mehrfarbige Radieschen, bunter Mangold und neue Tomatensorten angebaut, geerntet und testweise an Marktfahrer verkauft. Neue Farben und Formen seien gefragt.

Thomas Sannmann hatte die Gärtnerei 1983 von seinem Vater, Willy Sannmann (88), übernommen und zwei Jahre später auf Bio umgestellt. „Den Landwirtschaftsbetrieb gibt es schon seit zehn Generationen. Früher gab es hier auch Viehhaltung und ging es darum, die Familie versorgen zu können“, sagt Sönke Sannmann. „Unser Großvater war der erste, der ausschließlich Gemüse anbaute und es vermarktete“, fügt seine Schwester hinzu.

Alina und Sönke Sannmann haben zwei weitere Geschwister: Die ältere Schwester (37) ist Tierärztin und kümmert sich auch um die Kühe der Gärtnerei. Der ältere Bruder (39) arbeitet als Manager in einer großen Firma. „Auch er steht uns mit Rat und Tat zur Seite“, sagt Alina Sannmann. Alle vier Geschwister seien auf dem großen Grundstück aufgewachsen und mit der Gärtnerei eng verbunden.

Mutter Monika Sannmann kümmert sich um das Gemüse-Abo

Ihre Mutter, Monika Sannmann (61), kümmert sich um die Abo-Kisten. Sie ist Geschäftsführerin des eigenständigen Unternehmens Sannmann Gemüse-Abo mit Sitz an der Ochsenwerder Landstraße 153. Ein Teil des Gemüses, das an Abonnenten verkauft wird, stammt aus der Gärtnerei Sannmann, aber nicht alles.

Den Anteil wollen Alina und Sönke Sannmann erhöhen: „Wir wollen hin zu mehr direkten Kundenkontakten und mehr Kunden langfristig binden“, sagt der 32-Jährige. Neben mehr verschiedenen Sannmann-Gemüsesorten in den Abo-Kisten soll dies auch durch „mehr Feste“ (Alina Sannmann) und eine ansprechendere Website geschehen. Sönke Sannmann möchte zudem verstärkt Führungen durch die Gärtnerei anbieten, „auch für Kinder, gern irgendwann wöchentlich“.

Die Gemüsevielfalt soll also für die Abo-Kisten gesteigert werden. Dadurch werde auch die Fruchtfolge verbessert, könne noch nachhaltiger gewirtschaftet werden. „Außerdem macht Arbeit in einem bunten Garten mehr Spaß als ständig das gleiche Gemüse zu ernten“, sagt die 29-Jährige. Derzeit würden übers Jahr rund 40 Sorten Gemüse und Kräuter produziert. Die Gärtnerei beliefert auch Markt- und Großhändler sowie Gastronomen.