Kurz vor seinem 105. Geburtstag sorgte Johannes Heesters noch einmal mit Äußerungen zum Nationalsozialismus für Wirbel, als er in einem Interview mit einem holländischen Fernsehsender für eine Satire-Show nach seinen Erinnerungen an Hitler befragt wurde.

Heessters: "Adolf Hitler, ja Gott, ich kenn den Mann wenig. Ein Kerl, weißt du, das war er, ein guter Kerl" und auf die erschrockene Reaktion seiner Frau korrigierte: "Nun ja, das war er nicht, aber für mich war er nett." Simone Rethel-Heesters ist der Überzeugung, dass ihr schwerhöriger und fast blinder Mann von dem Comedy-Sender "hereingelegt" worden ist, die Antwort sei ihm quasi "in den Mund gelegt" worden. "Mein Mann ist im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen immer auf Distanz zu den braunen Machthabern geblieben."

"Entsetzlich verfänglich" habe sich ihr Mann ausgedrückt, räumte die Ehefrau des niederländischen Bühnen- und Filmstars später ein. Er sei sich bewusst, was er versehentlich mit "sprachlichem Unverständnis ausgedrückt" habe. Die Situation vor seinem herausragenden Geburtstag sei, kurzum, "eine Katastrophe".

Doch wirklich katastrophal stellte sich die Lage am Donnerstag in Heesters Heimatland keineswegs dar. Obwohl ihm noch so mancher Holländer nachträgt, dass er einst unter den Nazis Karriere gemacht hat und auch hierzulande die Diskussion über seinen Besuch im Konzentrationslager Dachau noch nicht beendet ist, reagierten die Medien auf Heesters Hitler-Äußerungen mit Zurückhaltung. Der empörte Aufschrei, den seine Frau womöglich befürchtet hatte, blieb aus.

Zwar sprach die auflagenstarke Boulevardzeitung "De Telegraaf" von einer "Bagatellisierung Adolf Hitlers" durch Heesters und rief ihre Leser zur Online-Diskussion auf. Doch kaum jemand im Chatforum des Blattes wollte den alten "Jopie" in Bausch und Bogen verurteilen. "Dieser Mann hat in einer Zeit gelebt, die die meisten von uns doch gar nicht mitgemacht haben", heißt es in einer der Meinungsäußerungen. Niemand solle sich aufs hohe Ross setzen und Heesters Verhalten unter den Bedingungen einer Diktatur vorschnell kritisieren.

Immer wieder wurde auch darauf hingewiesen, dass die Sendung, in der Heesters vorgeführt wurde, durchaus kein Beispiel für ernsthaften politischen Journalismus ist. Dass die Macher der beliebten werktäglichen Satire-Show einen solchen Anspruch auch gar nicht erheben, macht schon der Name deutlich: "Die Schakale".

"Wir gratulieren Johannes Heesters", hieß diesmal das Motto der "Schakale"-Einlage, zu der der Interviewer bei Heesters mit einem Riesenblumenstrauß erschien. Produziert wird die Sendung von der zwar öffentlich-rechtlichen, aber stark am Boulevardstil orientierten TV-Gesellschaft VARA. Auf Sendung gehen die "Schakale" stets im Rahmen der populären News-Show "De Wereld Draait Door". Der Name ist ein bezeichnendes Wortspiel: Er kann übersetzt werden als "Die Welt dreht sich weiter" oder auch als "Die Welt dreht durch".

In diesem Fall drehte sie wohl eher durch. Dass der fast blinde Heesters das Satire-Spiel durchschaute, ist kaum wahrscheinlich. Um so bedrückender wirkte sein willkürlich geschnittener Auftritt auf viele niederländische Zuschauer. Heesters’ Ehefrau hatte daran allerdings mit ihren entsetzten Zwischenrufen (siehe Interview) ungewollt Anteil.

Johannes Heesters setzt sich derzeit in Berlin vor Gericht zur Wehr gegen Behauptungen, er sei bei seinem Besuch mit dem Ensemble des Münchner Gärtnerplatztheaters 1941 im KZ Dachau aufgetreten. Der Besuch selbst wird in dem von seiner Frau 2006 herausgegebenen Fotoband ("Ein Mensch und ein Jahrhundert") dokumentiert. Fotos, die einen Auftritt von Heesters dort beweisen könnten, existieren offenbar nicht.