Hamburg. Flughafen und Lufthansa Technik sollen bis 2028 angebunden werden. Auch Hamburger Privathaushalte könnten angeschlossen werden.

Angesichts von mehr als 20 Grad Celsius und strahlendem Sonnenschein hatte Jens Kerstan zweifellos recht. „Das ist heute ein schöner Tag“, sagte Hamburgs Umweltsenator am Montag in einem Veranstaltungsraum von Lufthansa Technik. Seine Worte bezogen sich allerdings nicht nur auf das Wetter unter freiem Himmel.

„Zwei große, sehr innovative und auch wichtige Unternehmen in Hamburg haben sich entschieden, ihre Wärmeversorgung über die Hamburger Energiewerke sehr ökologisch auszurichten“, sagte der Grünen-Politiker und meinte damit neben dem Gastgeber den Flughafen Hamburg. Die beiden Großverbraucher sollen in vier Jahren an das Fernwärmenetz angeschlossen werden, das dafür deutlich nach Norden erweitert wird. Später könnten auch weitere Kunden von dem Ausbau profitieren.

Energiewende: Neue Anschlüsse für Fernwärme im Norden – wer profitieren könnte

Der Energiebedarf der beiden Firmen entspricht dem einer Kleinstadt. „Mit der Hamburger Fernwärme können wir die Emissionen durch Heizwärme sofort um zwei Drittel senken und unsere Hangars und Hallen bald schon CO₂-neutral heizen“, sagte William Willms, Vorstand Finanzen von Lufthansa Technik und sprach von einem großen Schritt voran bei der Energiewende.

Hamburgs Flughafenchef Christian Kunsch stieß in dasselbe Horn. Die Wärmeerzeugung mache rund 87 Prozent der derzeitigen CO₂-Emissionen des Airports aus. Dank der Fernwärme wolle man rund 80 Prozent dieser Emissionen einsparen und dem Ziel entscheidend näherkommen, bis 2035 einen CO₂-emissionsfreien Betrieb zu erreichen.

Lufthansa Technik und Airport verbrauchen so viel wie 17.000 Wohneinheiten

Die Hamburger Energiewerke sollen ab Mitte 2028 eine Leistung von 40 Megawatt (MW) an Lufthansa Technik und elf MW an den Flughafen liefern. Rein rechnerisch entspreche dies dem Wärmebedarf von 17.000 Wohneinheiten. Doch damit das gelingt, muss zunächst das Netz kräftig ausgebaut werden.

„Das Ganze wird in den nächsten Jahren ein großes Leitungsbauprojekt werden“, sagte Michael Prinz, Geschäftsführer der Hamburger Energiewerke. Bisher erstreckt sich das Fernwärmenetz des Unternehmens vor allem rund um die Alster. Nun muss eine 4,7 Kilometer lange Leitung gen Norden geschaffen werden. Die Rohre, die dabei verlegt werden müssen, sind mächtig.

Fernwärme im Norden: Energiewerke arbeiten noch an Trassenplanung

Die größten Fernwärmerohre haben für das aus Kunststoff bestehende Mantelrohr einen Durchmesser von 80 Zentimetern. Darin verläuft ein Stahlrohr mit 61 Zentimeter Durchmesser. Es gibt immer ein Vor- und ein Rücklaufrohr – die neuen Leitungen werden also viel Raum einnehmen. Grundsätzlich verlaufen sie unter Straßenzügen. Wo genau, ist aber noch offen.

Aktuell werde geschaut, an welchen Netzverknüpfungspunkten man die großen Leitungen anschließe, die notwendig seien, um die Wassermassen nach Norden zu bringen, sagte Prinz: „Wir sind noch in der ganz feinen Trassenplanung.“ Diese erfolge derzeit in Absprache mit den Behörden.

Fernwärmeausbau: Straßen dürften aufgerissen werden, Umleitungen drohen

Wahrscheinlich werde man mit den Bauarbeiten im nächsten Jahr beginnen. Und es sei „klar, dass wir den Straßenraum ein Stück einschränken müssen“, so Prinz. Auf die Autofahrer könnten also Behinderungen und Umleitungen zukommen. Insgesamt werde ein hoher zweistelliger Millionen-Euro-Betrag investiert. Aber Prinz ist sich sicher: „Das rechnet sich, das lohnt sich. Lufthansa Technik und der Flughafen sind unsere Ankerkunden.“

Mehr Wirtschaftsthemen

Allein durch die beiden Unternehmen soll ab 2028 jährlich mehr als 17.000 Tonnen Kohlendioxid (CO₂) eingespart werden. Etwa ab 2030 sollen dann weitere Haushalte mit Fernwärme versorgt werden können. „Wir legen den Fokus auf große Wohn- und Bürokomplexe, weil Fernwärme etwas für Verbraucher mit einem hohen Energiebedarf ist“, so Prinz.

Lufthansa Technik ist der größte Fernwärmekunde der Energiewerke

In welchem Gebiet genau sich Kunden anschließen können, sei noch offen – Stichwort Trassenführung. Klar sei aber, dass zum Beispiel Anlieger des Wegs beim Jäger – wo auch die Lufthansa-Basis liegt – die Möglichkeit erhalten sollen. Dass er potenziellen Kunden absagen muss, weil die Menge an Fernwärme nicht ausreicht, erwartet Prinz nicht: „Wir haben das so geplant, dass wir genug Energie transportieren könnten.“

Bis dahin sei aber noch einiges zu tun. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2023 habe man mehr als 40 MW an Kunden neu hinzugewonnen. Nun sind es auf einen Schlag 51 MW – übrigens nach fünf Jahren dauernden Gesprächen. Der Weltmarktführer für die Wartung, Reparatur und Überholung von Flugzeugen stellt sogar eine Bestmarke für die Hamburger Energiewerke in ihrer 130-jährigen Geschichte dar. „Lufthansa Technik ist unser größter Fernwärmekunde“, so Prinz.

Energiewende: Neue Anschlüsse für Fernwärme im Norden – wer profitieren könnte

Für die Erzeugung der Fernwärme wollen die Hamburger Energiewerke künftig vorrangig die Wärme von Industrie-, Klär- und Müllverbrennungsanlagen, aber auch aus der Elbe durch Großwärmepumpen nutzen. Allerdings stammt derzeit ein Großteil der Energie noch aus der Kohle. Spätestens ab 2030 solle damit aber Schluss ein, so Prinz.