Hamburg. Die Leichtathletik-Abteilung und die Fußballschule bekommen neue Heimat. Neues Angebot für Trendsportart Padel-Tennis.
Es gibt viel zu besprechen in den Tagen vor der Mitgliederversammlung im CCH (Sa, 11 Uhr, Saal 1). Drei Stunden hat das HSV-Vereinspräsidium am Vormittag intern zur Vorbereitung getagt, dann empfangen Marcell Jansen, Michael Papenfuß und Bernd Wehmeyer das Abendblatt in einem Raum der e.V.-Geschäftsstelle in der q.beyond Arena (hinter der Barclays Arena). 2023 steht nicht nur die Renovierung des Volksparkstadions für die EM 2024 an, sondern die Realisierung einer Reihe von Projekten. Ganz oben auf der Agenda: die Zahl 100.000.
Mitgliederboom beim HSV
Erstmals im Oktober konnte der HSV die Grenze von 90.000 Mitgliedern überspringen, Tendenz weiter steigend. „Selbst jetzt in der Winterpause erhalten wir wöchentlich rund 100 Neuanträge“, sagt HSV-Präsident Jansen. Vor allem das Konzept der „Young Ones“, ein Angebot für Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren, wird stark nachgefragt (plus 1700 auf 4000). Auch der Kids Club verzeichnete 2022 einen Zuwachs von plus 1000 (jetzt 7500). Der Supporters Club bleibt natürlich die stärkste Abteilung mit 65.000 Mitgliedern. Aktuell liegt die Gesamtzahl der Mitglieder bei knapp 91.000. Zum Vergleich: 2018 wurde das 80.000. Mitglied geehrt.
Erstmals 8000 Sporttreibende
Nach dem Ende der Corona-Beschränkungen ist aber auch die Zahl der aktiven Sportlerinnen und Sportler im HSV signifikant angestiegen und lag im Dezember 2022 erstmals über 8000. Allein die im Oktober 2021 neu gegründete Sparte „Cheerleading“ verzeichnet heute knapp 200 Mitglieder. Zu den mitgliederstärksten der 33 Sportarten zählen Golf (1300), Fußball und Leichtathletik (beide mehr als 1100). „Wir sind schon stolz darauf, mit unseren Angeboten die Gesellschaft zu bewegen“, sagt Jansen, der auch die Vielfältigkeit und den inklusiven Ansatz der Angebote betont: „Wir möchten allen die Möglichkeit bieten, Sport zu treiben.“
Als einen Grund für den Boom nennt Jansen auch die Aufstiegsambitionen. „Die Menschen identifizieren sich mit dem Fußball unserer Profis und dem eingeschlagenen Weg. Die Unterstützung auch von den Rängen ist immens, das zeigt auch der Zuschauerschnitt im Volksparkstadion.“ Die Marke von 100.000 Mitgliedern ist längst kein Tabuthema mehr: „Wenn ich mir andere Bundesligavereine anschaue, sollte es uns auch gelingen, diese Zahl zu knacken“, sagt Vizepräsident Michael Papenfuß. Ein Aufstieg Ende Mai könnte den entscheidenden Schub in Richtung Sechsstelligkeit geben.
Neues Sportzentrum in Stapelfeld
„Im Osten Hamburgs waren wir bisher ziemlich blank“, sagt Papenfuß in Bezug auf Standorte des Clubs. Das ändert sich nun. In einer privaten Halle in Stapelfeld, wo bereits die Cheerleader ihre Heimat haben, soll eine Padel-Tennis-Anlage entstehen. Der Pachtvertrag mit dem Besitzer ist bereits unterschrieben, nun geht es an die Gestaltung. Ebenfalls im Angebot sind drei Soccer-Plätze, die nach Bedarf zu einem großen Spielfeld vereint werden können. „Hier wird auch die Fußballschule verankert, die dort ebenfalls Veranstaltungen und Camps plant“, sagt Vize Bernd Wehmeyer.
Heimat für Leichtathletik in Dulsberg
Die beiden Topsprinter des HSV, Lucas Ansah-Peprah und Owen Ansah, trainieren zwar inzwischen in Mannheim, haben sich jedoch bis (mindestens) zu den Olympischen Spielen in Paris 2024 an den Verein gebunden, motivieren so viele Jugendliche zu Top-Leistungen. „Wir haben in der Leichtathletik bei den Deutschen Meisterschaften in allen Altersklassen mindestens eine Medaille geholt“, sagt Wehmeyer.
Um ein besseres Angebot zu ermöglichen, hat sich der HSV erfolgreich beworben, die Leichtathletik-Anlage in Dulsberg (Königshütter Straße) zu betreiben, die derzeit von der Stadt Hamburg saniert wird. Neben der Leichtathletik sollen auch Trendsportarten wie Parkour integriert werden.
„Wir sind mit dem Bezirksamt Nord in den konkreten Planungen zur Neugestaltung der Sportplatzaußenanlage Königshütter Straße und stehen mit allen beteiligten Akteuren und Sportvereinen vor Ort im engen Austausch“, sagt Papenfuß über den Stand der Planungen.
Tanzsaal in Norderstedt
Auf 130.000 Quadratmeter erstreckt sich die HSV-Anlage an der Ulzburger Straße. Hier plant der Verein 2023 Investitionen in Höhe von 4,3 Millionen Euro. „2,5 Millionen Euro erhalten wir an öffentlichen Mitteln durch die Stadt Norderstedt und den Bund, 1,8 Millionen Euro müssen wir aufbringen“, erklärt Papenfuß.
Im Geschäftsjahr 2021/22 konnten Rücklagen in Höhe von 590.000 Euro gebildet werden, der Rest wird fremdfinanziert. Um die Fördermittel zu erhalten, musste der Auftrag EU-weit ausgeschrieben werden. Mit der Umsetzung ist nun ein Architekturbüro in Osnabrück beauftragt worden.
Neben der Sanierung des Parkplatzes und Maßnahmen am Betriebshof sollen die Tanz- und die Gesundheitssportabteilung (derzeit in Räumlichkeiten eines Reitvereins/Ohechaussee) nach Norderstedt umsiedeln. Dafür wird über den einstöckigen früheren Bundesligatrakt (zwischen Tennis- und Sporthalle) ein zweites Stockwerk gesetzt. Langfristig plant das Präsidium in einem nächsten Schritt dort, wo derzeit noch die Räume der Jürgen-Werner-Schule stehen, ein Sportzentrum zu errichten (Fitness inklusive Kita).
HSV-Frauen sollen in die Bundesliga
Jansen war noch Profi, als die Bundesliga-Mannschaft der Frauen 2012 abgemeldet wurde: „Das war sicherlich kein Glanzstück des HSV“, sagt der 37-Jährige rückblickend. In dieser Saison hat das Team von Trainer Lewe Timm den Aufstieg in die 2. Bundesliga fest im Blick. Die Strukturen sind bereits zweitklassig.
Papenfuß erklärt: „Mittelfristig lautet das Ziel die nachhaltige Rückkehr in den Bundesliga-Fußball. Wir dürfen nie wieder so eine Entscheidung treffen wie vor zehn Jahren.“ Und auch Jansen stellt klar: „Unsere Frauen sind ein wichtiger Teil des HSV.“
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Sechs Mädchenteams ab der U 13 stehen für die Basis im Nachwuchs, die der HSV in den vergangenen fünf Jahren gelegt hat. „Inzwischen treten Unternehmen an uns heran, die gezielt die HSV-Frauen unterstützen wollen“, sagt Wehmeyer. Ein Höhepunkt 2022 war der Deutsche Meistertitel der U 17.
Interessiert beobachtet der Verein die Planungen für das Stadion am Diebsteich. Dort einmal die Bundesligaspiele auszutragen ist eine denkbare Option. Mit Aktionen wie der vor Weihnachten (18,87 Euro für den Besuch von fünf Veranstaltungen) soll außerdem die Zuschauerzahl bei weiteren Spielen des HSV, ob HSV-Frauen oder Futsal, gesteigert werden.
Bilanz: Verbindlichkeiten gesunken
Als gemeinnütziger Verein lebt der HSV e. V. natürlich vor allem von Mitgliedsbeiträgen, aber auch Sponsoreneinnahmen und den Förderungen seitens der HSV-Campus gGmbh (350.000 bis 400.000 Euro jährlich), die aus der Vermietung der Alexander-Otto-Akademie an die HSV Fußball AG erzielt werden. Bei einem Umsatz von 6,8 Millionen Euro betrug der Gewinn im Geschäftsjahr 2021/22 6926 Euro.
Da der HSV e. V. nicht gewinnorientiert wirtschaftet, sei das Ziel immer eine schwarze Null, so Papenfuß. „Wir sind gut aufgestellt“, sagt der Schatzmeister, der wie seine Präsidiumskollegen ehrenamtlich arbeitet. Die Verbindlichkeiten konnten um eine Million auf 6,4 Millionen Euro reduziert werden. Das Eigenkapital beträgt 42,5 Millionen Euro (35,5 Millionen Euro für die Beteiligung an der AG).
Geschäftsstelle zurück ins Stadion
Während ein Großteil der 45 Angestellten des HSV e. V. auf der Geschäftsstelle in Norderstedt arbeitet, mussten die Mitarbeiter am Volksparkstadion aufgrund von Platzmangel in Büroräume in der q.beyond Arena ausweichen. Nicht optimal für die Kommunikation mit der HSV AG. Deshalb ist in den kommenden Jahren eine Rückkehr ins Stadion geplant.