Hamburg. 2024 ist das Jubiläumsjahr des Romantik-Malers. Hamburger Kunsthalle plant besondere Schau. Bei fünf Gemälden ändert sich etwas.
Der „Wanderer“ ist in See gestochen. Eine zwei Meter hohe Skulptur aus orangem Aluminium, angelehnt an die berühmte Bildfigur von Caspar David Friedrich (1774–1840), wird bis März 2024 auf der „Mein Schiff“-Flotte und der MS „Europa“ über die Meere reisen, Ziele in Nord-, Mittel- und Südamerika ansteuern und nach 28.449 Seemeilen wieder in den Hamburger Hafen einlaufen.
Ein Friedrich-Imitat als Botschafter für Abenteuer und Freiheit – und als Werbetreibender in eigener Sache. Die Kooperation der Hamburger Kunsthalle mit Tui ist eine von vielen Aktivitäten rund um die große Jubiläumsausstellung zu Friedrichs 250. Geburtstag.
Hamburger Kunsthalle: Große Ausstellung zu Caspar David Friedrich
Zusammen mit der Ausstellung Photopia, die vom 21. bis zum 24. September in Hamburg am Messeplatz stattfindet, sucht das Museum nach Fotos, die von den Werken des bedeutendsten Romantik-Malers inspiriert wurden.
Motto des #shareyourvision23-Contest: Wie hätten Caspar David Friedrichs Bilder wohl ausgesehen, hätte er eine Kamera gehabt? Im Hard Rock Cafe an den Landungsbrücken können Gäste mit einem Burger-Menü auch gleich ein Zeitfenster-Ticket für den Ausstellungsbesuch buchen – das Kombipaket kostet 29 Euro.
Caspar David Friedrich: Der Countdown für die große Schau in Hamburg läuft
Drei Monate, bevor die Ausstellung „Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit“ eröffnet, laufen die Museumsmotoren heiß, schon seit Wochen kann man Tickets für die begehrte Schau kaufen und Termine für Gruppenführungen buchen.
Ob der Ansturm von 2006, als nach wenigen Wochen schon 100.000 Menschen „Die Erfindung der Romantik“ mit vielen zentralen Friedrich-Bildern besucht hatten, auch dieses Mal erreicht oder gar getoppt wird? Kurator Markus Bertsch ist sicher: „Das ist die Chance für uns, einen großen Aufschlag zu machen.“
Nach Vorläufern in Schweinfurt und dem schweizerischen Winterthur, wo der echte „Wanderer über dem Nebelmeer“ (um 1817) noch bis zum 19. November ausgestellt sein wird, ist die Ausstellung der Kunsthalle der Auftakt zum Caspar-David-Friedrich-Festival. Anlässlich des Jubiläumsjahres 2024 widmen in der Folge auch die Alte Nationalgalerie in Berlin und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden dem Künstler eine jeweils thematisch eigenständige Schau.
Die drei Häuser verfügen über die bedeutendsten Bestände an Werken Friedrichs weltweit. Gegenseitige Leihgaben werden dem Publikum eine große Bandbreite des Schaffens präsentieren.
Hamburger Kunsthalle: Wichtige Gemälde des Romantik-Malers bekommen neue Rahmen
Sportlich war allerdings die Vorbereitungszeit. Durch die vorherige große Ausstellung „Femme fatale“, ebenfalls von Bertsch kuratiert, gingen die Anfragen für Leihgaben erst vor einem Jahr raus. „Extrem knapp“ bezeichnet das der Kurator.
Und doch hat er alle wichtigen Bilder nun beisammen, „rund 70 Gemälde, dazu einige Zeichnungen Friedrichs – das muss man erst mal schaffen“. Darunter sind etwa „Der Mönch am Meer“ aus Berlin; dafür wird „Das Eismeer“ ausnahmsweise auf Reisen in die Hauptstadt gehen. Der „Wanderer“ tritt nach Ausstellungsende erst den Weg nach Dresden und dann, 2025, sogar nach New York an.
Am Montagabend gab’s dann noch die Kirsche auf der Sahne: Die Förderstiftung Hamburger Kunsthalle lud zum fünften Director’s Dinner ins Museum und verkündete, dass anlässlich der Jubiläumsausstellung für fünf Gemälde von Caspar David Friedrich neue historische Rahmen erworben wurden: „Gräber gefallener Freiheitskrieger“ (1812), „Sturzacker“ (um 1830), „Berglandschaft in Böhmen“ (um 1830), „Ziehende Wolken“ (um 1820) und „Das Eismeer“ (um 1823/24).
Alle fünf Rahmen wurden bei dem Abendessen präsentiert. Die Kosten pro Bild liegen im vierstelligen Bereich, beim „Eismeer“ sogar im fünfstelligen. Auf das seltene Exemplar aus London stieß der renommierte Münchner Rahmenmacher Werner Murrer.
Friedrichs Katastrophenbild „Das Eismeer“ kommt irritierend leise daher
„Die schwarze Rahmung des ,Eismeer’ waren mir und der Restauratorin Eva Keochakian schon lange ein Dorn im Auge“, so Bertsch. „Das Motiv zeigt ein ungewöhnliches Katastrophenbild, das aber irritierend leise daherkommt.
Der schwarze Rahmen könnte in den Augen mancher Besucherinnen und Besucher diese Wirkung noch unterstreichen, was nichts mit den Intentionen von Friedrich zu tun hat – schließlich ist der Rahmen dafür viel zu jung. Und zu Friedrichs Zeiten hingen seine Gemälde durchgängig in goldenen Rahmen.“
Beim Gemälde „Ziehende Wolken“ sei die klassizistische Rahmung mit dem Palmettenornament geradezu ein Gegenangriff auf das luftig-lockere Motiv. „Heute sehen wir Bild und Rahmen als eine ästhetische Einheit. Die neuen historischen Rahmen werden unserem Friedrich-Saal eine ganz neue Einheitlichkeit geben.“ Die alten Caspar-David-Friedrich-Rahmen werden übrigens als wichtige historische Quelle zukünftig im Gemäldedepot aufbewahrt.
Kunsthalle: „Kunst für eine neue Zeit“ mit 240 Werken auf zwei Etagen
Vom 27. November an beginnt für den Kurator und sein Team die heiße Phase, denn dann werden die Leihgaben am Glockengießerwall angeliefert, und auch der „Wanderer“, Hamburgs berühmtestes Bild, kehrt nach Hamburg zurück. Restauratorin Keochakian wird alle Hände voll zu tun haben, die Bilder zu begutachten und zu dokumentieren; eventuell fallen restauratorische Arbeiten an.
Anschließend müssen insgesamt 240 Arbeiten auf zwei Etagen gehängt werden – auch das eine Herausforderung. Auf der einen Etage Friedrich, auf der anderen zeitgenössische Werke, die sich auf den Romantiker beziehen oder mit dem Verhältnis von Natur und Mensch auseinandersetzen.
Am 7. Dezember wird Markus Bertsch dann den Startschuss zum Friedrich-Reigen geben und mit dem Autor Florian Illies über dessen Buch „Zauber der Stille“ in der Kunsthalle diskutieren.
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Und auch nach der Ausstellung will das Museum weiterfeiern: Eine aufwenige immersive Installation des dänischen Künstlers Jakob Kudsk Steensen (Jahrgang 1987) wird ab April 2024 für mehrere Monate auf der Rotunde und der Kuppel des Museums zu sehen sein.
Die Unterwasser-Kristallisation bezieht sich auf das „Eismeer“-Motiv. Für den Kurator „eine spannende medienübergreifende Arbeit, die Friedrichs Romantik-Gedanken ins Heute überträgt“.