Hamburg. Der 71-jährige HSV-Nachwuchsdirektor muss häufiger Auszeiten nehmen. Ans Aufhören denkt der frühere Topstürmer aber nicht.
In den kommenden Wochen plant Horst Hrubesch die zweite Auflage. Der Nachwuchsdirektor des HSV will wieder dabei sein, wenn sein neu geschaffenes Reserve-Team das zweite Spiel bestreitet. Die Mannschaft aus den besten Talenten der U17, U19 und U21 hatte vor zweieinhalb Wochen vor den Augen aller Nachwuchstrainer des HSV erstmals zusammengespielt.
Auch Tim Walter, Cheftrainer der Profimannschaft, schaute sich das Spiel gegen den Eimsbütteler TV an und lud den auffälligen U-19-Stürmer Tom Sanne (18) nur einen Tag später zur ersten Mannschaft ein. Ein Verdienst auch von Hrubesch, der mit solchen Ideen immer wieder versucht, Profis und Nachwuchsteams stärker zu verbinden.
HSV: Hrubesch muss Führungsaufgaben weitergeben
Mit seinen 71 Jahren hat Hrubesch die Motivation für seinen Job noch immer nicht verloren. Trotzdem muss auch der frühere Nationalstürmer einsehen, dass ihm die täglichen Anforderungen als Nachwuchsdirektor zu schaffen machen. Während Hrubesch an den Wochenenden noch immer regelmäßig auf den Plätzen der Jugend- oder Frauenmannschaften unterwegs ist, kann er auch aus gesundheitlichen Gründen unter der Woche nicht mehr allen Aufgaben nachkommen, die der Vollzeitjob zeitlich und inhaltlich mit sich bringt.
Wie das Abendblatt erfuhr, hat Hrubesch daher beschlossen, die Führungsaufgaben in der Alexander-Otto-Akademie auf breitere Schultern zu legen. So übernehmen mit dem administrativen Leiter des NLZ, Sven Marr (56), sowie Nachwuchschefscout Benjamin Scherner (36) zwei langjährige HSV-Mitarbeiter weitere Führungsaufgaben, die sie ohnehin schon ausführen. Zudem bringt auch U-21-Trainer Pit Reimers noch mehr Verantwortung in der täglichen Arbeit ein.
Seit Frühjahr 2022 kein Nachfolger für Harms
Nötig geworden sind diese Schritte wegen der noch immer vakanten Stelle des sportlichen Leiters. Im Frühjahr 2021 hatte sich Hrubesch von Sebastian Harms getrennt, der diese Position mehrere Jahre lang bekleidete. Einen Nachfolger aber gibt es bis heute nicht. Vor einem Jahr hatten Hrubesch und Sportvorstand Jonas Boldt den Plan, Jan Zimmermann in Doppelfunktion als U-19-Trainer und sportlichen Leiter zu verpflichten.
Doch der 43-Jährige ging letztlich zu den Profis von Hannover 96. Intern wurde auch darüber diskutiert, Michael Mutzel die Aufgabe als NLZ-Direktor zu übertragen. Doch spätestens seit der Kündigung des Sportdirektors ist das kein Thema mehr. Wie also geht es weiter im HSV-Nachwuchs? Hrubesch und Boldt scheinen zu hoffen, dass aus den eigenen Reihen jemand in diese Rolle wachsen kann. Wer das sein könnte, ist aber unklar.
Sportlicher Leiter: HSV denkt an externe Lösung
U-21-Trainer Reimers wird intern zwar von allen Verantwortlichen geschätzt, könnte die Doppelfunktion als Trainer und Manager zeitlich gar nicht leisten. Zudem gilt der 38-Jährige auf dem Trainermarkt als interessanter Kandidat für viele Vereine. Schon im Sommer soll es einige Anfragen von Zweit- und Drittligisten für den Erfolgstrainer der U21 gegeben haben. Der Sprung zum Coach eines Profiteams dürfte bei Reimers nur eine Frage der Zeit sein.
Der HSV denkt daher auch an eine externe Lösung, wenn es um die Frage nach einem sportlichen Leiter geht. Dass dem Nachwuchs diese Position fehlt, ist im Alltag vor allem bei Gesprächen über Neuzugänge, Verträge oder der Bewertung von einzelnen Spielern spürbar. Der Campus braucht jemanden, der den Überblick hat über die Entwicklung der Talente, aber auch der eigenen Trainer. Der einheitliche Spielideen oder die Entwicklung von Trainingsmethoden vorantreibt. Hrubesch kann das allein aus zeitlichen Gründen nicht mehr leisten.
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Das Abendblatt fragte nach bei der HSV-Legende, wie es persönlich und beruflich weitergeht. Hrubesch sagt: „Wir haben im Nachwuchs eine hohe Qualität. Wir wollen den eingeschlagenen Weg gemeinsam weitergehen und noch mehr aus unseren Möglichkeiten herausholen. Mir macht es immer noch großen Spaß. Aber es geht dabei nicht um Horst Hrubesch, sondern darum, die Verantwortung sinnvoll zu verteilen.“ Und das tut er.
Hrubesch knüpft seinen Verbleib beim HSV an Boldt
Hrubeschs Vertrag läuft im kommenden Sommer aus, genau wie der von Boldt. Intern soll Hrubesch immer wieder betonen, dass er sein weiteres Engagement an den Verbleib von Boldt knüpft. Aber auch nach außen macht er keinen Hehl aus seiner Haltung. „Ohne Jonas wäre ich nicht hier. Er hat es am Ende geschafft, mich zu überzeugen. Wir waren immer deckungsgleich“, sagte Hrubesch vor zweieinhalb Monaten im Abendblatt-Podcast.
Der Nachwuchsdirektor könnte somit auch noch eine entscheidende Rolle im Führungsstreit des HSV einnehmen. Sollte Aufsichtsratschef Marcell Jansen wie vermutet das Kontrollgremium im November nach seinen Vorstellungen umbesetzen, wäre die Zukunft von Boldt beim HSV unsicher – und damit auch die von Hrubesch.
Hrubesch: „Ich werde dem HSV ewig erhalten bleiben“
Obwohl der 71-Jährige im Abendblatt-Podcast bereits andeutete, dass die Gesundheit immer mal wieder Probleme macht („Es geht körperlich an die Substanz“), sieht er seine Mission beim HSV noch nicht als beendet an. Die Geschlossenheit zwischen Profis, Nachwuchs und auch dem Frauenfußball liegt ihm weiter am Herzen. Wie lange Hrubesch seine Arbeit als Nachwuchsdirektor noch ausfüllen will, dürfte er am Ende ohnehin selbst entschieden. Oder wie er selbst gerne im Spaß sagt: seine Frau.
Sollte Hrubesch seinen im Sommer auslaufenden Vertrag nicht noch einmal verlängern, würde er dem Club aber weiterhin mit Rat zur Verfügung stehen. Dem Abendblatt sagte er zuletzt: „Ich werde dem HSV ewig erhalten bleiben.“