Hamburg. Der Bertelsmann-Chef hat sich bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2022 ausführlich zur Lage beim Hamburger Traditionshaus geäußert.
Thomas Rabe, Chef der Medienkonzerne Bertelsmann, RTL Group und RTL Deutschland, hat sich bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2022 ausführlich zur Lage bei Gruner + Jahr geäußert – und auf Kritik an seinem Umgang mit dem Hamburger Traditionshaus reagiert: „Ich bin mit mir vollkommen im Reinen, wir tun das, was nötig ist“, sagte Rabe, und dass er eine „große umfassende Rückendeckung“ der Eigentümer spüre, zu denen auch die Familie Mohn gehört.
In den vergangenen Wochen war Rabe mehrfach vorgeworfen, die wirtschaftliche Lage von Gruner + Jahr bewusst schlecht dargestellt zu haben, um damit seinen harten Sanierungskurs zu rechtfertigen.
Thomas Rabe: „Ich wünschte, dass die Performance von Gruner + Jahr besser wäre“
Kurz vor der Vorstellung der Jahresbilanz vor Journalisten hatte das „Handelsblatt“ unter der Überschrift „Warum fehlen 134 Millionen Euro nach nur einem Jahr?“ darüber berichtet. „Ich wünschte, dass die Performance von Gruner + Jahr besser wäre“, sagte Rabe dazu. Der Start in das Jahr 2023 habe seine Prognosen bestätigt, wenn man so weiter gemacht hätte wie bisher, „wäre das Publishing-Geschäft zweistellig in die Verlustzone geraten. Die Zahlen sind eindeutig, die sind auch nicht hingerechnet. Das Publishing-Geschäft hat 2022 keinen relevanten Gewinnbeitrag geliefert.“
Er verstehe auch die Kritik daran nicht, dass er erfolgreiche und wachstumsstarke Marken wie „Applike“ oder die Beteiligung an der „Spiegel“-Gruppe aus dem Portfolio von Gruner + Jahr herausgenommen habe: „Es gibt bei Bertelsmann keine Quersubventionierung, jeder Geschäftsbereich muss sich aus sich heraustragen.“ Das gelte auch für die Magazine. Denen helfe es schließlich nicht, wenn es dem Konzern als Ganzes gut gehe, sie selbst aber Verluste machten, so Rabe.
Gruner + Jahr: "Etliche Interessenten" für Magazine gemeldet
Deshalb bleibt es dabei, dass in Hamburg 500 Stellen abgebaut werden und diverse Titel mit weiteren 200 Stellen verkauft werden sollen. Inzwischen hätten sich „etliche Interessenten“ für die Magazine, die man abgeben will, bei RTL Deutschland gemeldet, sie seien aufgefordert worden, Angebote abzugeben. „Ich denke, dass der Verkaufsprozess im Sommer abgeschlossen sein wird“, sagte Rabe, welche Erlöse er sich davon verspreche, darüber wolle er nicht „spekulieren“.
Dass er Erlöse erwartet, zeigt aber, dass andere Verlage offenbar an die Zukunft der Magazine glauben und bereit sind, dafür etwas zu bezahlen. Auch die Gespräche mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan für Gruner + Jahr liefen gut, sagte Rabe, in sechs bis acht Wochen wolle man mit der Umsetzung der Maßnahmen beginnen. Soll heißen: Mit dem Abbau der Stellen, Abfindungsangeboten, etc. Unklar ist nach wie vor, was aus „Geo Epoche“ wird: „Wir schauen uns gerade an, welche Perspektiven der Titel als Teil von Stern + hat.“
Gruner + Jahr: In Stern + sollen 30 Millionen Euro investiert werden
In das neue Digital-Projekt des „Stern“, mit dem man 100.000 zusätzliche Abonnenten gewinnen will, sollen 30 Millionen Euro investiert werden. Weitere 30 Millionen Euro stehen für die anderen, bei Bertelsmann verbleibenden Gruner-Marken wie „Gala“ und „Brigitte“ zur Verfügung, 20 Millionen Euro will Rabe für neue Räumlichkeiten ausgeben.
Spätestens Ende 2024 muss Gruner + Jahr aus dem Stammsitz am Baumwall ausziehen, wohin, scheint noch nicht festzustehen. Rabes Antworten auf entsprechende Fragen waren eher unkonkret, man sei „auf der Suche nach entsprechenden Arbeitswelten“, er sehe da „große Chancen“.
Nach Abendblatt-Informationen wird der neue Unternehmenssitz in Hamburg mindestens zehn Millionen Euro Miete pro Jahr sparen. Insgesamt schaffe der Zusammenschluss von RTL Deutschland und Gruner + Jahr einen „Mehrwert von 75 Millionen Euro und mache deshalb unverändert Sinn“, so Rabe.
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Bertelsmann-Chef: „Ich habe nie gesagt, dass ich Journalist bin“
Auf die Frage, was er denen sagen, die ihm vorwerfen, sich als Chef eines Medienunternehmens nicht für Journalismus zu interessieren, erklärte der Bertelsmann-Chef: „Ich habe nie gesagt, dass ich Journalist und Verleger bin.“ Seine Aufgaben bei der Führung eines Konzerns wie Bertelsmann lägen in einem anderen Bereich.
Bei der Präsentation des Geschäftsbericht hatte Rabe aber besonders betont, dass der „Journalismus eine tragende Säule für RTL Deutschland“ sei und darauf hingewiesen, dass für das Unternehmen mehr als 1300 Journalistinnen und Journalisten arbeiten würden, und man das journalistische Angebot bei RTL um 1,5 Stunden auf 7,5 Stunden pro Tag ausgebaut habe.
Die RTL Group erzielte mit 7,2 Milliarden Euro den höchsten Umsatz in ihrer Geschichte. Der Gewinn sank um sechs Prozent auf 1,08 Milliarden Euro. Rabe kündigte an, sich nicht wie geplant schon Mitte, sondern erst Ende diesen Jahres als Chef von RTL Deutschland zurückziehen zu wollen. Früher ginge es nicht, „weil wir inmitten einer Reihe von großen strategischen Projekten stehen“.