Hamburg. Weltgrößtes Passagierflugzeug fliegt inzwischen wieder auf vielen Strecken. Was Lufthansa, Emirates und andere Airlines genau vorhaben.
Kurz nach dem Start des A380 vom Flughafen in Los Angeles neigte sich das größte Passagierflugzeug der Welt zunächst deutlich nach rechts, dann nach links. Das Flugmanöver schlug Anfang März hohe Wellen in den Onlinemedien. Eine Gefahr für die Flugsicherheit bestand angesichts der Schräglage wohl eher nicht. Der verantwortliche Lufthansa-Pilot wollte auf seinem letzten Flug vor dem Ruhestand mit der Hunderte Tonnen schweren Maschine zum Abschied nur einmal winken.
Zu Beginn der Corona-Krise sah es so aus, als ob man dem Riesen-Airbus recht bald „Tschüs“ sagen und winken müsse. Der Luftverkehr war wegen der Pandemie weitgehend lahmgelegt, vor allem auf den Langstrecken erwarteten viele Fluglinien einen jahrelangen Einbruch. Die „Königin der Lüfte“ mit Platz für bis zu 853 Passagiere wirkte da völlig aus der Zeit gefallen.
Comeback: A380 – so planen die Fluglinien mit dem Riesen-Airbus
Doch die Passagiernachfrage stieg schneller als erwartet. Plötzlich wurde der ausrangierte Vierstrahler wieder gebraucht, feierte bei immer mehr Fluglinien ein Comeback und ist aktuell fester Bestandteil ihrer Flotten. Im Februar schloss das Hamburger Unternehmen Lufthansa Technik in seinem Werk auf den Philippinen erstmals einen Zwölf-Jahres-Check bei einem A380 ab.
Die unter dem Kennzeichen D-AIMC fliegende Maschine der Konzernmutter ist nun wieder zurück im operativen Betrieb. Der erste Linienflug ging es von München nach Bangkok. Es ist der fünfte A380 der Kranich-Linie, der wieder einsatzfähig ist. Und bald sollen es sechs sein. Die Techniker in Manila beschäftigt derzeit die D-AIMH. Erneut steht ein Zwölf-Jahres-Check an.
Lufthansa will im Sommer sechs ihrer acht A380 einsetzen
Mike Hotel – wie der Flieger nach dem Piloten-Alphabet genannt wird – „wird noch ab diesem Sommer ab München eingesetzt“, sagte eine Lufthansa-Sprecherin unserer Redaktion: „In diesem Sommer werden wir mit sechs A380 fünf Ziele anfliegen.“ Auf der Liste stehen neben Los Angeles der New Yorker Flughafen John F. Kennedy, Washington und Boston in den USA sowie Delhi in Indien.
Aber auch der siebte und achte A380 mit dem Kranich-Logo auf dem Seitenleitwerk sollen in den Flugbetrieb zurückkehren. Noch stünden beide Maschinen im spanischen Teruel zum Langzeitparken (Storage) seit der Corona-Krise. Aber sie sollen wahrscheinlich ab dem nächsten Jahr wieder ab München eingesetzt, so die Sprecherin. München ist die Basis für alle A380 der Lufthansa.
Zwei weitere A380 will Lufthansa 2025 reaktivieren
Damit wird Deutschlands größte Fluglinie acht A380 zurück in die Luft bringen – dabei waren die Pläne ganz andere. Bereits im März 2019 hatte man die Rückgabe von sechs Exemplaren an Airbus bekannt gegeben, im Gegenzug wurden 20 Maschinen vom Typ A350 gekauft. Seit dem vergangenen Jahr sind diese sechs A380 wieder beim Hersteller.
Noch im August 2021 sagte Airline-Chef Carsten Spohr: „Der A380 kommt natürlich nicht zurück.“ Einen Sommer später entschied der Vorstand, „dieses nach wie vor sehr beliebte Flugzeug ab Sommer 2023 bei Lufthansa wieder in Betrieb zu nehmen“. Nun soll im zweiten Halbjahr 2025 sogar für viel Geld eine neue Businessklasse eingebaut werden.
Boeings massive Lieferprobleme bei 777-X befeuern das A380-Comeback
Das liegt neben der überraschend schnell gestiegenen Ticketnachfrage an massiven Lieferverzögerungen. Als neues Flaggschiff hatte die Lufthansa wie andere Airlines auch Boeings 777-9 auserkoren. Doch diverse Probleme bei der Entwicklung und Zulassung verschoben die Erstauslieferung vom Jahr 2020 auf 2025. Und in der Branche gibt es nun sogar Zweifel an diesem Datum.
„Mit Pech“ werde die erste Auslieferung der 777-9 ins Jahr 2026 rutschen, sagte Emirates-Chef Tim Clark vor Kurzem der Nachrichtenagentur Reuters. Die arabische Fluglinie hat von dem Flugzeugtyp 205 Maschinen bestellt, darunter auch die für ultralange Strecken ausgelegte 777-8.
Emirates will den A380 noch zehn Jahre lang fliegen
Mit den Maschinen des US-Konzerns sollen die Weichen für die Zeit nach dem A380 gestellt werden – wann immer diese beginnt. „Der A380 wird auch in den nächsten zehn Jahren unser Flaggschiff bleiben“, sagte im vergangenen August Volker Greiner, der das Nord- und Zentraleuropa-Geschäft von Emirates managt. 15 Jahre zuvor war auf Finkenwerder der erste A380 an die arabische Fluggesellschaft ausgeliefert worden.
Mit 123 Exemplaren ist die Airline, die jahrelang Trikotsponsor des Fußballklubs HSV war, der Hauptabnehmer des Riesen-Airbus. Im Dezember 2021 erhielt sie an der Elbe auch den letzten jemals gebauten A380. Mangels Aufträgen hatte der europäische Konzern im Februar 2019 die Einstellung der Produktion angekündigt.
Emirates fliegt derzeit mit 104 A380 in 48 Städte
Sieben Maschinen musterte Emirates bisher aus. Entsprechend sind 116 Exemplare noch in der Flotte. In 67 Riesen-Airbusse ließ oder lässt die Airline eine neue Kabine einbauen – eine Milliardeninvestition. 104 flögen derzeit um den Globus, sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. 48 Städte in 30 Ländern stehen auf der Liste mit den Zielen. Die nicht benötigten Flieger stehen in Dubai.
Mit der Auslastung sei Emirates generell „sehr zufrieden“. In den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres habe sie bei 81,5 Prozent gelegen, auf den Flügen ab Deutschland im Sommer bei durchschnittlich rund 80 Prozent.
In ihre „Geburtsstadt“ kommt der Riesenflieger aber nicht zurück. Zumindest derzeit. Früher bediente Emirates die Strecke Dubai-Hamburg mit dem Airbus-Jet. Derzeit werde aus „betrieblichen Gründen“ zweimal täglich eine Boeing 777-300 ER eingesetzt. Ob sich das noch einmal ändern könnte, lässt der Sprecher offen.
Qantas spürt Wartungsengpässe beim A380-Comeback
Wie Emirates spürt auch Qantas eine hohe Nachfrage – hat aber ein Problem. Die australische Fluglinie muss das Angebot an internationalen Flügen von Mitte Juli bis Anfang Oktober kürzen. Es sei bei Lieferanten zu Verzögerungen und Lieferkettenproblemen gekommen, die sich auf die Pläne für routinemäßige umfangreiche Wartungsarbeiten und Kabinenmodernisierungen einiger Airbus A380-Flugzeuge auswirkten, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion.
Seit Beginn der Wiederöffnung der internationalen Grenzen nach der Pandemie habe man acht der einst zehn Riesen-Airbusse zurückgebracht. Bei einem dieser acht A380 soll die Innenkabine modernisiert werden, bei anderen ist in den kommenden Monaten eine umfangreiche Wartung geplant. Bei allen Vorhaben gibt es Verzögerungen. Bis Ende des Jahres plant Qantas, neun der Flieger aus dem Langzeitparken zurückgeholt zu haben.
Selbst Qatar Airways setzt den „teuren Spritfresser“ wieder ein
So eine Rückholaktion galt bei Qatar Airways als nahezu ausgeschlossen. Der langjährige Chef Akbar Al-Baker bezeichnete den Kauf des Riesen-Airbusses mehrfach als „größten Fehler“ in der Geschichte der Airline und als „teuren Spritfresser“. Doch mittlerweile fliegen unter einem neuen Unternehmensleiter acht der zehn Maschinen wieder und steuern von Doha Sydney, Perth, London-Heathrow, Paris und Bangkok an.
Perspektivisch wird das größte Passagierflugzeug der Welt allerdings keinen Platz in der Flotte der katarischen Fluggesellschaft haben. Der Vierstrahler solle in den kommenden Jahren schrittweise ausgemustert werden, um Platz für modernere und effizientere Flugzeuge zu schaffen, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Stattdessen will Qatar Airways mehr Airbus A350 und Boeing 777 einsetzen.
British Airways ist größter Betreiber des Riesen-Airbus in Europa
Größter Betreiber in Europa ist derzeit British Airways. Aus dem Langzeitparken sind alle zwölf Flieger zurück. Eingesetzt werden sie zum Beispiel nach Dubai, Johannesburg, Dallas, Los Angeles und San Francisco. Sie dürften noch einige Jahre im Einsatz bleiben. Die Briten planen ein Hunderte Millionen Pfund schweres Modernisierungsprogramm für die Kabine.
Singapore Airlines war mit 24 abgenommenen Maschinen zweitgrößter A380-Kunde. Die Hälfte davon ist noch in Betrieb. Einige Maschinen wurden schon vor Jahren an den Leasingpartner, das Dortmunder Fondshaus Dr. Peters, zurückgegeben, andere verschrottet oder befinden sich noch im Storage.
Etihad Airways braucht den Riesenjet auf der Strecke Abu Dhabi-London
Die Airline aus dem asiatischen Stadtstaat setzt die aktiven Flieger zum Beispiel von Singapur nach London-Heathrow, Delhi, Mumbai, Tokio-Narita, Hongkong, Auckland und Sydney ein. Im Sommerflugplan kommt auch Frankfurt wieder hinzu. Da alle zwölf aktiven A380 eine neue Kabine erhielten, dürfte auch Singapore den Jet noch lange nutzen.
Bei Etihad Airways galt ein Comeback des A380 eigentlich als ausgeschlossen. Doch seit Sommer 2023 fliegen vier der zehn Jets wieder, und zwar ausschließlich auf einer Strecke. „Das Flugzeug fügt die dringend benötigte Kapazität hinzu, um Abu Dhabi mit London-Heathrow zu verbinden, und ermöglicht es uns, unser Netzwerk auszubauen und die Frequenzen im gesamten Netzwerk zu erhöhen“, sagte damals Etihad-Chef Antonoaldo Neves.
Die „Meeresschildkröten“ fliegen zwischen Tokio und Honolulu
Die wohl auffälligsten A380 betreibt All Nippon Airways. Die japanische Fluglinie verkehrt im blauen, grünen und orangefarbenen Meeresschildkröten-Design zwischen Tokio-Narita und Honolulu. Der erste der drei A380 wurde erst im Mai 2019 ausgeliefert, ist also sehr jung und dürfte wohl noch einige Jahre im Dienst sein.
Bei Asiana Airlines gelten alle sechs A380 wieder als aktiv. Die koreanische Airline fliegt damit von Seoul nach Tokio-Narita, Los Angeles und Sydney. Die Fluglinie steht vor der Fusion mit dem nationalen Konkurrenten Korean Airlines, der noch sechs von einst zehn A380 in der Flotte hat und Los Angeles und New York ansteuert. Korean hatte das Aus für den Riesen-Airbus spätestens im Jahr 2026 geplant.
Vier Airlines musterten den A380 aus
Diesen Schritt gegangen ist man bereits bei der französischen Fluglinie Air France, die keinen ihrer zehn Riesenflieger mehr in der Flotte hat. Auch China Southern hat ihre fünf Flieger nicht mehr in Betrieb. Malaysia Airlines trennte sich von ihren sechs Stück und gab diese an eine Airbus-Finanzierungsgesellschaft zurück. Thai Airways flog ihre sechs Exemplare seit der Pandemie nicht mehr. Im vergangenen September startete die thailändische Fluglinie eine Auktion, um sie loszuwerden. Von einem Abnehmer hat man bisher nichts gehört.
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Vielleicht hat ja James Asquith Interesse. Der Engländer baut derzeit – begleitet von heftigen Zweifeln in der Branche an dem Gelingen des Vorhabens – die erste reine A380-Fluglinie namens Global Airlines auf. Den Kauf von vier Maschinen will das Airline-Start-up bereits vereinbart haben. Der erste A380, der früher für China Southern flog, hob vor Kurzem erstmals für Testflüge ab.
Kooperiert wird dabei übrigens mit der portugiesischen Charterairline Hi Fly, die bisher als Einzige einen gebrauchten A380 abnahm und für gut zwei Jahre bis Ende 2020 flog.
Wenn die Airlines ihre Pläne umsetzen, dürften mehr als 180 von einst 251 ausgelieferten A380 bald wieder um die Welt fliegen. Vom durch die Corona-Krise erwarteten Todesstoß ist der Riesen-Airbus also weit entfernt. Offenbar bleibt noch recht viel Zeit zum Winken.