Hamburg. Bruttoinlandsprodukt legt überraschend stark zu. Doch Außenhandel, Industrie und viele Insolvenzen bereiten Sorgen. Neue Details.
Statistiken zur wirtschaftlichen Lage in Hamburg haben zuletzt selten Positives vermeldet. Doch diese macht Hoffnung: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Hansestadt ist im ersten Halbjahr 2024 gegenüber den ersten sechs Monaten des Vorjahres nominal (in jeweiligen Preisen) um 5,4 Prozent gestiegen. Wie das Statistikamt Nord am Dienstag mitteilte, ergebe das inflationsbereinigt eine reale Steigerung der Wirtschaftsleistung um immerhin 2,2 Prozent.
Das BIP ist der Wert aller erzeugten Güter und Dienstleistungen in einer Region. Mit dem Plus von 2,2 Prozent hebe sich Hamburg deutlich von der Entwicklung auf Bundesebene ab, so die Statistiker: In Deutschland sei das Bruttoinlandsprodukt real um 0,2 Prozent gesunken.
Wirtschaft in Hamburg wächst, während sie bundesweit schrumpft
Als Gründe führten sie an, dass unter anderem bundesweit die Wirtschaftsleistung des Verarbeitenden Gewerbes real zurückgegangen sei, während in Hamburg ein Anstieg zu verzeichnen sei. Gleiches gelte für die Baubranche. Nach einer früheren Mitteilung des Statistikamts ist der Umsatz im Bauhauptgewerbe in Hamburg im ersten Halbjahr 2024 auf 1,1 Milliarden Euro gestiegen – 2,5 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten des Vorjahres. Nach Abzug der Inflation blieb immerhin noch ein Anstieg um 1,6 Prozent.
Positiv habe sich vor allem der Tiefbau entwickelt und hier wiederum vor allem die öffentlichen Aufträge, etwa für die Verbesserung von Schienenwegen und Brücken. Auch der Wohnungsbau habe preisbereinigt um 3,6 Prozent zugelegt. Das deckt sich mit einer Studie, wonach wieder mehr Wohnungsbautätigkeit in der Hansestadt zu verzeichnen ist.
Wohnungsbau in Hamburg entwickelt sich wieder positiver
Dass Hamburg sich positiver entwickelt als der Bund, entspricht auch der Erwartung von Finanzsenator Andreas Dressel (SPD): Seine Steuerschätzer hatten im Mai ein reales Plus beim BIP von 0,6 Prozent für dieses Jahr (Bund: 0,3 Prozent) und 1,2 Prozent (Bund: 1,0) für kommendes Jahr vorausgesagt. Zum Halbjahr lagen die Steuereinnahmen bereits deutlich im Plus.
Dennoch hatte es in den zurückliegenden Wochen überwiegend schlechte Nachrichten aus der Wirtschaft gegeben. So waren die Umsätze in den großen Industriebetrieben Hamburgs im ersten Halbjahr auf 47 Milliarden Euro zurückgegangen – preisbereinigt ein Rückgang um 4,4 Prozent, so das Statistikamt Nord. Verantwortlich war dafür vor allem die in Hamburg bedeutende Mineralölverarbeitung, die nominal um 9,0 Prozent auf 26 Milliarden Euro geschrumpft war. Das konnte andere Bereiche wie der Maschinenbau (plus 11,6 Prozent) nicht ausgleichen.
Industrie, Außenhandel, Insolvenzen: Diese Werte machen Sorgen
Auch im Außenhandel ist die Stimmung eher moll: Laut Statistikamt haben die Hamburger Unternehmen von Januar bis Juni 2024 Waren im Wert von 35,7 Milliarden Euro importiert – ein Rückgang von acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Haupttreiber dieses Rückgangs seien rückläufige Importe verschiedener Kupfererze, Mineralölerzeugnisse und Schiffe gewesen.
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Der Export blieb dagegen in der ersten Jahreshälfte mit rund 27 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr einigermaßen stabil, das Minus lag „nur“ bei 0,1 Prozent. Ebenfalls ein unschöner Indikator: Laut dem Statistikamt Nord hat das Insolvenzgericht Hamburg im ersten Halbjahr 428 entschiedene Anträge auf Unternehmensinsolvenz gemeldet – knapp ein Viertel mehr als im Vorjahr.