Der Ernährungs-Doc erklärt, warum Zucker auch für den Bewegungsapparat schädlich ist und wie der Gang zum Orthopäden vermieden wird.

  • Bei Beschwerden in den Gelenken suchen viele Menschen einen Orthopäden auf
  • Dabei sind Gelenkkrankheiten nicht immer ein mechanisches Problem, sagt Dr. Riedl
  • Der Ernährungs-Doc erklärt, wie Gelenkproblemen mit gesunder Ernährung vorgebeugt werden kann

Hamburg. Probleme mit den Gelenken sind üblicherweise ein Fall für den Orthopäden. Der Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl hält diesen Weg für zu einfach: „Alle gehen mit ihren erkrankten Gelenken zum Orthopäden, die Ernährungsmedizin wird dabei komplett vernachlässigt. Auf den ersten Blick denkt man gelenkkrank, das ist irgendwie ein mechanisches Problem. Nein, das ist es eben nicht. Jedenfalls nicht nur“, sagt er im Podcast „Dr. Matthias Riedl: So geht gesunde Ernährung“. „Gelenke können mit der Zeit verschleißen, das wird uns mehr oder weniger irgendwie alle betreffen. Aber die Frage ist, wie reagiert der Körper auf diese beschädigten Gelenke?“

Der Körper reagiere darauf mit der Aktivierung des Immunsystems, sagt der aus dem Fernsehen bekannte Ernährungs-Doc. „Er erhöht die Durchblutung in dem Bereich, es werden dort Entzündungsbotenstoffe hingeschickt, es schwillt an, es tut weh. Und dann haben wir nicht nur die Beschädigung, sondern auch noch die Reaktion des Körpers darauf. Und das macht dann richtig Beschwerden.“

Bei einer hohen Entzündungsbereitschaft des Körpers seien es häufig eher diese Schwellungen, die Beschwerden verursachen. „Und wenn wir diese Schwellungen in den Griff bekommen, dann nehmen die Schmerzen auch ab.“

Ernährungs-Doc: Gesunde Gelenke haben mit Ernährung zu tun

Zu häufig würden Orthopäden schnell ein neues Gelenk einsetzen. Dabei könne man auch konservativ herangehen, also mit Krankengymnastik, Osteopathie und Ernährungsmedizin, sagt der Ernährungsmediziner, Internist und Diabetologe.

Wer Gelenkprobleme hat, sollte immer über seine Ernährung nachdenken. Er sei keineswegs größenwahnsinnig, beteuert Riedl, aber Ernährungsmedizin sei ein fächerübergreifendes Fach. Ein Faktor, eine Arthrose zu entwickeln, sei beispielsweise eine rheumatische Erkrankung. „Dabei attackiert der Körper seine eigenen Gelenke, diese werden entzündet – und mit der Zeit gehen diese Gelenke kaputt.“ Die aggressivste rheumatische Erkrankung sei die Schuppenflechte. Sie könne eine so aggressive Entzündung der Gelenke verursachen, dass diese innerhalb von zwei Jah ren zerstört werden. „Da ist wirklich Eile geboten.“

Ernährungsmediziner: Viele Profisportler bekommen Arthrose

Aber auch Verletzungen durch Fußball, Sport oder Überlastung durch Gewicht seien möglich. So hätten viele Profisportler durch Verletzungen und Überlastung am Ende ihres Lebens Arthrose. „Jeder Vierte über 50 hat eine Osteoporose, und das kann eine Ursache für Gelenkveränderungen und am Ende Gelenkbeschwerden sein“, sagt der Experte.

Medizin habe die Neigung, alles aus einem mechanischen Blickwinkel zu sehen. „Wir haben zum Beispiel eine Herzkranzgefäßverengung. Da machen wir ein Rohr drüber oder putzen das Rohr. Haben wir ein beschädigtes Gelenk, kommt ein neues rein.“ Bei einem Auto sei mit einem neuen Austauschmotor wieder alles gut, aber beim Menschen sei dann Fremdmaterial im Körper. „Das hält nicht ewig und kann Komplikationen mit sich bringen“, sagt der Ärztliche Leiter des Medicums Hamburg, dem Facharztzentrum für Diabetologie, Ernährungsmedizin und angrenzende Fachgebiete.

Ernährungsmedizin kann bei beschädigten Gelenken helfen

Es gehe deshalb darum, das eigene Gelenk so lange wie möglich zu erhalten. „Man kann mit Ernährungsmedizin die Entzündungsreaktion an diesem beschädigten Gelenk drastisch reduzieren“, etwa durch eine Abnahme des Gewichts oder eine antientzündliche Ernährung.

Süßes fördere Entzündungen. „Zucker ist ein Entzündungsförderer überhaupt“, sagt Dr. Riedl. Antientzündliche Ernährung bedeute deshalb, mehr Dinge zu essen, die entzündungslindernd wirken: „Das sind zum Beispiel Omega-3-Fette, allen voran zum Beispiel Algenöle, Fischöle. Auch Olivenöl, Rapsöl, Leinöl, Nussöle gehören zu den gesunden Ölen. Weniger gut sind Sonnenblumenöl und natürlich Palmfett. Das ist auf der Skala ,ganz, ganz schlecht‘“. Palmfette seien in vielen veganen Produkten enthalten.

Bauchfett ist besonders kritisch – wie man es wegbekommt

Besonders problematisch ist laut Riedl das Bauchfett. „Es fördert die Entzündung ganz enorm, das heißt, das Bauchfett muss weg.“ Dafür müsse man weniger Zucker, weniger Weizenprodukte und auch weniger Alkohol konsumieren.

Der Ernährungsmediziner sagt: „Wir müssen also die entzündungsfördernden tierischen Fette reduzieren und die Omega-3-Fette sowie entzündungslindernde Lebensmittel erhöhen. Die kommen allesamt aus dem Pflanzenreich – bis auf das Fischöl.“ Er empfiehlt Gewürze wie Ingwer, Kurkuma und Koriander, aber auch Lauchgewächse, Sauerkirschen, grünen Tee und Kohl. „Das sind alles Pflanzen, die durch ihre sekundären Pflanzenstoffe entzündungslindernd wirken. Die Ballaststoffe wirken positiv auf die Darmflora, und die Darmbakterien helfen bei der Entzündungslinderung.“

Was Ernährung und Bewegung mit gesunden Gelenken zu tun haben

Damit würden auch Verletzungen schneller heilen. „Wir sehen, dass Profisportler weniger Muskelkater bekommen, dass Muskelverletzungen schneller heilen. Bei Menschen, die schon unter Entzündungen leiden, also bei rheumatischen Erkrankungen beispielsweise, reduzieren sich die Beschwerden und die Krankheit teilweise so stark, dass Medikamente reduziert oder abgesetzt werden können.“

Wer seine schmerzenden Gelenke schont, handelt seinen Angaben zufolge kontraproduktiv. „Ein beschädigtes, krankes Gelenk muss bewegt werden. Wir haben das Gelenk mit seiner Gelenkschmiere drum herum, und dort sitzt die Kapsel. Dieser hochempfindliche Knorpel wird durch die Gelenkflüssigkeit versorgt, dafür muss diese überall hinkommen. Ein Gelenk muss bewegt werden, sogar wenn es beschädigt ist. Auch wenn es wehtut.“

Dafür müsse man dann unter Umständen zur Krankengymnastik. „Manchmal tut gar nicht mehr das Gelenk weh, sondern durch die Schonhaltung verkürzen sich Muskeln und Bänder. Deshalb gehört für jede Arthrosetherapie angeleitetes Dehnen dazu.“