Hamburg. Die arabische Fluglinie, Betreiber der größten A380-Flotte, schließt Verträge über mehrere Flugzeuge ab. Was dahinterstecken könnte.
Ein Verkaufsschlager war das größte Passagierflugzeug der Welt nie. 251 Exemplare des A380 wurden gebaut und an Fluggesellschaften übergeben. Zu wenige für den Hersteller Airbus, der deshalb Anfang 2019 keine zwölf Jahre nach der Erstauslieferung das Produktions-Aus für den Riesenjet ankündigte. Ein schnelles Ende für ein Flugzeugprogramm.
Auch der Gebrauchtmarkt für den Riesenairbus kam nie so recht in Schwung. Bekannt ist bisher, dass eine Maschine zweimal den Namen einer neuen Fluggesellschaft aufgetragen bekommen hat. In den vergangenen Wochen gab es aber gleich mehrere Eigentümerwechsel bei den Vierstrahlern: Emirates hat nach Informationen unserer Redaktion in kurzer Zeit sechs A380 gekauft.
A380: Emirates kauft alte Airbus-Maschinen – und macht aus den Gründen ein Geheimnis
Der große Vorteil der Deals: Umlackiert müssen die Maschinen nicht werden. Denn sie fliegen auch bisher schon im Design der Fluglinie aus den Vereinigten Arabischen Emiraten – sie gehörten aber Fondshäusern. Ein übliches Modell: Die Airlines kaufen die Flieger häufig nicht selbst, sondern mieten sie von Leasingunternehmen.
Die in Guernsey beheimatete Fondsgesellschaft Doric Nimrod Air Two gab vor Kurzem bekannt, dass man mit Emirates einen Kaufvertrag über fünf A380 abgeschlossen habe. Dabei sollen die Flieger mit den Seriennummern 105, 106, 107, 109 und 110 für jeweils 40 Millionen US-Dollar (36,2 Millionen Euro) an die Airline aus Dubai veräußert werden. Der Eigentümerwechsel erfolge zwischen dem 1. Oktober und dem 30. November, nach Auslaufen der mehrjährigen Mietverträge, hieß es.
Emirates bestätigt den Kauf von fünf Airbus A380 für zusammen 200 Millionen Dollar
„Emirates kann den Kauf von insgesamt fünf A380-Flugzeugen von Doric bestätigen“, sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. Der Betrag von 40 Millionen Dollar pro Maschine sei korrekt. Ansonsten gibt sich der Sprecher aber wortkarg. Auf die Fragen, warum man sich dazu entschlossen habe und ob der Ankauf weiterer A380 geplant sei, verweigert man die Auskunft.
Dabei ist der nächste Vertrag nach unseren Informationen bereits eingetütet. Auch der A380 mit der Seriennummer 103 wird für 40 Millionen US-Dollar von Emirates gekauft. Der Verkäufer ist in diesem Fall das Offenbacher Fondshaus Doric. Auf Anfrage bestätigte dessen Geschäftsführerin Sibylle Pähler die Transaktion: „Ich kann Ihnen bestätigen, dass diese sechs Flieger an Emirates zu dem obigen Preis bei Leasingvertragsende veräußert werden.“
Airbus A380 – hohe Betriebskosten, wenige Strecken
Anfang 2019 war der erste A380 elf Jahre nach seinem Linienflugdebüt für Singapore Airlines in seine Einzelteile zerlegt und verschrottet worden. Der Inhaber – das Dortmunder Fondshaus Dr. Peters – hatte nach Auslaufen des Leasingvertrags keinen Nachmieter gefunden.
Die Betriebskosten gelten als zu hoch, die Zahl der Strecken, auf denen man den für bis zu 853 Passagiere zugelassenen zweistöckigen Flieger vollbekommt, als sehr begrenzt. Das schreckt neue Kunden ab. Einige Airlines versuchten zum Teil jahrelang, sich von ihren Riesenairbussen zu trennen.
Warum kauft Emirates alte A380? Was dahinterstecken könnte
Stellt sich nun die Frage: Warum springt der Gebrauchtmarkt für den A380 nun doch an – zumindest bei Emirates? Ein wesentlicher Grund dürfte in befürchteten Lieferverzögerungen bei neuen Langstreckenflugzeugen liegen. So musste Boeing Mitte August das Testflugprogramm für sein 777-X-Programm unterbrechen, dessen erste Auslieferung für das kommende Jahr geplant ist.
An einem wichtigen Strukturteil zwischen Motor und Flügel waren Risse an der 777-X entdeckt worden. Die Fehlerbeseitigung können schnell zwei bis drei Monate dauern, hatte der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt gesagt: „Damit rutscht die Erstauslieferung des Fliegers sicherlich ins Jahr 2026.“
Emirates-Chef Clark befürchtet Verspätungen beim Nachfolgejet
Als Erstkunde ist zwar Lufthansa gesetzt, aber 2025 wollte eigentlich auch Emirates eine 777-X übernehmen. Doch bereits vor den ernsthaften Problemen im Testflugprogramm hegte Airline-Chef Tim Clark Zweifel am Zeitplan und hielt „eher Anfang 2026 für wahrscheinlich“. Boeing könne keine konkreten Terminzusagen für die Maschinen machen, kritisierte er. Sein Ärger dürfte besonders groß sein, weil er mehr als 200 777-X beim US-Konzern bestellt hat.
In der Branche heißt es, dass Emirates durch verzögerte Auslieferungen der Boeing 777-X mit Kosten von mehr als drei Milliarden US-Dollar rechnet, die vor allem durch Leasingvertragsverlängerungen und Modernisierungsmaßnahmen an älteren Flugzeugen entstehen.
Erstflüge mit neuem Airbus A350 musste Emirates verschieben
Aber auch beim Airbus A350 gibt es Lieferverzögerungen, sodass Emirates die Erstflüge mit der mit Passagieren gefüllten Maschine von Mitte September auf Anfang Dezember verschieben musste. Daher sieht sich Emirates offenbar genötigt, länger mit älteren (Langstrecken-)Jets um die Welt zu fliegen. Schließlich ist der Heimatflughafen Dubai eines der wichtigsten Luftdrehkreuze der Welt.
Das Fondshaus Doric Nimrod Air Two teilte übrigens mit, dass Emirates bereits im vergangenen Jahr ebenfalls A380 nach dem Auslaufen des Leasingvertrags übernommen habe. Die Seriennummern 77 und 90 seien für zusammen nach aktuellem Umrechnungskurs rund 70 Millionen Euro veräußert worden – in britischen Pfund blieb der Erlös mit jeweils um die 30 Millionen Pfund relativ stabil, die jüngeren A380 ließ sich Emirates jeweils gut eine Million Pfund mehr kosten.
Doric gehören noch vier weitere A380, die für Emirates fliegen
Doric hat übrigens noch vier weitere A380-Jets im Emirates-Design im Portfolio. Was mit ihnen passiert, ist offen. „Bezüglich der restlichen vier A380 Flieger werden wir zu gegebener Zeit berichten“, sagte Geschäftsführerin Pähler, „gegenwärtig läuft der Leasingvertrag ganz normal weiter.“
Gut möglich ist auch, dass Emirates die Riesenairbusse kauft, um ausreichend Ersatzteile zu haben. 123 Exemplare hatte die arabische Fluglinie übernommen, 116 sind noch in Betrieb. Darunter ist auch der letzte jemals gebaute A380, der im Dezember 2021 auf Finkenwerder ausgeliefert wurde.
Spürt Emirates bereits einen Engpass an Ersatzteilen für den A380?
Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte vor einigen Monaten gesagt, dass von den sechs A380 im Kranich-Design, die an Airbus zurückgegeben wurden, wohl nicht mehr allzu viel übrig sein dürfte, „weil wir alle in der Branche die Ersatzteile gebraucht haben“.
Ob Emirates bereits einen Engpass an Ersatzteilen spürt? Auch diese Frage beantwortet die Airline nicht. Massive Lieferverzögerungen in der Branche, auch bei Ersatzteilen, sind grundsätzlich bekannt. Klar ist auch, dass die arabische Airline den A380 noch bis in die 2040er-Jahre hinein fliegen und entsprechend eine Menge Teile verschleißen wird.
Auch Global Airlines wollte A380 von Doric kaufen – aber …
Die erste reine A380-Fluglinie steht hingegen immer noch in den Startlöchern. Global Airlines hat bisher erst einen A380 in der Flotte: eine ehemalige Maschine der Fluggesellschaft China Southern, die zuletzt dem US-Flugzeugverwerter Jet Midwest gehörte.
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Zwar gab es bereits im vergangenen Sommer mit Doric eine Absichtserklärung über den Kauf des A380 mit der Seriennummer 6, der bis 2018 für Singapore Airlines und anschließend für zweieinhalb Jahre für die portugiesische Charterairline Hi Fly geflogen war – der einzige A380, der bis heute für wechselnde Fluglinien in Betrieb war. Doch den Vollzug des Deals gibt es immer noch nicht. Geschäftsführerin Pähler: „Bislang wurde kein Vertrag abgeschlossen, darüber hinaus geben wir dazu keine weiteren Kommentare ab.“