Hamburg. Umweltinitiativen feiern „erfolgreichstes Volksbegehren der letzten zehn Jahre“. Was geplant ist und welche prominenten Unterstützer es gibt.

Jubel bei Fridays for Future und den Hamburger Umweltverbänden: Das Bündnis hat am Montagmorgen 106.374 Unterschriften für eine Verschärfung des Klimaschutzgesetzes in Hamburg gesammelt. Das sind mehr als genug, um die gesetzlich vorgesehene Hürde von 65.800 Unterschriften zu schaffen, selbst wenn einige ungültige Unterschriften dabei sind. Am Morgen übergab die Initiative die Unterschriften offiziell dem Landeswahlamt. Mit dem erfolgreichen Volksbegehren nimmt der sogenannte Zukunftsentscheid die zweite Hürde auf dem Weg zur Änderung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes. 

„Mit über 100.000 Unterschriften ist der Hamburger Zukunftsentscheid das erfolgreichste Volksbegehren der letzten zehn Jahre“, sagte Lou Töllner, Sprecherin für den Hamburger Zukunftsentscheid, am Montag. „Das war nur möglich durch den unermüdlichen Einsatz von rund 600 Freiwilligen, die in allen Hamburger Bezirken Unterschriften gesammelt haben.“

„Zukunftsentscheid“: Hamburginnen und Hamburger können über Klimaschutz abstimmen

Jetzt sind die Hamburgerinnen und Hamburger am Zug. Sie werden beim Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl im September 2025 darüber abzustimmen haben, ob sie eine Verschärfung des Klimaschutzes wünschen. Die Initiatoren wollen konkret auf die Klimapolitik des rot-grünen Senats in der Hansestadt Einfluss nehmen. So soll Hamburg bereits bis 2040 zur klimaneutralen Stadt werden – fünf Jahre früher, als vom Senat geplant.

Um die Ziele zu erreichen, soll es jährlich für Verkehr, Industrie, private Haushalte und Gewerbe/Handel/Dienstleistungen festgelegte Obergrenzen für den Ausstoß von CO2 geben. Die Klimapolitik des rot-grünen Senats hält Fridays for Future für unzureichend. Unterstützung kommt unter anderem vom Umweltverbund Nabu, der Gewerkschaft Ver.di und dem Mieterverein zu Hamburg.

Parallel zur Bundestagswahl im Jahr 2025 dürften die Hamburgerinnen und Hamburger aufgefordert sein, in einem Volksentscheid über den richtigen Klimaschutz abzustimmen.  Zunächst aber muss sich nun die Bürgerschaft mit dem Volksbegehren befassen. Sollte sie wider Erwarten den von der Initiative eingereichten Gesetzestext übernehmen, würde der Volksentscheid obsolet. eingesammelt.

Eine prominente Schauspielerin unterstützt das Klimaschutz-Bündnis

Unterstützung findet die Initiative mittlerweile auch vom FC St. Pauli, der Hamburger Kunsthalle und dem Schauspielhaus, so Fridays for Future. So ist auch Schauspielerin Lina Beckmann dabei. Sie hatte geworben: „Es gibt Sachen, die haben einfach keinen Haken, da ist alles richtig dran und gut! In einer Zeit wie dieser, ist es da nicht das Einfachste, mit einer kleinen Unterschrift ein großes Zeichen zu setzen und Dinge verändern zu können?“

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Das Bündnis aus Fridays for Future, Nabu, Ver.di, dem Mieterverein zu Hamburg und anderen will den Senat auf einen „sozial gerechten, wissenschaftsbasierten und wirtschaftlich ausgewogenen Klimaschutz in Hamburg verpflichten und der Hamburger Klimapolitik einen verlässlichen Rahmen geben“. Man wolle eine Klimapolitik, die „fair, verbindlich, zuversichtlich“ sei, hieß es am Montag. „ Dafür verankern wir jährliche Klimaziele, die Klimaneutralität 2040 und die verpflichtende Sozialverträglichkeit der Klimaschutzmaßnahmen im Gesetz“, so Lou Töllner. Klimaschutz und soziale Anliegen dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden”, so Töllner.

Montagmorgen: Vertreterinnen und Vertreter der Volksinitiative „Hamburger Zukunftsentscheid“ tragen die Kartons mit den Unterschriften in das Landeswahlamt Hamburg.
Montagmorgen: Vertreterinnen und Vertreter der Volksinitiative „Hamburger Zukunftsentscheid“ tragen die Kartons mit den Unterschriften in das Landeswahlamt Hamburg. © dpa | Marcus Brandt

„Kern unseres Gesetzentwurfs sind jährliche Ziele, gesetzlich verpflichtende Sozialverträglichkeit von Klimaschutzmaßnahmen sowie Klimaneutralität 2040“, hatte Annika Rittmann, Sprecherin von Fridays for Future in Hamburg, zum Start der Volksinitiative angekündigt. Jeder Hamburger und jede Hamburgerin müsse die Möglichkeit haben zu verstehen, was die Politik tut, um die Klimakrise einzudämmen.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Jenny Jasberg nannte die Aussicht auf einen Volksentscheid im kommenden Jahr eine „spannende Entwicklung und nicht zuletzt auch ein gutes Signal in Zeiten häufiger Extremwetterereignisse und neuer Rekordtemperaturen“. „Hamburg sollte sich an den Zielen des Zukunftsentscheids orientieren und bereits 2040 klimaneutral werden“, wie die Grünen dies bereits bekräftigt hätten.

Die Ziele der Initiative seien auf den ersten Blick ehrenwert, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. Auch die SPD wolle einen ambitionierten Klimaschutz, der Beschäftigung und sozialen Zusammenhalt sichere. Deshalb habe Rot-Grün „einen äußerst ambitionierten Klimaplan vorgelegt, mit dem die Klimaneutralität bis 2045 erreicht wird“. Schon dieser Plan bedeute eine enorme Kraftanstrengung. „Will man nun, wie die Initiative fordert, fünf Jahre schneller sein, hat das gewaltige Auswirkungen auf den Umfang der zu ergreifenden Maßnahmen“, warnte er.