Hamburg. Die Wirtschaftsvertretung wirbt auf der Weltklimakonferenz für besonders ehrgeizige Ziele. VNW-Chef warnt: Das wird teuer für Mieter.

Der Kampf gegen den Klimawandel steht angesichts von Krisen, Kriegen und politischen Umwälzungen wie denen in den USA weltweit unter Druck. Die Handelskammer Hamburg vertritt dagegen die Haltung, dass Investitionen in eine klimaneutrale Wirtschaft langfristig sogar die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen erhöhen, und plädiert dafür, das Ziel der Klimaneutralität von 2045 auf 2040 vorzuziehen. Während sie diese Botschaft aktuell auf der Weltklimakonferenz „COP29“ in Baku (Aserbaidschan) vertritt, gibt es daheim auch Kritik an diesem Kurs.

„Die Energiewende darf nicht misslingen, sie ist die Grundvoraussetzung für eine starke, klimaneutrale Wirtschaft“, sagte Malte Heyne, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, im Zuge der Weltklimakonferenz. „Unternehmen, die frühzeitig in nachhaltige Technologien und Prozesse investieren, profitieren langfristig.“ Dies habe die Hamburger Wirtschaft erkannt.

Lässt strengerer Klimaschutz die Mieten in Hamburg steigen?

Beispiele für konkrete Initiativen und Maßnahmen seien: der Umstieg des Lkw-Verkehrs im Hafen auf E-Antriebe, die Möglichkeit für kleine und mittlere Unternehmen, gemeinsam grünen Strom einzukaufen, oder die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft des produzierenden Gewerbes in Hamburg, mit mehr Recycling und weniger Abfallprodukten, so die Kammer. Sie fordert dafür mehr Freiheiten für unternehmerische Initiativen.

Der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg, Malte Heyne (M.), mit Saskia Möller vom Handelsunternehmen Gebr. Heinemann und Maximilian Webers (Colipi GmbH) auf der Weltklimakonferenz „COP29“ in Baku, Aserbaidschan.
Der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg, Malte Heyne (M.), mit Saskia Möller vom Handelsunternehmen Gebr. Heinemann und Maximilian Webers (Colipi GmbH) auf der Weltklimakonferenz „COP29“ in Baku, Aserbaidschan. © HANDELSKAMMER HAMBURG | HANDELSKAMMER HAMBURG

Auf Einladung des Auswärtigen Amtes hat die Handelskammer in Baku ein Diskussionsforum zum Thema Dekarbonisierung organisiert und dargestellt, wie Hamburger Unternehmen daran arbeiten. Dabei zeigte sich Maximilian Webers, Chef der Colipi GmbH, überzeugt: „Die unvermeidliche Bepreisung von CO2-Emissionen wird dazu führen, dass einige traditionelle Wertschöpfungsketten unprofitabel werden – beispielsweise die Produktion von Schmierstoffen auf Basis fossiler oder pflanzlicher Öle, wie sie auch in Hamburg eine Rolle spielen.“ Dies schaffe Raum für nachhaltig produzierte Öle. Das Start-up Colipi stellt vor allem klimaneutrales Palmöl her.

Klimaneutralität von 2045 auf 2040 vorziehen? Das sorgt für Kritik

Doch die ehrgeizigen Ziel der Kammer sorgen auch für Kritik. Andreas Breitner, Direktor des Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), stört sich daran, dass die Wirtschaftsvertretung mittlerweile ambitioniertere Klimaschutzziele verfolgt als der rot-grüne Senat und damit indirekt die Volksinitiative „Hamburger Zukunftsentscheid“ unterstütze.

„Es überrascht uns, dass sie ohne ausreichende Rücksprache mit der Wohnungswirtschaft die Ziele der Volksinitiative unterstützt und selbst dafür plädiert, das Erreichen der Klimaneutralität von 2045 auf 2040 vorzuziehen“, sagte Breitner dem Abendblatt. „Statt einen Überbietungswettbewerb brauchen wir Klimaschutz mit Herz und Verstand.“

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Diesen Kurs der Kammer könnten die VNW-Unternehmen, die rund 330.000 günstige Wohnungen in Hamburg anbieten, „nicht mittragen, weil er nicht vertretbare Kosten verursacht, die soziale Vermieter in ihrer Existenz gefährdet, das bezahlbare Wohnen bedroht und damit den Interessen Hunderttausender Mieterinnen und Mieter in Hamburg zuwiderläuft“, so Breitner.

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Seine Rechnung: Die 32 Milliarden Euro, die einer Studie zufolge nötig sind, um Hamburgs rund eine Million Wohnungen bis 2045 klimaneutral zu machen, würden die Mieten ohnehin um rund drei Euro pro Quadratmeter steigen lassen. Müsste diese Summe fünf Jahre schneller investiert werden, würden die Mieten um rund einen weiteren Euro steigen. Breitner: „Das hätte die Handelskammer bedenken müssen.“