Hamburg. Zum 75. Geburtstag treibt die Baugenossenschaft Fluwog-Nordmark ein besonderes Projekt voran. Wie hoch die Miete ist, wer einziehen kann.

Der Hamburger Flughafen, oder Hamburg Airport Helmut Schmidt, wie er offiziell heißt, weist ja ohnehin einige Besonderheiten auf. 1911 gegründet, ist er der älteste in Deutschland. Und während die Pisten in Frankfurt, München und Berlin weit außerhalb auf der grünen Wiese liegen, startet und landet man in Hamburg noch innerhalb der Stadtgrenzen – was je nach Sichtweise Fluch oder Segen sein kann.

Noch ungewöhnlicher war eine weitsichtige Entscheidung, die Alfred Fries 1949 traf: Angesichts der Wohnungsnot nach dem Krieg gründete der damalige Leiter des Bodenpersonals zusammen mit weiteren Mitarbeitern die Flughafen-Wohnungsbaugenossenschaft, kurz Fluwog. 75 Jahre später bietet diese Genossenschaft immer noch verlässlich günstigen Wohnraum an – und das keineswegs nur für Flughafenmitarbeiter.

Mieten Hamburg: Fluwog vermietet mehr als 4800 Wohnungen in der Hansestadt

Mehr als 4800 Wohnungen, vor allem in Langenhorn, Niendorf und Barmbek, vermietet die Genossenschaft, die seit dem Zusammenschluss mit dem Bauverein Nordmark als Fluwog-Nordmark auftritt, an ihre 7800 Mitglieder. Und das zu einer durchschnittlichen Kaltmiete von 7,42 Euro pro Quadratmeter – fast 2,50 Euro unter dem Hamburger Mietenspiegel.

Auch wenn das seinerzeit erste Bauprojekt, 17 Doppelhäuser am Belemannweg, in erster Linie für Flughafenmitarbeiter gedacht war, war die Genossenschaft immer auch offen für andere Mitglieder. „Unser Auftrag lautet, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, sagt Jörg Tondt, einer der Geschäftsführer. „Eine Beschränkung, an welche Berufsgruppen wir den vermieten dürfen, hat es in unserer Satzung nie gegeben.“

Wohnung bei Fluwog mieten: Beruf spielt keine Rolle

Co-Geschäftsführer Benjamin Schatte ergänzt: „Wie viele unserer Mieter für den Flughafen arbeiten, wissen wir nicht – das fragen wir auch nicht ab. Vermutlich sind es nur noch wenige. Grundsätzlich ist unser Anspruch, allen Hamburgern bezahlbaren Wohnraum anzubieten.“

Und daran arbeitet die Genossenschaft auch 75 Jahre nach ihrer Gründung, die am Wochenende groß gefeiert wird: Trotz der krisenhaften Rahmenbedingungen – gestiegene Zinsen, explodierte Baukosten, politische Unsicherheiten – entsteht am Vielohweg in Niendorf ein „Zukunftsquartier“, das bis 2030 klimaneutral sein soll.

Hamburg: 120 Neubauwohnungen im „Zukunftsquartier“ in Niendorf

Es umfasst zum einen 120 Neubauwohnungen, von denen 27 seniorengerechte Einheiten schon bezogen sind. 93 weitere sollen in mehreren Bauabschnitten noch folgen. Zweitens gehört die Sanierung eines großen Teils des Bestandes von 260 Wohnungen dazu. Die Investitionssumme des ganzen Projekts, das 2027 abgeschlossen sein soll, liegt bei fast 60 Millionen Euro.

Geplant seien dort auch etliche familienfreundliche Wohnungen mit bis zu 130 Quadratmeter Wohnfläche, so Tondt und Schatte. Das gehe, ebenso wie die seniorengerechten Wohnungen, auf Wünsche der Mitglieder zurück. „Wir richten unser Handeln in diesem Quartier und auch sonst an den Bedürfnissen unserer Mitglieder aus“, sagte Schatte und beschreibt damit ein zentrales Merkmal von Baugenossenschaften: Sie gehören ihren Mitgliedern, die den Kurs mitbestimmen können. Dennoch können auch Außenstehende dort eine Wohnung anmieten – sie müssen dann nur Mitglied werden. So kommt ein erheblicher Teil der Neuvermietungen zustande.

Mieten am Vielohweg beginnen bei 7,10 Euro pro Quadratmeter

Bei den „Alt“-Mitgliedern hat die Nachverdichtung am Vielohweg „auch einige kritische Stimmen“ hervorgerufen, räumen Tondt und Schatte ein – wie das so ist, wenn zwischen bestehende Wohngebäude noch weitere gebaut werden. Doch das sei nur eine kleine Minderheit gewesen, so Tondt: „Insgesamt war die Akzeptanz von Anfang an groß.“

Die Mieten werden bei 7,10 Euro pro Quadratmeter (kalt) beginnen, was dem ersten Förderweg für Sozialwohnungen entspricht. Auch den zweiten Förderweg (9,20 Euro) und eventuell auch den erst kürzlich vom Senat eingeführten dritten Förderweg (12,10 Euro) wolle man nutzen, um günstige Mieten anbieten zu können. Die frei finanzierten Wohnungen, die es in dem Projekt auch geben wird, werden bei 14,50 Euro beginnen.

60.000 Euro pro Stellplatz – darauf wird in Niendorf verzichtet

Das ist für eine Genossenschaft schon recht stattlich, für ein Neubauprojekt aber vergleichsweise günstig. In dem Segment sind Mieten von 20 Euro aufwärts inzwischen eher die Regel. Möglich sei das auch nur aufgrund glücklicher Rahmenbedingungen, räumt Schatte ein: „Wir haben am Vielohweg beste Bedingungen für einen Neubau: Das Grundstück gehört uns bereits, wir müssen keinen Altbestand abreißen und die Flächen sind bereits versiegelt, weil dort bislang Parkplätze waren. Hätten wir auch Grundstücks- oder Abrisskosten, müssten die Mieten erheblich höher ausfallen.“

Zudem verzichte man bei einigen Bauabschnitten auf eine Tiefgarage, um Baukosten von 60.000 Euro pro Stellplatz zu sparen, so Tondt: „Um das finanzieren zu können, hätten wir 350 Euro im Monat für einen Stellplatz nehmen müssen – das können und wollen unsere Mieter nicht bezahlen.“

Fluwog-Wohnungen sollen bis 2045 klimaneutral werden

Benjamin Schatte ergänzt: „Wir kalkulieren unsere Gebäude auf 70 Jahre hinaus. Aber wer weiß heute, wie sich in der Zeit die Mobilität entwickelt? Möchten die Menschen in 70 Jahren noch einen Stellplatz unter ihrem Haus haben?“ Das Risiko, einen für viel Geld errichteten leer stehenden Keller zu haben, wolle man nicht eingehen. „Wir denken daher lieber über alternative Mobilitätskonzepte für unsere Quartiere nach und setzen auf Elemente wie eine gute ÖPNV-Anbindung, Car- und Bike-Sharing.“

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Ohnehin spiele der „Zukunftsgedanke“ eine große Rolle, der gesamte Wohnungsbestand der Fluwog soll bis 2045 klimaneutral werden. Am Vielohweg kommen unter anderem Photovoltaik, Solarthermie und Wärmepumpen zum Einsatz. Zudem denke man über ein eigenes Wärmenetz nach. „Wir sind mit anderen Vermietern aus dem Quartier im Gespräch und könnten 2600 Wohneinheiten und zwei Schulen mit Wärme versorgen“, sagt Tondt. Die Ausschreibung für Bau und Betrieb laufe.

Diese Pläne passen gut zu denen des Namensgebers der Genossenschaft: Der Flughafen und Lufthansa Technik gaben kürzlich bekannt, dass sie an das Fernwärmenetz der Stadt angeschlossen werden. Vielleicht ist bei der Gelegenheit ja auch ein kleiner Ableger zu den Wohnungen der Fluwog drin, so aus alter Verbundenheit.