Winsen. Für Rückenschmerzen gibt es etliche Ursachen. Was Neurochirurg Frank Raimund seinen Patienten rät – und warum Abwarten oft die beste Lösung ist.

Es ist eine oft geäußerte Warnung – fast jeder, der unter Rückenschmerzen gelitten hat, dürfte ihn schon einmal gehört haben: Lass dich bloß nicht operieren! Da wollen die Ärzte nur dran verdienen.

Eine Darstellung, der Dr. Frank Raimund – Neurochirurg im Krankenhaus Winsen – entschieden widerspricht. Bis der erfahrene Wirbelsäulenspezialist selbst zur Tat schreitet und mithilfe eines speziellen Mikroskops in millimetergenauen Arbeitsschritten Defekte an der Wirbelsäule zu beheben, muss schon einiges vorliegen.

Rückenschmerzen: In 80 Prozent der Fälle sind die Probleme muskulär bedingt

Jedes Jahr, so Dr. Raimund, klagen bis zu fünf Prozent der Bevölkerung über plötzlich neu aufgetretene Rückenschmerzen. Der Rat des Experten: Abwarten. Und mit Medikamenten die Akutphase überbrücken, denn in 80 Prozent der Fälle sind Rückenprobleme muskulär bedingt.

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Falsche Belastung, langes Sitzen, schwere körperliche Arbeit, aber auch Stress und seelische Probleme können eine erhöhte Muskelanspannung und damit die Beschwerden auslösen. Die gute Nachricht: Das gibt sich von ganz allein, spätestens nach einigen Wochen.

Bandscheibenvorfall: Kleiner Teil der Patienten hat auch nach Monaten noch Schmerzen

Anders bei einem Bandscheibenvorfall. Hier kommt vor allem das Alter des Patienten ins Spiel. Denn: Die Bandscheiben, in jungen Jahren elastische Puffer zwischen den Wirbelkörpern, trocknen mit jedem Lebensjahrzehnt mehr aus. Die Höhe der Bandscheiben nimmt ab und der Raum für die Nervenwurzeln wird enger. Die Bänder, die wie Sicherheitsgurte die Wirbelsäule von außen stabilisiert haben, werden locker.

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Bewegung und frische Luft sind eine echte Wohltat für Lungen, Herz, Muskeln und Bandscheiben. © Julia Steinbrecht/KNA | Julia Steinbrecht

Spröde Bandscheiben bekommen Risse, wölben sich vor. Wenn der umgebende Knorpelring reißt, tritt der gel-artige Bandscheibenkern aus und kann dann gegen Nerven und Nervenwurzeln drücken. Zwar trocknet die Gelmasse mit der Zeit ein und zieht sich zurück, aber bis dahin tut es mitunter unerträglich weh.

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Bandscheibenvorfälle, die sich von allein komplett und vollständig zurückbilden, nach Raimunds Erfahrung selten. Allerdings können sich Nerven an die veränderte Situation gewöhnen und der Schmerz lässt nach. Dieser Prozess kann bis zu einem halben Jahr dauern. Ein kleiner Teil der Patienten wird auch dauerhaft nicht schmerzfrei. Dann kann eine Operation gedacht werden.    

Klinik-Check im Hamburger Süden

Doch nicht nur Wirbelkörper und Bandscheiben altern. Auch die Wirbelgelenke, die die Wirbelkörper verbinden, geraten aufgrund der geschrumpften Bandscheiben unter Druck. Um dieser gestiegenen Last gewachsen zu sein, bilden Wirbelgelenke vielfach knöcherne Anbauten.

Bandscheibenvorfall oder Osteoporose sind die häufigsten Problemfälle in Winsen

Wenn diese in den Wirbelkanal hineinragen, können sie die dort verlaufenden Nerven bedrängen. Spinalkanalstenose ist der Fachbegriff für dieses Phänomen. Zusammen mit Bandscheibenvorfällen und durch Osteoporose bedingte Wirbelbrüche sind Spinalkanalstenosen die häufigsten Problemfälle, bei denen Dr. Raimund eine Operation erwägt.

Das Abendblatt stellt in einer Serie Kliniken und Spezialzentren im Hamburger Süden vor. Die müssen den Vergleich mit den Krankenhäusern der Hansestadt nicht scheuen – wir erklären, welche Behandlungen im Landkreis Harburg für wen lohnen und welche Besonderheiten es gibt.