Hamburg. Auf Erbpachtgrundstücken kann man auch in teuren Städten günstig an ein Eigenheim kommen. Worauf man dabei aber achten sollte.

  • Auch in einer teuren Stadt wie Hamburg gibt es günstige Immobilien
  • Mit Erbpacht gibt es teilweise Reihenhäuser für unter 160.000 Euro
  • Doch Interessierte sollten beim Kauf einige Dinge beachten – die Tipps

Angeboten wird ein „Mittelreihenhaus mit charmantem Garten“, und das „in ruhiger und familienfreundlicher Lage“ im Hamburger Süden, noch dazu „in fußläufiger Entfernung zum Harburger Stadtpark“. Der Preis dürfte die Augen von geübten Immobiliensuchern in Hamburg zum Leuchten bringen: 159.000 Euro. Dafür bekommt man in der Hansestadt sonst nicht mal eine Zweizimmerwohnung.

Zugegeben: Viel größer ist das kleine Reihenhaus mit einer offiziellen Wohnfläche von 60 Quadratmetern auf den ersten Blick auch nicht. Doch dafür stehen noch ein Vollkeller (mit Sauna und Dusche!) und ein ausbaubares Dachgeschoss zur Verfügung – so steigt die nutzbare Fläche schnell auf rund 100 Quadratmeter. In dem lang gezogenen 228-Quadratmeter-Garten ist zudem reichlich Platz für Schuppen, Schaukel und Kinder-Spielgeräte.

Ein günstiges Haus in Hamburg – mit Erbpacht durchaus möglich

Und ja, das Baujahr 1953 sieht man dem Häuschen an. Wer dort einziehen will, muss entweder den Retro-Charme lieben oder kräftig renovieren (lassen). Doch selbst wer noch einmal 100.000 Euro in Farbe, Küche, Bäder und einen Ersatz der 40 Jahre alten Gasheizung investiert, hätte dann ein frisch modernisiertes Eigenheim in Hamburg zu einem vergleichsweise sehr günstigen Preis.

Der eigentlichen Haken ist ein anderer: Das Haus steht auf einem Erbpacht-Grundstück. Wer die Immobilie erwirbt, wird also nicht Eigentümer des Grund und Bodens, auf dem sie steht, sondern dieser muss zusätzlich gepachtet werden. Wer der Besitzer oder „Erbbaurechtsgeber“ ist, verrät der Makler in dem Inserat nicht, aber er nennt transparent die Konditionen: „Der Erbpachtvertrag läuft bis 2052, die Erbpacht beträgt aktuell 163,20 Euro pro Jahr.“

Wer eine Immobilie auf Erbpacht kauft, spart die Grundstückskosten

163 Euro Pacht im Jahr für ein mehr als 200 Quadratmeter großes Grundstück in Hamburg – das klingt zunächst wie ein Witz. Ist es aber nicht. Und daher gibt es durchaus Gründe, sich für solche Angebote, die es auch in der Hansestadt reichlich gibt, zu interessieren. Schließlich hat eine Immobilie auf Erbpacht-Grundstück den großen Vorteil, dass man nicht auch noch den Kaufpreis für Grund und Boden finanzieren muss – das spart in der Regel eine sechsstellige Summe.

Es gibt allerdings ebenso gute Gründe, vorsichtig zu sein. „Zu uns kommen immer wieder Menschen mit auffallend günstigen Immobilienangeboten und der Vermutung, dass da etwas nicht stimmen kann“, sagt Dirk Scobel, Baufinanzierungsberater bei der Verbraucherzentrale Hamburg. „Oft sind die Häuser einfach abbruchreif, aber mitunter haben die Interessenten auch nur übersehen, dass es sich um ein Erbpacht-Grundstück handelt oder wissen nicht genau, was das ist.“

Hamburg vergibt Grundstücke fast nur noch in Erbpacht

Kein Wunder, denn in Hamburg ist das Instrument deutlich weniger verbreitet als in Süddeutschland. Daher zunächst zur Aufklärung: Zwischen Erbbaurecht und Erbpacht gibt es streng genommen zwar Unterschiede, aber beide Begriffe werden inzwischen synonym verwendet. Erbbaurechte kann jeder Grundbesitzer vergeben, genutzt wird es aber vor allem von Kommunen und kirchlichen Einrichtungen, die über großen Grundbesitz verfügen.

Da sie aus strategischen Gründen nicht das Eigentum daran aufgeben wollen, vergeben sie ein „Erbbaurecht“: Der Nutzer oder „Erbbaurechtsnehmer“ darf dann zwar Gebäude errichten, deren Eigentümer er auch wird, aber das Grundstück pachtet er nur und zahlt dafür einen „Erbpachtzins“. Hamburg verkauft inzwischen kaum noch Grundstücke, sondern vergibt sie, sehr zum Verdruss der Wohnungswirtschaft, vorrangig in Erbpacht, auch weil eine Volksinitiative die Stadt dazu gedrängt hat.

Wenn Erbpachtverträge auslaufen, wird eine Entschädigung fällig

Das deutsche Erbbaurechtsgesetz gibt zwar einen gesetzlichen Rahmen vor, dennoch können die Pachtverträge relativ frei verhandelt werden – etwa hinsichtlich der Höhe des Zinses, der regelmäßigen Anpassung und der Beendigung des Vertrages. Denn wenn dieser ausläuft, verliert der Erbbaurechtsnehmer zwar seine Immobilie, bekommt dafür aber eine Entschädigung – die genaue Höhe regelt der Vertrag.

Die Stadt Hamburg zahle für Wohnerbbaurechte, die vor 2020 bestellt wurden, gewöhnlich zwei Drittel des Verkehrswertes der Immobilie als Entschädigung, teilte die Finanzbehörde mit. Bei Verträgen, die ab dem Jahr 2020 geschlossen wurden, betrage die Entschädigung dagegen sogar 100 Prozent des Verkehrswertes des Gebäudes. So will man das Instrument der Wohnungswirtschaft schmackhafter machen.

Verbraucherschützer rät, den Erbpachtvertrag einzusehen

Da Erbbaurechte sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können, rät Dirk Scobel: „Wer sich für eine Immobilie auf einem Erbpacht-Grundstück interessiert, sollte sich gut informieren und auf jeden Fall vom Verkäufer den Erbpacht-Vertrag vorlegen lassen.“ Entscheidend sei die Restlaufzeit des Vertrages: „Zum einen bestehen Banken in der Regel darauf, dass die Darlehen zehn oder 20 Jahre vor Auslaufen des Erbpachtvertrages zurückgezahlt werden.“ Das könnte zum Problem werden, wenn man eine 30-jährige Finanzierung plant, das Erbbaurecht wie im genannten Fall aber nur noch 28 Jahre läuft.

„Zum anderen muss man bedenken, dass man das Haus eventuell irgendwann wieder verkaufen möchte“, so Scobel, „das wird schwierig, wenn der Erbpachtvertrag nur noch wenige Jahre läuft – dann muss man mit hohen Preisabschlägen rechnen.“ Drittens sollte man sich beim Erbpachtgeber informieren, zu welchen Konditionen der Vertrag verlängert werden könnte oder ob man das Grundstück eventuell doch erwerben kann, so Scobel.

Manche Erbbaurechtsgeber bieten Grundstücke auch zum Kauf an

Auch solche Angebote gibt es. So bietet ein anderer Makler ein „renovierungsbedürftiges Reihenmittelhaus“ in ähnlicher Lage in Hamburg und mit ganz ähnlichen Eckdaten zum Festpreis von 155.000 Euro an. Der Erbpachtzins betrage für die nächsten 29 Jahre nur 167,50 Euro jährlich. Die Erbbaurechtsgeberin sei aber auch bereit, das Grundstück für 128.700 Euro zu verkaufen oder den Vertrag um weitere 99 Jahre zu einem Zins von 2340,00 Euro pro Jahr zu verlängern.

Alle drei Varianten haben Vor- und Nachteile, die die Interessenten persönlich abwägen müssen. Verbraucherschützer Scobel gibt darüber hinaus noch zu bedenken: „Bei privaten Erbbaurechtsgebern und einer kurzen Vertragslaufzeit ist besondere Vorsicht geboten, da sich die Eigentumsverhältnisse ändern können und die neuen Eigentümer des Grundstücks möglicherweise andere Pläne damit verfolgen. Bei großen Erbpachtgebern wie der Stadt, der Kirche oder Stiftungen ist dieses Risiko eher überschaubar.“

1,3 Prozent: Hamburg hat den niedrigsten Erbpacht-Zins

Auch die Finanzbehörde betont, dass die Beendigung eines Erbbaurechts „in aller Regel eher eine theoretische Option“ sei. „Zuvörderst sind wir an einer Verlängerung des Erbbaurechts interessiert.“ Es müsse schon gewichtige „bodenpolitischen Gründe“ geben, um Menschen aus ihren Häusern zu vertreiben, zum Beispiel eine geplante Nachverdichtung. Allerdings gehe man dabei „immer maximal sozial verträglich“ vor.

Aktuell habe die Stadt etwa 4400 Grundstücke im Bereich Wohnen und Gewerbe im Erbbaurecht vergeben, so die Behörde. Der Zins werde anhand des Bodenwertes berechnet und betrage aktuell bei neuen Verträgen 1,3 Prozent pro Jahr. Für ein Grundstück im Wert von 100.000 Euro werden also 1300 Euro Pacht im Jahr fällig, wobei die Anpassung des Erbbauzinses an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes üblich ist. Bei Mietgeschosswohnungsbau könne der Erbbauzins auch an die Mietenentwicklung gekoppelt werden.

Ein Haus für 159.000 Euro? Finanzsenator Dressel preist Erbpacht an

Wer als Käufer einer Immobilie in einen bestehenden Erbbaurechtsvertrag mit der Stadt einsteigt, ist zunächst einmal auf der sicheren Seite, betont die Finanzbehörde: „Die Konditionen gelten bei Übernahme der Rechte und Pflichten 1:1 bis zum Auslaufen des Vertrages.“ Wird dieser verlängert, steigt in der Regel auch der Erbpachtzins – nicht selten kräftig, was mitunter für Ärger sorgt. Die Stadt hat daher eine „Sozialklausel“ entwickelt, die die größten Härten abfedern soll.

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Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) wirbt jedenfalls für das Instrument, das es ihm ermögliche, Flächen zu vergeben, sie aber dennoch „verlässlich in städtischer Hand“ zu halten. Auf die Sorgen der Wohnungswirtschaft sei man eingegangen und habe „aktiv das Gespräch mit den Banken zum Thema Finanzierung von Bauvorhaben im Erbbaurecht“ gesucht, so Dressel: „Während am Kapitalmarkt die Bauzinsen gestiegen sind, ist der Erbbauzins bei uns gesunken. Damit hat Hamburg deutschlandweit die besten Erbbaurechtskonditionen.“