Der Schauspieler und Sänger Johannes Heesters ist im Alter von 108 Jahren im Beisein seiner Ehefrau Simone Rethel im Klinikum Starnberg gestorben.

Starnberg/Hamburg/Berlin. Der Schauspieler und Sänger Johannes „Jopie“ Heesters soll in München beigesetzt werden. Das teilte sein Manager Thorsten Groneberg am Sonntag mit. Es stehe noch nicht fest, auf welchem Friedhof der prominente Schauspieler beerdigt werde. Auch müssten noch Terminfragen geregelt werden. Die Familie habe noch nicht entschieden, ob es eine öffentliche Trauerfeier und ein Kondolenzbuch geben werde.

Heesters war an Heiligabend im Alter von 108 Jahren im Beisein seiner Ehefrau Simone Rethel in einer Klinik in Starnberg gestorben. Der Sänger und Schauspieler ist im Beisein seiner Ehefrau Simone Rethel und Enkelin Wiesje Herold "friedlich gestorben", wie das Klinikum in Starnberg/Bayern mitteilte. "Jopi" Heesters hatte seit dem 17. Dezember auf der Intensivstation des Klinikums gelegen.

Eine Woche vor seinem 108. Geburtstag am 5. Dezember 2011 hatte er einen Schwächeanfall erlitten. Heesters galt als der älteste aktive Schauspieler, Sänger und Entertainer der Welt.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ehrte den Schauspieler und Sänger nach dessen Tod als "Grandsegnieur der leichten Muse“. "Mit seiner einzigartigen Bühnenausstrahlung eroberte er die Herzen des Publikums. Charme, Eleganz und Leichtigkeit waren sein Markenzeichen“, teilte die Staatskanzlei in München mit. Mit seiner optimistischen Ausstrahlung und Lebensbejahung, die ihn bis ins hohe Alter nicht verließen, habe Heesters vielen Menschen Freude bereitet und Mut gemacht. Sein Publikum habe ihn verehrt und geliebt. Johannes Heesters war Träger des Bayerischen Verdienstordens.

"Jopi" Heesters galt mit seinen 108 Jahren als der älteste aktive Schauspieler, Sänger und Entertainer der Welt. Er gehörte zu den populärsten Bühnendarstellern des 20. Jahrhunderts und wurde vor allem mit Operettenrollen bekannt.

Der leichtlebige Graf Danilo aus Franz Lehßrs Operette "Die lustige Witwe" war Heesters' Paraderolle. Auch auf der Leinwand war Heesters in zahlreichen Filmen zu sehen wie "Gasparone“, "Hallo Janine“ und "Die Csardasfürstin“.

Noch in diesem Jahr hatte er in einem Kurzfilm die Rolle des Petrus übernommen, der Ende November in München Premiere hatte. Auch die Verfilmung einer Tschechow-Erzählung stand zuletzt in seinem Terminkalender.

Am 5. Dezember 1903 im niederländischen Amersfoort als Johan Marius Nicolaas Heesters geboren, begann der Künstler seine Bühnenlaufbahn als 17-Jähriger in Amsterdam. Die eigentliche Karriere begann 1935 in Berlin, wo er rasch zum Frauenliebling und unwiderstehlichen Charmeur aufstieg. Das lebensfrohe Lied "Heut geh' ich ins Maxim, da bin ich so intim“, das der Mann mit Frack, Zylinder und dem weißen Schal so oft sang, war ihm auf den Leib geschrieben.

Auch nach dem Krieg war Heesters gefragter Star auf der Leinwand und der Bühne sowie bald auch im Fernsehen.

Wegen seiner Karriere in Nazi-Deutschland war Heesters von den niederländischen Bühnen jahrzehntelang boykottiert worden. Er beteuerte stets, in der NS-Zeit keine politischen Filme gedreht zu haben. Am 16. Februar 2008 hatte Heesters seinen ersten Auftritt nach fast einem halben Jahrhundert in seiner Geburtsstadt Amersfoort.

"Ich hab mein Leben gelebt und bin zufrieden mit meiner Karriere, ich habe mich auch stets bemüht, den Weg meines Lebens gerade zu gehen, auch im Sturm der Zeit“, sagte Heesters rückblickend. Seinen künstlerischen Nachlass hat er der Berliner Akademie der Künste vermacht.

Nachruf zum Tod von Johannes Heesters

"Man hört nur von anderen, dass man alt wird“, sagte Johannes Heesters 2007 im Abendblatt-Interview. Da saß er, 103 Jahre alt, beinahe vollständig blind, aber putzmunter und hellwach im Kopf am Tisch seines Hauses in Starnberg. Und argumentierte gegen alle Vorurteile an, in seinem Alter müsse man doch nicht mehr auf der Bühne stehen. Kurz darauf sang er einen Liederabend in den Hamburger Kammerspielen. Nicht mehr vollständig textsicher, aber es machte ihm offenkundig Spaß, er blühte auf, empfing bestens gelaunt Gäste in der Garderobe, gab Autogramme.

2008 kam er für die die kurze Rolle des Kaisers im „Weißen Rössl“ in der Komödie im Winterhuder Fährhaus noch einmal nach Hamburg. Und feierte hier seinen 105. Geburtstag – natürlich im Theater; er spielt auch an diesem Abend. Standing ovations im ausverkauften Haus – und alle, die gekommen waren, das Weltwunder des ältesten noch aktiven Schauspielers der Welt zu bewundern, wussten nicht, was ihnen mehr imponierte: sein Methusalem-Alter oder die Lebensleistung des charmanten Schauspielers, Sängers und Entertainers. Am 24. Dezember ist Johan Marius Nicolaas Heesters dann doch noch gestorben, im Alter von 108 Jahren in Starnberg. 2012 hätte er sein 90. Jahr auf der Bühne feiern können.

Seine Paraderolle, die er angeblich mehr als 1600-mal spielte, war die des charmanten Machos – in ihrer Reinform der Graf Danilo aus der „Lustigen Witwe“, als den ihn schon Adolf Hitler in den späten 30er-Jahren mehrfach außerordentlich bewunderte. Das Outfit des Gentleman-Verführers – Frack, Fliege, weißer Seidenschal, Zylinder, Spazierstock mit silbernem Knauf und immer ein Glas Champagner in der Hand – passte ihm so perfekt, als sei er darin zur Welt gekommen. So kannte und liebte ihn ganz Deutschland. Denn hierher, nach Berlin, war der am 5. Dezember 1903 in Amersfoort in den Niederlanden geborene Heesters im Jahr 1936 gekommen, um seine 1921 begonnene Schauspielerkarriere fortzusetzen. Beste Möglichkeiten für ihn gab es hier, nicht nur aufgrund seines Könnens, seiner ersten Filmerfahrungen, seiner einschmeichelnden Tenor-Stimme mit dem hübschen, holländischen Akzent und seiner blendenden Erscheinung. In Nazi-Deutschland wurden aufgrund der 1935 erlassenen „Nürnberger Gesetze“ auch viele Künstler jüdischer Herkunft aus ihren Berufen entfernt und verfolgt; sie hinterließen gewaltige Lücken im Kulturleben.

+++ Das geschah in Heesters Geburtsjahr 1903 +++

Heesters drehte bis 1944 mehr als 20 Spielfilme – Durchhaltefilme in einer Zeit, in der das kleine Glück für viele Deutsche längst weggebombt und von den Verlusten an den Fronten überschattet war. Trotzdem wurden seine Lieder Evergreens der Herz- und Schmerz-Sparte: „Ich werde jede Nacht von Ihnen träumen“, „Jede Frau hat ein süßes Geheimnis“, „Da geh ich ins Maxim“, „Man müsste Klavier spielen können“, „Ein Glück, dass man sich so verlieben kann“, „Durch dich wird diese Welt erst schön“ – ganze Generationen haben diese Songs einzig so im Ohr, wie er sie mit seinem unnachahmlichen Akzent gesungen hat. Heute bleiben solche romantischen Flirtversuche und Liebeserklärungen schon allein deswegen ungesagt, und den Zylinder hat auch keiner mehr im Schrank.

Natürlich geriet der gefeierte Filmstar in gefährliche Nähe zum NS-Regime, das sich gern mit ihm schmückte, ihm Spitzengangen garantierte, ihn auch zu gern zum Vorzeige-Deutschen gemacht hätte und auf der Liste unabkömmlicher Künstler, der sogenannten „Gottbegnadeten-Liste“, vor dem Kriegsdienst bewahrte.

Er selbst beschrieb sich immer wieder als distanzierten, manchmal sogar spitzzüngigen Künstler ohne besondere Sympathien für Hitler, Goebbels & Co. Er trat bei Gastspielen in Holland auch noch während des Dritten Reichs mit jüdischen Künstlern auf und wurde deshalb vom deutschen Propagandaminister zur Rede gestellt. In Heesters’ Erzählung klingt das kühl; man wurde aber, wenn er viele Jahrzehnte später über „den Herrn Hitler“ und „den Herrn Doktor Goebbels“ sprach, nie das Gefühl los, dass er gar nicht wirklich realisieren wollte, welches Unheil und welche Gewalt sie über Deutschland gebracht haben. In seiner Stimme schwang immer noch eine Spur Respekt mit. So ist auch ganz einfach zu erklären, dass er 2008 in Hamburg noch einem holländischen Satire-Team erklärte, der Hitler sei ein guter Kerl gewesen.

Die Aufregung, die nach dieser Äußerung losbrach, ging aufgrund seines hohen Alters sicher fehl. Sie zeigte aber auch einen unverarbeiteten Mangel an Verständnis und an Mitgefühl für die Opfer des Gewaltregimes. Glaubwürdige Bekundungen aufrichtigen Bedauerns ihrer Schicksale oder das Eingeständnis, einem verbrecherischen Regime auf den Leim gegangen zu sein, waren von ihm – wie von anderen Künstlern der Sonnenseite von Nazi-Berlin – nicht zu hören.

Stattdessen kämpfte er hartnäckig vor Gerichten gegen die Behauptung, bei einem Besuch im mörderischen Konzentrationslager Dachau 1941 nicht vor den SS-Wachmannschaften aufgetreten zu sein. Ganz so, als wäre erst ein Auftritt der Fehltritt gewesen… Das Regime hatte sich seiner auch da und ganz ohne Auftritt zu Propagandazwecken bedient. Heesters dokumentierte mit seinen Einlassungen zumindest mangelhafte historische Einsicht. Die wird ihm auch in seiner Heimat, wo man gern das eigene Kollaborieren mit den NS-Besatzern retuschierte, lange nachgetragen – erst spät konnte er dort ohne öffentliche Anwürfe auftreten.

Johannes Heesters hatte das Glück, bei der Einführung des Tonfilms wie des Fernsehens in vorderster Front dabei zu sein. So gelang es ihm, seine Popularität über das Kriegsende hinweg zu retten und in einer atemberaubenden Kontinuität zu einem der großen Unterhaltungskünstler der jungen Bundesrepublik zu werden. Für ihn ging das Leben nach dem Krieg weiter, als sei nichts passiert. Seine Mitwirkung im Nazi-Entertainment wurde nicht gegen ihn ausgelegt; er machte Fernsehkarriere, wurde mit Preisen und Ehrungen überschüttet und wuchs schließlich langsam hinein in die Rolle, seine eigene Legende zu sein. Elegante Verführer sind längst Mangelware, schmachtend singende Verehrer mit holländischem Akzent weitgehend out, und viele Grafen erweisen sich am Ende als adoptierte Schnösel. Heesters blieb, was er war – Frack, Zylinder, weißer Schal. Er wurde Kult, ein Denkmal der Beständigkeit, das am Ende unvergänglich und sogar vom Tod vergessen schien. So machte er einfach immer weiter, tat das, was er immer getan hatte: auftreten, spielen, singen.

In einem Fitnessstudio sorgte er dafür, dass sein Körper nicht abbaute, sein Stimme trainierte er genauso – sie war kräftig bis zuletzt.

Im privaten Leben war der große Leinwand-Verführer ein Familienmensch – 1930 heiratete er sein Frau Louise, die Ehe bestand bis zu ihrem Tod 1985; aus ihr gingen zwei Töchter hervor: die Pianistin Wiesje Herold-Heesters, die in Wien lebt, und die Hamburger Schauspielerin Nicole Heesters, die zwölf Jahre jünger ist als Heesters zweite Ehefrau Simone Rethel. Die heiratete er 1992, da war er 89 Jahre alt. Damals auf den Altersunterschied von 46 Jahren mit der lauernden Frage angesprochen, ob er sich denn noch Kinder vorstellen könnte, antwortete Heesters mit einem großartigen Konter: „Och, das hat noch Zeit!"