Hamburg. Eine Collegejacke zum Friedrich-Jubiläum? Hamburger Firma Closed hat Alte Meister des Museums für eine Kollektion modern interpretiert.
Die erste Partynacht war eine Revolution. So jedenfalls nennt es Ekkehard Nümann, Vorstand der „Freunde der Kunsthalle“, und er meint die erste Partynacht der „Jungen Freunde“ kurz nach der Gründung der Galerie der Gegenwart. Sogar eine Band spielte dafür auf. Nun, gut 25 Jahre später, in Zeiten, in denen Mittagspausen-Yoga und Vinyl-Partys zum Museumsalltag gehören, zuckt wohl niemand mehr, wenn Models durch das Café Liebermann laufen und aktuelle Mode präsentieren. Zumal, wenn es sich um die erste Kollektion der Kunsthalle dreht.
Die Hamburger Modefirma Closed ist eine besondere Kooperation mit dem Museum eingegangen: Für die „Closed x Hamburger Kunsthalle“-Kollektion“, die ab dem 22. Februar online zu haben ist, hat das Design Team zehn ikonische Motive modern und farbenfroh interpretiert und auf Textilien drucken lassen. Dazu gehören „Wanderer über dem Nebelmeer“, „Das Eismeer“ und ein Selbstporträt von Caspar David Friedrich, „Blumenstrauß“ von Rachel Ruysch, Porträts von Jacob Gensler, Stillleben von Simon Luttichuys und Jan Weenix sowie Francisco de Goyas „Don Tomás Pérez Estala“.
„Closed x Hamburger Kunsthalle“: Kein typisches Museumsshirt mit plumpem Aufdruck kreieren
„Wir wollten natürlich kein typisches Museumsshirt kreieren, so wie man es in fast jedem Museumsshop kaufen kann“, sagt Manfred Wagner, bei Closed Senior Designer und Head of Mens Wear. Bei zwei Spaziergängen durch die Kunsthalle habe er recht schnell seine Motive gefunden und sei bei Kuratorin Sandra Pisot mit der Idee auf offene Ohren gestoßen. Es liege ja auch nahe, dass ein Design-Unternehmen sich der Kunst annehme. Er verweist etwa auf das berühmte Mondrian-Kleid, das der französische Stardesigner Yves Saint Laurent einst entwarf.
Was ihm vorschwebte, war weit von Merchandising mit plump aufgedruckten Motiven entfernt, vielmehr hatte er die Vision, Alte Meister jung und spannend zu präsentieren durch einen Bruch aus Jahrhunderte alter Kunst und modernen Schnitten. Dabei spielt die Verfremdung, „des Designers Spaß“, so Wagner, eine große Rolle. Er orientierte sich an den Techniken, die schon in der Moderne und Pop-Art angewandt wurden, es wurde geschnitten, bestickt, mit Augenblenden und Scherenschnitten gearbeitet. So wurde ein weibliches Augenpaar aus Julius Schnorr von Carolsfelds Gemälde „Die Hochzeit zu Kana“ ausgeschnitten und auf die Front eines Langarmshirts gedruckt.
Wie sehr darf oder sollte man den „Wanderer“ verfremden?
Die Kollektion besteht aus sieben Teilen: Kappen (80 Euro), große Stofftaschen (200 Euro), T-Shirts (100 Euro), Langarmshirts (130 Euro), Sweatshirts (200 Euro), Hoodies (300 Euro) und eine Collegejacke aus Wolle und Lammleder für 900 Euro mit den Initialen des berühmten Romantikers Friedrich CDF auf der rechten Seite. Außer der Jacke sind alle Kleidungsstücke aus Organic Cotton gefertigt. Nur die Jacke wird als Einzelstück im Museumsshop erhältlich sein – passend zum 250. Geburtstag des Malers, der Ende des Jahres mit der großen Ausstellung „Kunst für eine neue Zeit“ begangen wird.
In der Tat bestand in Friedrichs „Wanderer“-Motiv die größte kreative Herausforderung: Wie sehr darf oder sollte man dieses Schlüsselwerk der Kunsthalle verfremden, um dennoch eine Wiedererkennbarkeit zu erzeugen? Herausgekommen ist der „Wanderer“ in schwarzer Silhouette auf der Stofftasche oder als weiße Auslassung auf originalblauem Grund auf dem Rücken eines Hoodies. Damit man den Werken größtmöglichen Tribut zollt, werden Bilder und Künstler auf den Kleidungsstücken zusammen mit ihrer Gattung „The Old Masters“ genannt.
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Kollektion ist ein Schritt hin zur Verjüngung des Museums
Erfahrung mit der Melange aus Kunst und Mode hat die Firma mit Sitz in Hoheluft: Zusammen mit dem Künstler Stefan Marx ist bereits eine sechzehnteilige Kollektion entstanden: „Closed x Stefan Marx“. Marx wiederum hatte zuvor schon mit der Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM) in Berlin eine sogenannte Capsule Collection entworfen.
Dabei handelt es sich, wie jetzt auch im Fall der Kunsthalle, um eine einmalig produzierte und limitierte Mini-Kollektion. 2021/2022 konnte man den Künstler zusammen mit dem Schauspieler-DJ-Künstler Lars Eidinger in der Kunsthallen-Ausstellung „Klasse Gesellschaft“ erleben, in der zeitgenössische Bilder und Fotografien auf Alte Meister der Niederlande trafen.
Closed kooperiert mit Hamburger Kunsthalle: „Win-win-Situation"
Am 21. Februar wird es für geladene Gäste neben der Modenschau eine Führung mit den Kuratoren Sandra Pisot (Sammlungsleiterin Alte Meister) und Markus Bertsch (Sammlungsleiter 19. Jahrhundert) zu den ausgewählten Werken geben. Man meint es also durchaus ernst mit diesem Schritt in die Modewelt. Für Manfred Wagner, der eine Zeit lang in London gelebt und bei der Tate Modern gesehen hat, mit welchem Tempo das Ausstellungshaus sich modernisiert und verjüngt hat, ist die Closed-Kollektion „auch für die Kunsthalle ein Schritt in diese Richtung“.
Es sei eine „Win-win-Situation“: Auch Closed verspricht sich von der Anbindung an die gehobene Kunstwelt ein weiteres, kulturaffines Publikum anzusprechen. Das natürlich bereit sein muss, die dementsprechend hohen Preise für die limitierten Modeartikel zu zahlen. Für alle anderen gibt es die Originale weiterhin am Glockengießerwall: statt zum Anziehen zum Ansehen. Ab 5 Euro.