Bei der Hamburg-Premiere von Ingmar Bergmanns “Nach der Probe“, das Luk Perceval am Thalia inszenierte, standen die Konflikte der Figuren im Mittelpunkt.
Hamburg. Ein alternder Regisseur, eine junge Schauspielerin und deren Mutter, ein ehemaliger Schauspielstar, mit dem der Regisseur einst eine leidenschaftliche Affäre hatte. Das ist das Personal in Ingmar Bergmans Stück aus dem Theatermilieu, "Nach der Probe", das Luk Perceval nun am Thalia Theater herausbrachte.
Die Produktion, die ihre Uraufführung vor einem halben Jahr am Schauspiel Hannover erlebte, ist ein Kammerspiel für drei Schauspieler, ist gutes altes, selten gewordenes psychologisches Theater, das die Zuschauer mit nimmt, mitten hinein in die Gefühlskonflikte der Bühnenfiguren.
Hier wird nichts dekonstruiert, gestrichen oder hinzugefügt, das nicht der inneren Befindlichkeit der Figuren entspricht. Oder wie es Henrik, der Regisseur im Stück einmal sagt: "Ich bin entschlossen, das Traumspiel so zu inszenieren, wie es da steht. Jedes Wort." Er liegt damit ziemlich genau auf jener Linie, die der Autor Daniel Kehlmann im Sommer bei den Salzburger Festspielen vertrat, als er sich gegen das Regietheater aussprach und forderte, die Regie solle wieder stärker dem Text dienen als ihn zu interpretieren.
Ingmar Bergman hat "Nach der Probe" als TV-Film konzipiert, in der Figur des Regisseurs hat er sich auch selbst dargestellt, als zweifelnden Künstler, einsamen Liebenden. Luk Perceval hat das Stück bereits vor 15 Jahren in Antwerpen inszeniert, auch, weil es idealerweise die Einheit von Zeit und Raum zeigt, weil es allgemein menschliche Konflikte ins Bühnenmilieu verlagert.
Bergman war der Freud unter den Regisseuren, ihn interessierten religiöse Fragen, die Angst vor der Sterblichkeit, Paarkonflikte und vor allem die Auseinandersetzungen zwischen Männern und Frauen. Immer wieder hat er diese Themen umkreist und sie von wunderbaren Schauspielern darstellen lassen, oft auch so darstellen lassen, dass man meinte, Zuschauer bei einer Psychoanalyse zu sein.
Auch das Publikum im leider nicht ganz ausverkauften Thalia Theater genoss es sichtlich, einmal ganz konzentriert das Spiel der großartigen Schauspieler im Fokus haben zu können, ihre Gefühle, ihre Zweifel, ihre Machtspielchen.
Wolf-Dietrich Sprenger zeigte als Regisseur Henrik einen Künstler in der Alterskrise zwischen Zynismus, jungenhafter Verliebtheit und der ewigen Frage, wie Leben und Kunst zusammen kommen können. Oda Thormeyer konnte als Ex-Star und Alkoholikerin viel von der Verzweiflung und Zerbrochenheit einer Frau zeigen, die es weder im Leben noch in der Kunst geschafft hat, ihren Weg zu finden und integer zu bleiben. Und Nadia Schönfeldt machte als junge Schauspielerin deutlich, dass ihr Beruf mehr persönliche Opfer erfordern wird als ihr lieb ist, dass der Wille gut spielen zu wollen allein nicht ausreicht.
Annette Kurz baute dem Ensemble einen ansteigenden Raum aus Theaterstühlen und lose herumfliegenden Blättern. Die Zuschauer klatschten am Ende begeistert Beifall. Sie fühlten sich mitten drin im Theatergeschehen. Und berührt.