Hamburg. Wirtschaftsminister übergibt Förderung für Wasserstoffprojekte, die die Energie der Zukunft liefern sollen. Aber es gibt auch Kritik.
Der Plan des Senats ist ehrgeizig: Hamburg soll zu einer führenden Drehscheibe in Europa für grünen Wasserstoff werden – mutmaßlich ein entscheidender Energieträger der Zukunft. Zu sehen ist davon bislang allerdings noch nicht viel, doch das könnte sich nun ändern: Denn der Fördermittelbescheid über rund 280 Millionen Euro, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag symbolisch in Moorburg übergab, soll so etwas wie der Startschuss für das ambitionierte Projekt sein.
„Aus Vergangenheit entsteht Zukunft“, sagte Habeck mit Blick auf den laufenden Abriss des ehemaligen Kohlekraftwerks Moorburg. „Ein Standort, der einst die Gemüter erhitzt hat“, erinnerte der Grünen-Politiker an die kurze Geschichte des erst 2015 fertiggestellten und 2021 schon wieder stillgelegten Kraftwerks. Mit Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft werde Moorburg nun „ein zentraler Punkt für die Dekarbonisierung der Industrie und des Energiesektors in Hamburg und Deutschland“, so Habeck.
Robert Habeck in Hamburg: Moorburg soll saubere Energie für Industrie liefern
Auch Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) wählte große Worte: Moorburg sei „der Standort in Deutschland, an dem wir ein Versprechen für die Zukunft abgeben“ – nämlich für eine verlässliche Versorgung mit fossilfreier Energie. „Für die Dekarbonisierung der Gesellschaft braucht es eine funktionierende Industrie, und für die Industrie braucht es verlässliche Energieversorgung – dafür setzen wir hier einen wichtigen Startpunkt.“
Die Förderung läuft unter dem Dach des EU-Projekts IPCEI (Die Abkürzung steht auf Deutsch für: „Wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse“), die Millionen kommen aber zu 70 Prozent vom Bund und zu 30 Prozent von der Stadt. Gefördert wird zum einen der Bau eines Elektrolyseurs für grünen Wasserstoff mit 100 Megawatt Leistung auf dem Kraftwerksgelände an der Elbe.
Elektrolyseur verzögerte sich, weil Investoren absprangen
Die Anlage spaltet Wasser mittels Wind- oder Solarstrom – und eben nicht wie bei „grauem Wasserstoff“ mit Strom aus fossiler Energie – in Sauerstoff und Wasserstoff auf. So entsteht „grüner Wasserstoff“. Eigentlich sollte der Elektrolyseur schon 2025 an den Start gehen. Doch nachdem private Teilhaber wie Shell und Mitsubishi absprangen und auch die Förderung über die EU mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen hatte, verzögerte sich das Projekt.
Nunmehr wird dieser Hamburg Green Hydrogen Hub (HGHH) von den städtischen Hamburger Energiewerken (25 Prozent) zusammen mit dem Hamburger Unternehmen Luxcara (75 Prozent) realisiert. Rund 400 Millionen Euro werden investiert, von denen 154 Millionen aus öffentlichen Mitteln kommen.
Teile des Kohlekraftwerks Moorburg sind bereits abgerissen
Erhebliche Teile des alten Kohlekraftwerks sind bereits abgerissen, sodass 2025 mit dem Bau des Elektrolyseurs begonnen werden kann. 2027 soll er in Betrieb gehen und pro Jahr 10.000 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren. Wenn auch das riesige Kohlekreislager abgerissen ist, soll die Anlage perspektivisch von 100 auf 800 Megawatt Leistung erweitert werden.
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Weitere 126 Förder-Millionen fließen in die ersten 40 Kilometer des Wasserstoff-Verteilnetzwerks „HH-WIN“, mit dessen Bau das städtische Unternehmen Gasnetz Hamburg zwischen Altenwerder und Waltershof bereits begonnen hat. Es soll später auf 60 Kilometer erweitert werden und die großen Industriebetriebe südlich der Elbe – von den Stahl-, Alu und Kupferhütten über Tesa bis zu Airbus – mit grüner Energie versorgen. Die Inbetriebnahme ist ebenfalls für 2027 geplant, um dann den grünen Wasserstoff aus Moorburg durchzuleiten.
CDU kritisiert Symbolpolitik – Habeck besucht Otto Group
CDU-Wirtschaftsexperte Götz Wiese bezeichnete die Übergabe der Förderbescheide als „pure Symbolpolitik“. Andere Standorte wie Rotterdam und Lingen an der Ems seien schon weiter: „Dort wird längst gebaut. Hamburg droht auch hier, den Anschluss zu verlieren.“ Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) stellte es genau umgekehrt dar: „Woanders wird geplant, hier wird gebaut.“ Er hätte es sich niemals träumen lassen, dass das von ihm einst bekämpfte Kohlekraftwerk so schnell neu genutzt werde.
Im Anschluss an den Termin in Moorburg besuchte Habeck die Zentrale der Otto Group in Hamburg, um sich über künstliche Intelligenz (KI) zu informieren und sich mit Auszubildenden und dual Studierenden auszutauschen.