Hamburg. Warum die deutsche Firma sich zu diesem Schritt entschloss. Und wie viele Riesenflieger schon als Einzelteile verkauft wurden.
- Nachfrage nach Ersatzteilen ist gestiegen
- Nur Emirates kaufte A380 in großem Stil
- Rund zwei Dutzend A380 bereits verschrottet
Für den A380 schien mit der Corona-Krise und dem wegbrechenden Flugverkehr das Aus schon besiegelt oder sich zumindest zu beschleunigen. Bei so mancher Airline feierte der Riesenairbus aber ein überraschendes Comeback, weil die Ticketverkaufszahlen schneller stiegen als während der Pandemie gedacht. Selbst die Lufthansa holte das größte Passagierflugzeug der Welt zurück in die Flotte, obwohl Vorstandschef Carsten Spohr dies kategorisch ausgeschlossen hatte.
Eine deutsche Firma geht nun allerdings wieder den umgekehrten Weg. Die Finanzierungsgesellschaft EastMerchant Capital hat drei A380 in der jüngeren Vergangenheit sogar gekauft, um sie zerlegen und in Einzelteilen verkaufen zu lassen – vulgo: verschrotten. Vor Kurzem habe man dafür einen Vertrag mit Tarmac Aerosave geschlossen, teilten die Leipziger mit.
Riesenairbus: Unternehmen kauft drei A380, um sie verschrotten zu lassen
„Die Vorbereitung dieses Projekts mit Tarmac Aerosave und die Nutzung ihrer Erfahrungen mit dem A380 waren ermutigende Elemente, um voranzukommen und die Gelegenheit zum Kauf dieser Flugzeuge zu nutzen“, sagte EastMerchant-Geschäftsführer Baldur Vander.
Mit der Rückkehr in die aktiven Flotten sei auch die Nachfrage nach Ersatzteilen gestiegen, hieß es in der Pressemitteilung. Diese Nachfrage habe EastMerchant erkannt. Daraufhin habe man beschlossen, drei A380 von Vorbesitzern zu kaufen. Diese sollen aber nicht mehr für den aktiven Flugbetrieb eingeplant, sondern die wichtigsten Teile auf dem Sekundärmarkt verkauft werden – vermutlich mit Gewinn.
EastMerchant kauft drei A380, um sie zu verschrotten
Zu den finanziellen Konditionen und Zeitpunkten der Käufe machte das Unternehmen keine Angaben. Für welche Airline(s) die drei Maschinen früher flogen und wer Vorbesitzer war, wollte EastMerchant ebenfalls nicht mitteilen. Die Leipziger verwiesen zwar auf ihre Partnerschaft mit Crianza Aviation, die sich wiederum 2016 als erste Flugzeugfinanzierungsgesellschaft für den koreanischen Luftverkehrsmarkt gegründet hat – allerdings gehören auch Fluglinien aus anderen Staaten zu dem Crianza-Kundenkreis.
„Wir freuen uns, weiterhin an einem so ikonischen Flugzeug zu arbeiten und dazu beizutragen, die Lebensdauer der übrigen Flugflotte zu verlängern und gleichzeitig das zu recyceln, was nach unserem besten Wissen sein muss“, sagte Tarmac-Aerosave-Chef Alexandre Brun. Den Vertrieb der Teile übernimmt das englische Unternehmen Skyline Aero.
Die drei A380 werden bei Airbus-Tochterfirma verschrottet
Tarmac Aerosave ist ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem Airbus und das Entsorgungsunternehmen Suez jeweils 33,6 Prozent der Anteile halten. Dem ebenfalls französischen Konzern Safran gehören die restlichen 32,8 Prozent. Drei A380 sollen nun in den kommenden Monaten im südfranzösischen Tarbes zerlegt und recycelt werden, um Ersatzteile für den Riesenairbus zu liefern.
Der Standort nördlich der Pyrenäen gilt als klimatisch gut geeignet für das Unterstellen von Flugzeugen. Während der Corona-Pandemie nutzten die Airlines den Airport daher gern zum Langzeitparken (Storage). Die Maschinen müssen dafür allerdings zunächst vorübergehend flugunfähig gemacht werden. Dafür werden zum Beispiel Flüssigkeiten abgelassen, Triebwerke mit Planen geschützt und Schlitze verklebt, damit keine Vögel oder Insekten darin nisten.
Airbus-Tochter Tarmac Aerosave nahm 29 A380 wieder in Betrieb
In den vergangenen drei Jahren habe die Firma, die auch in Toulouse und Teruel (Spanien) aktiv ist, 29 A380 wieder in den Betrieb genommen – auch dafür sind umfangreiche Arbeiten notwendig und zahlreiche Checks, bei denen die Riesenairbusse zeigen müssen, für den operativen Betrieb wieder bereit zu sein.
Der Weitervermietung oder Verkauf des größten Passagierflugzeugs der Welt hat bisher Seltenheitscharakter. Die portugiesische Fluglinie Hi Fly sicherte sich im Sommer 2018 als Erster einen ausrangierten A380 und wurde der 15. Betreiber, der den Riesenairbus in die Flotte aufnahm. Der Jet war zuvor zehn Jahre lang für Singapore Airlines geflogen. Kreuzfahrttouristen und Pauschalurlauber sollten mit ihm befördert werden. Doch gut zwei Jahre später – mitten in der Corona-Krise – wurde das Experiment beendet.
A380 – warum der Gebrauchtmarkt nicht anspringt
Anfang 2024 übernahm das britische Start-up Global Airlines vom US-Flugzeugverwerter Jet Midwest einen A380, der einst für China Southern flog. Dieser wird derzeit umfangreich bei den Elbe Flugzeugwerken in Dresden technisch unter die Lupe genommen, um ihn für den Flugbetrieb mit Passagieren wieder fit zu machen. Global Airlines will damit von England in die USA fliegen. Den Kauf weiterer Maschinen hatte die neu gegründete Fluglinie vermeldet – Details wurden bisher nicht publik.
Ein wirklicher Gebrauchtmarkt für den Flieger ist bisher also nicht zustande gekommen. Der vierstrahlige und entsprechend viel Sprit verbrauchende Riesenjet gilt von den Betriebskosten als teurer als Konkurrenzmodelle wie der A350 oder auch Boeings moderne Langstreckenflieger.
Nur Emirates kaufte A380 in großem Stil
Zudem ist der bis zu 853 Passagiere fassende, aber zumeist mit rund 500 Sitzen ausgestattete Flieger zu groß, um auf vielen Strecken eine hohe Auslastung zu erreichen. Das schreckte Fluglinien vom Kauf weiterer Jets ab, sodass Airbus im Jahr 2021 den letzten gebauten A380 an den Hauptkunden Emirates auslieferte und die Produktion einstellte.
Die arabische Fluglinie nahm 123 Flieger bei Airbus ab und ist wohl die einzige, die mit ihm dank ihres Heimatflughafens Dubai als Drehscheibe zwischen den Kontinenten ein lukratives Geschäftsmodell im großen Stil aufbauen konnte. Bei der Finanzierung arbeitete sie auch mit Fondshäusern zusammen, die die Flieger kauften und an Emirates verleasten.
Emirates kauft Leasingfirmen mehrere A380 ab
Im Sommer kündigte Emirates die Übernahme von sechs dieser A380 an, indem sie der in Guernsey beheimateten Fondsgesellschaft Doric Nimrod Air Two fünf Exemplare und dem Offenbacher Fondshaus Doric einen A380 abnahm. Stückpreis: jeweils 40 Millionen Dollar (rund 37 Millionen Euro). Damals wurde auch bekannt, dass Emirates bereits 2023 zwei A380 von Doric Nimrod Air Two gekauft hatte.
Auch weil die als Ersatz vorgesehene Boeing 777-X mit jahrelangen Lieferverzögerungen kämpft, will Emirates den Riesenairbus noch bis weit in die 2040er-Jahre hinein fliegen. Das wird viel Material verschleißen, für das Ersatz benötigt wird. Laut dem Branchenportal Airfleets.net, bei dem man sich die Flotten aller Airlines anschauen kann, gelten drei A380 von Emirates derzeit als verschrottet. 15 sollen sich im Storage befinden, drei sind für kürzere Zeit geparkt und gut 100 im aktiven Flugbetrieb.
A380 – Branche braucht laut Lufthansa-Chef die Ersatzteile
Bei der Lufthansa sind sechs von einst 14 Riesenairbussen verschrottet. Vorstandschef Spohr hatte zu Jahresanfang gesagt, dass von diesen „nicht mehr viel über ist, weil wir alle in der Branche die Ersatzteile gebraucht haben. Auch wir mussten auf diese Teile zurückgreifen und in die acht Flugzeuge einbauen, die fliegen.“
Von 24 Maschinen sind beim einst zweitgrößten A380-Betreiber Singapore Airlines laut Airfleets.net acht verschrottet. Fünf gelten als gestored, eine wurde an HiFly verkauft und zehn sind in der aktiven Flotte. Etihad hat vier von zehn im „Storage“, die anderen fliegen.
A380 – rund zwei Dutzend Maschinen dürften schon verschrottet sein
Bei Korean Air sind von einst zehn A380 fünf noch im operativen Betrieb, drei verschrottet und zwei langzeitgeparkt. Die sechs des nationalen Konkurrenten und – so ist es geplant – baldigen Fusionspartners Asiana Airlines gelten noch als aktiv. Alle ausgelieferten A380 sind auch bei British Airways (zwölf Stück) und All Nippon Airways (drei) noch in der aktiven Flotte.
Air France nahm hingegen alle ihre zehn A380 aus dem operativen Betrieb. Sieben befinden sich im Storage, drei sind bereits in ihre Einzelteile zerlegt. Von Malaysia Airlines sind alle sechs Maschinen im Storage bei Airbus, an einer haftet das Etikett „für die Verschrottung vorgesehen“. Bei Thai Airways sind alle sechs A380 im Storage. Bei Qatar Airways sind zwei von zehn im Storage, zwei geparkt und sechs aktiv. Von Qantas gilt eine als zerlegt, eine als geparkt, drei gelten als gestored und sieben als aktiv.
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Unterm Strich sind also rund zwei Dutzend Maschinen schon verschrottet – und es werden mehr. Von den fünf China Southern-Maschinen ist eine im Storage bei Jet Midwest und drei stehen dort, damit sie verschrottet werden. Das fünfte Exemplar ist der von Global Airlines gekaufte Jet – bei dem die Branche gespannt darauf wartet, ob und wann das Start-up erstmals mit zahlenden Passagieren startet.