Buchholz. Wann braucht es ein neues Gelenk in Hüfte oder Knie? Orthopädie-Professor Christian Flamme zur meistgestellten Frage seiner Patienten.

Wann ist der beste Moment für eine Hüft- oder Knie-OP? Wenn die ersten Wehwehchen beginnen oder sprichwörtlich gar nichts mehr geht? Denn das ist bei Betroffenen oft der Fall. Alles, was einem früher leicht gefallen ist, wird jetzt zur Tortur: Aufstehen, die Schuhe anziehen, schnell mal zum Bäcker gehen.

Noch immer gibt es Ärzte, die davor warnen, sich zu schnell operieren zu lassen. Ist diese Skepsis berechtigt? Und gibt es einen idealen Zeitpunkt für die Operation? Wir haben nachgefragt: Bei Professor Dr. Christian Heinrich Flamme, Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie im Krankenhaus Buchholz.

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Professor Dr. Christian Heinrich Flamme ist Spezialist auf dem Gebiet des Gelenkersatzes für Hüfte und Knie im Krankenkhaus Buchholz. © HA | nanette franke

Krankenhaus Buchholz: „Fast Track“-Konzept bringt Patienten schnell zurück auf die Beine

Ist es wirklich immer klug, sich lange herumzuplagen und die Operation möglichst lange hinauszuzögern? Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht, erklärt Professor Flamme. In der Gelenksprechstunde des Krankenhauses Buchholz schauen er und seine Kollegen sich jeden Patienten ganz genau an.

Bevor er einen Blick auf mitgebrachte Aufnahmen wirft, befragt Flamme die Patienten eingehend. Das entscheidende Kriterium: Wie weit kann der Patient noch schmerzfrei gehen? Sind es unter 500 Meter, spricht das für einen Gelenkersatz. Die wichtigsten Infos zur Gelenksprechstunde können Sie hier in Kurzform nachlesen.

„Aufschieben, bis im wörtlichen Sinne gar nichts mehr geht, ist nie die beste Lösung. “

Prof. Dr. Christian Heinrich Flamme
Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie im Krankenhaus Buchholz

Ein weiterer Indikator dafür, dass das Gelenk stark gelitten hat, sind beim Knie die eingeschränkte Beuge- und Streckfähigkeit und bei der Hüfte Schwierigkeiten, das Bein nach außen und vor allem nach innen zu drehen.

Das Hüftgelenk lässt sich anhand einer Röntgenaufnahme beurteilen

Die Lebensqualität des Patienten und die Frage, wie stark er sich im Alltag beeinträchtigt fühlt, sind weitere wichtige Kriterien. Zum Gespräch in der Gelenksprechstunde gehört auch die Frage danach, was der Patient bisher gegen seine Beschwerden unternommen hat: Krankengymnastik, Spritzen, Schmerztabletten?

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Röntgenbilder liefern zusätzliche Hinweise. Das Kugelgelenk Hüfte lässt sich anhand einer einfachen Aufnahme beurteilen. Beim Kniegelenk, das einen komplizierten Roll-Gleitmechanismus aufweist, betreibt die Orthopädie einen größeren Aufwand.

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So schnell wie möglich nach der OP wieder auf die Beine kommen: Das empfiehlt Professor Dr. Flamme seinen Patienten. © HA | nanette franke

Oft zeigt sich dabei, dass Achsfehlstellungen – das O-Bein oder das X-Bein – dem Knorpelabrieb Vorschub geleistet haben. Auch vorausgegangene Unfälle oder Rheuma können den Gelenkverfall begünstigen.

Da das Kniegelenk weniger durch Knochenstrukturen als vielmehr durch Bänder und Sehnen geführt und stabilisiert wird, führen Verletzungen wie etwa der Kreuzbänder leicht zu erhöhter Knorpelabnutzung. Ebenso sind Übergewicht und Leistungssport häufig mit Knieproblemen verbunden.

Noch am Tag des Eingriffs wird der Patient wieder aus dem Bett geholt

Zur schnellen Genesung trägt ein Konzept bei, das „Fast Track“ heißt und im Krankenhaus Buchholz konsequent umgesetzt wird. Schon vor der Krankenhausaufnahme lernt der Patient, wie er sich mit Unterarmgehstützen fortbewegt. Vor der Operation, die möglichst mit Rückenmarkbetäubung durchgeführt wird, erhält er Medikamente, die Übelkeit und Schmerzen reduzieren.

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Das motiviert: Begleitet von Professor Flamme und einer Physiotherapeutin wagt diese Patientin erste Schritte auf dem Krankenhausflur im Krankenhaus Buchholz. © HA | nanette franke

Noch am Tag des Eingriffs – nach einer hochkalorischen Mahlzeit – wird der Patient wieder aus dem Bett geholt und macht erste Schritte. Bewegungsschienen, Sitzfahrräder und andere Trainingsgeräte stehen jederzeit bereit.

Auch am Wochenende läuft das krankenhausinterne Reha-Programm

Ab dem dritten oder vierten Tag geht es in das hauseigene Bewegungsbad zur Wassergymnastik. Auch am Wochenende läuft das krankenhausinterne Reha-Programm, selbst noch am Entlassungstag. Und schon nach dem fünften Tag kommt der Patient direkt in eine stationäre Rehaeinrichtung. Patienten aus dem Landkreis können in der Waldklinik Jesteburg auch eine ambulante Reha antreten.

Kehrt der Patient nach drei Wochen Reha wieder nach Hause zurück, kann er normalerweise ohne Stützen im Garten umhergehen, auf dem Ergometer Fahrradfahren und Treppen steigen.

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Die verlorene Muskulatur wird durch Physiotherapie wieder aufgebaut

Für zwei bis drei Monate bekommt er weiterhin Physiotherapie, um verlorene Muskulatur wieder aufzubauen und das gute Behandlungsergebnis zu sichern.

Danach ist in der Regel die volle Beweglichkeit und Belastbarkeit wieder hergestellt. Auch gelenkschonende Sportarten wie Joggen auf weichem Boden, Walking, Schwimmen und für geübte Sportler sogar Skifahren sind dann wieder drin.

Mehr zu Kliniken im Hamburger Süden

Aufschieben, bis im wörtlichen Sinne gar nichts mehr geht, ist nach Worten von Professor Flamme nie die beste Lösung. Vielmehr regt der Spezialist an, die Gelenkbeschwerden genau im Blick zu behalten und alle zwei Jahre ein neues Röntgenbild anfertigen zu lassen, „damit man frühzeitig Schäden erkennen kann, die der Körper noch gar nicht gemeldet hat“.

Das Abendblatt stellt in einer Serie Kliniken und Spezialzentren im Hamburger Süden vor. Die müssen den Vergleich mit den Krankenhäusern der Hansestadt nicht scheuen – im Gegenteil. Wir erklären, welche Behandlungen im Landkreis Harburg lohnen, welche Spezialisten hier arbeiten und welche Besonderheiten es gibt.