Dollern. Am Abend vor seiner Wiederberufung als Bundestrainer plaudert die HSV-Legende im Modehaus Mohr – und verrät ein weiteres Geheimnis.

  • Es war ein Abend mit überraschenden Gästen: Vergangenen Donnerstag waren die HSV-Legenden Horst Hrubesch und Manfred Kaltz zusammen mit Ex-Werder-Bremen-Profi Ailton im Kaufhaus Mohr.
  • Das Kaufhaus liegt vor den Toren Hamburgs und ist wegen seiner Lage auch als Wüsten-Karstadt bekannt.
  • Rund 300 Gäste waren erschienen und genossen in Dollern einen außergewöhnlichen Abend.

Horst Hrubesch und der Frauenfußball: Aufmerksame Zuhörer beim Fußball-Talk im Erlebniskaufhaus Mohr dürften es schon geahnt haben, dass die Fußball-Legende kurz nach seinem Besuch in Dollern wieder Bundestrainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft sein würde. Das ehemalige „Kopfballungeheuer“ sprach vor den rund 300 Gästen der Abendveranstaltung so engagiert und liebevoll über seine Zeit mit dem deutschen Damenteam – da lag es nahe, dass der 72-Jährige nicht nein sagen würde, wenn es darum geht, das DFB-Frauenteam in der wichtigen Phase der Olympia-Qualifikation zu übernehmen.

Bundestrainer Hrubesch: „Ich wäre der erste, der es wieder macht“

„Das ist eine faszinierende Mannschaft“, sagte Hrubesch vor der ausverkauften Kulisse im Foyer des Mode- und Einrichtungshauses am Rande des Alten Landes. „Die Frauen geben immer 100 Prozent“, sagte Hrubesch und empfahl allen Fußballtrainern, auch einmal ein weibliches Team zu übernehmen. „Das bringt viel Spaß. Ich wäre der erste, der es wieder macht“, sagte der Europa- und Vizeweltmeister in Dollern.

Hrubesch betonte, dass es ihm bereits 2018 eine Herzensangelegenheit gewesen sei, als er als Nachfolger von Steffi Jones den Posten schon einmal interimsmäßig übernommen und mit den deutschen Frauen die Quali für die WM 2019 geschafft hatte. Nach seinem Erfolgsrezept befragt, sagte Hrubesch: „Es ist immer das Gleiche: Du musst eine Überzeugung haben und die Mannschaft mitnehmen.“

Geheimnis gelüftet: Manni Kaltz steigt bei HSV-Fußballschule ein

Seine Tätigkeit beim HSV als Nachwuchsdirektor wird der 72-Jährige trotz des neuen Amtes beim DFB nicht aufgeben, denn auch die liegt ihm sehr am Herzen, wie er bei Fußball-Talk bei Mohr betonte. Dort saß Hrubesch in einer Runde mit seinem ehemaligen Flankenlieferanten Manfred Kaltz und Werder-Bremen-Idol Ailton und verriet noch ein kleines Geheimnis: „Wir wollen Manni in unserer HSV-Fußballschule einbinden, er soll bei uns die Fortbildung übernehmen.“

Denn eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit sei die gute Ausbildung der Trainer: „Spielern, die nur vorgefertigtes Training erleben, denen fehlt es an Ideen, wie man Fußball spielt“, sagte Hrubesch.

Auch der gebürtige Buchholzer Anton Stach absolvierte Fußballschule von Manfred Kaltz

Kaltz betreibt seit fast 20 Jahren eine eigene Fußball-Schule, aus der bereits Profis hervorgegangen sind, wie der Ex-Nationalspieler in Dollern verriet: „Unter anderem war der ehemalige Buchholzer Anton Stach bei mir, der jetzt für Mainz spielt“, sagte Kaltz. Der 72-Jährige, der zusammen mit Hrubesch Europameister, Vize-Weltmeister und mit dem HSV dreimal Deutscher Meister und Europapokalsieger wurde, engagiert sich außerdem in der Jugendarbeit beim VfL Bochum. Auf die Frage von Moderator Wolfgang Stephan, warum er das dort und nicht beim HSV mache, antwortete Kaltz: „Ich finde gut, dass in Bochum nur ehemalige Profis dabei sind.“

Manfred „Manni“ Kaltz zu Besuch beim HSV-Podcast des Hamburger Abendblatts.
Manfred „Manni“ Kaltz zu Besuch beim HSV-Podcast des Hamburger Abendblatts. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Der heutige Trend, Fußball zu einer Wissenschaft zu erklären, behage ihm nicht, sagte der ehemalige Außenverteidiger, der immer noch für seine „Bananenflanken“ berühmt ist: „Was sollen denn solche Begriffe wie Schienenspieler?“, fragte Kaltz in Anspielung auf die Außenspieler, die den Flügel oder die Außenbahn wie auf Schienen herauf- und herunterrennen. Der ehemalige Flankengott bevorzugt den beherzten, leidenschaftlichen Fußball. Er selbst trat den Ball in den Strafraum, auf dass dort ein Horst Hrubesch seinen Schädel in die Flugbahn hielt. Doch so einfach war das wohl nicht, wie Hrubesch beim Fußball-Talk scherzte: „Manni hat die Bälle da rein gekloppt, und ich musste sehen, wie ich da hinkomme.“

Fußball-Legenden spielen sich die Bälle zu wie in alten HSV-Zeiten

Die beiden Fußball-Legenden spielten sich beim Talk die Bälle zu wie in alten HSV-Zeiten. Dagegen blieb Ailton ein wenig blass. „Ich lasse den beiden Stars aber gern den Vortritt“, hatte er bereits vor Beginn der Veranstaltung gesagt. So hörte der ehemalige Fußball-Profi, der mit Werder Bremen 2004 Deutscher Meister, Pokalsieger und Torschützenkönig der Bundesliga wurde und zudem als erster Nichtdeutscher zum Fußballer des Jahres in Deutschland gewählt wurde, lieber den Anekdoten zu, die Kaltz und Hrubesch erzählten und von denen eine das Publikum besonders zum Lachen brachte: Der Besuch beim Papst und wie der Heilige Vater Deutschland zum EM-Titel verhalf. Hrubesch erzählte, wie vor dem Finale der Europameisterschaft 1980 in Italien zu einer Audienz beim Papst ging.

Horst Hrubesch (v.l.), Felix Magath, Manfred Kaltz (HSV), Europapokalsieger Hamburger SVAthen, 25.05.1983, Fussball, Europapokal der Landesmeister, Finale 1983, Hamburger SV - Juventus Turin 1:0Archivfoto zum 40. Jahrestag des Europacup-Sieges des
Horst Hrubesch (v.l.), Felix Magath, Manfred Kaltz (HSV), Europapokalsieger Hamburger SVAthen, 25.05.1983, Fussball, Europapokal der Landesmeister, Finale 1983, Hamburger SV - Juventus Turin 1:0Archivfoto zum 40. Jahrestag des Europacup-Sieges des © Witters/Presse Sports | Presse Sports

„Er hat die ganze Zeit mit geschlossenen Fingern in die Menge gewunken. Nur als der Papst in meine Richtung blickte, grüßte er mit zwei Fingern“, erinnerte sich Hrubesch. „Das hieß für mich, dass es im EM-Finale zwei Buden für uns gibt.“ Und tatsächlich: Mit der Papst-Power schoss Hrubesch die deutsche Mannschaft am 22. Juni 1980 zum 2:1-Titelgewinn gegen Belgien. „Der Papst war in Ordnung“, sagte Hrubesch in Dollern.

Horst Hrubesch: Zustimmung für Julian Nagelsmann und Thomas Müller

Natürlich fragte Moderator und Fußballexperte Wolfgang Stephan seine drei Gäste auch nach dem aktuellen Fußball-Geschehen. Zum Beispiel, ob Julian Nagelsmann der richtige Bundestrainer sei. Nagelsmann sei eine gute Alternative, sagte Hrubesch: „Aber letztlich liegt die Verantwortung bei den Spielern. Ich erwarte, dass die Nationalmannschaft in jedem Spiel 100 Prozent gibt. Die Leute zahlen viel Geld, um das Team zu sehen.“ Kaltz konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: „Heute wird gegen den Ball gespielt, ich habe mit dem Ball gespielt.“

Manni sei Weltklasse gewesen, bestätigte Hrubesch und nahm die jungen Spieler in Schutz: „Heute wird erwartet, dass der Abwehrspieler ständig mitgeht. Das Spiel ist schneller und athletischer geworden, es gibt kaum Zeit, mal durchzupusten.“ Die einzelnen Akteure im Nationalkaders hätten internationale Weltklasse, sagte Hrubesch. „Aber wir brauchen vor allem eine geschlossene Mannschaftsleistung.“ Sowohl Hrubesch als auch Kaltz befürworteten eine Rückkehr von Thomas Müller ins Nationalteam. „Das ist ein wertvoller Spieler, der sehr wichtig ist für die Mannschaft“, sagte Kaltz. „Auch wenn er nur wenig spielt.“

Sein aktueller Lieblingsspieler beim HSV? Kaltz zögert nicht lang

Während Ailton sich eher Sorgen um den Klassenerhalt für Werder Bremen macht, schauen Hrubesch und Kaltz naturbedingt vor allem auf den HSV in der Zweiten Liga. „Ich sehe den Aufstieg noch nicht ganz“, sagte Kaltz. „Aber der HSV und Werder sollten bald wieder in einer Liga zusammenspielen – und zwar in der Ersten.“

Im aktuellen Team sei Robert Glatzel sein Lieblingsspieler, so Kaltz. Hrubesch findet Tom Sanne aus der U21 toll. „Das ist so ein ähnlicher Typ wie Ailton. Klein und schnell und macht auch noch Kopfballtore. Er lacht immer und setzt sich gegen riesige Hünen durch. Er erinnert mich manchmal an Uwe Seeler.“ Hrubesch glaubt, dass der HSV-Mannschaft derzeit „ein Kopf“ fehle. „Es fehlt einer, der die Mannschaft mitnimmt. Das macht im Moment der Trainer“, sagte Hrubesch. Ein großes Plus seien die HSV-Fans, so die beiden ehemaligen Rothosen. „Die sind einfach geil, die Atmosphäre im Stadion ist unglaublich“, sagte Hrubesch. „Das ist Gänsehaut pur.“