Hamburg. Immer mehr Anbieter streichen für das gesamte Jahr Fahrten nach Israel und durchs Rote Meer. Welche Rechte Kunden jetzt haben.
Israel und eine Passage durch den Suezkanal sind bei Kreuzfahrtreedereien beliebte Reiseziele. Einmal die Hängenden Gärten von Bahai in Haifa und den Felsendom in Jerusalem bewundern und anschließend an Deck eines Luxusliners das schmale Wasserband mitten durch die Wüste befahren – davon träumen viele Reisende.
Angesichts der geopolitischen Lage vor Ort werden Kreuzfahrtgästen diese Sehenswürdigkeiten in diesem Jahr aber wohl verschlossen bleiben. Lange hat die Branche gezögert, ihre Angebote im Nahen Osten und dem Roten Meer aus dem Programm zu streichen. Nun aber, so scheint es, haben die Reedereien die Hoffnung aufgegeben, dass sich die Lage in dieser konfliktträchtigen Region schnell entspannt und ändern ihre Fahrpläne.
Kreuzfahrten: Nahostkonflikt spitzt sich zu – neue Reiserouten für Passagiere
Als Folge hagelt es derzeit Kreuzfahrtabsagen und -umroutungen bis weit in den Herbst hinein. Zuletzt kündigte die „Anthem of the Seas“ an, ihre Reise von Nordeuropa nach Südostasien im Herbst 2024 nicht wie geplant auf der schnellsten Route durchs Mittelmeer, den Suezkanal und das Rote Meer zu wählen. Um die Sicherheit des Schiffes, der Crewmitglieder und der Gäste an Bord nicht zu gefährden, soll das Schiff laut aktuellem Stand südlich um Afrika fahren. Wegen der längeren Fahrzeit müssen zwei weitere Kreuzfahrten abgesagt werden, kündigte die Reederei Royal Caribbean International an.
Wie berichtet, hatte zuvor Deutschlands Marktführer Aida Cruises mit Sitz in Hamburg und Rostock angekündigt, seine für Ende Oktober vorgesehenen Überführungsfahrten in die asiatischen Winterfahrgebiete zu streichen. Die „Aidaprima“ und die „Aidastella“ werden statt der geplanten Route durch das Rote Meer auch den längeren Weg um Afrika herum nehmen.
Kreuzfahrten: Vier große Reedereien haben ihre Fahrpläne bereits umgeworfen
Dafür fallen unter anderem die Fahrten „Von Hamburg nach Barcelona“ und „Von Hamburg nach Barcelona 1“ auf der „Aidaprima“ am 26. Oktober aus. Als Reisealternative wirbt die Reederei für die achttägige Fahrt „Von Hamburg über Portugal nach Teneriffa“. Außerdem entfallen von Hamburg aus auch die ebenfalls für den 26. Oktober geplanten Reisen „Weltenbummler von Hamburg nach Dubai“ und „Weltenbummler von Hamburg nach Abu Dhabi“.
Mit Aida Cruises, MSC Cruises, Norwegian Cruise Line und Royal Caribbean International haben damit bereits vier Reedereien für den Herbst 2024 auf die Sicherheitslage am Roten Meer reagiert und ihre Fahrpläne umgeworfen. „Die Sicherheit und das Wohlergehen der Passagiere und der Besatzung stehen für die Kreuzfahrtunternehmen an erster Stelle, dies wird bei der Routenplanung stets berücksichtigt und, wenn erforderlich – wie nun aufgrund der aktuellen Lage im Nahen Osten –, auch kurzfristig angepasst“, sagt der Deutschland-Repräsentant des Kreuzfahrtverbands Clia, Georg Ehrmann.
Preise für Kreuzfahrten sollen nicht steigen
Damit gibt er wieder, was alle Anbieter gebetsmühlenartig wiederholen. Gleichwohl räumt Ehrmann ein, dass die Situation die Branche belastet: „Umroutungen führen zu organisatorischem Mehraufwand und durchaus auch zu Kosten, diese tragen die Kreuzfahrtunternehmen.“ Die Kunden müssen sie demnach nicht übernehmen: „Auswirkungen auf die Reisepreise werden nicht erwartet.“
Er sieht aber auch Vorteile gegenüber der Handelsschifffahrt, die darauf angewiesen ist, bestimmte Häfen auch in Krisenregionen anzulaufen: „Die Kreuzfahrtbranche ist in der einzigartigen Lage, dass Schiffe bei geopolitischen Problemen umgehend umdisponiert werden können, sodass die Gäste ihren Kreuzfahrturlaub weiterhin unbesorgt genießen können.“
Entschädigung bei kurzfristiger Fahrplanänderung fordern
Rechtlich ist die Lage für solche Fahrplanänderungen folgendermaßen: „Wird eine Reise abgesagt, kann ich als Kunde mein Geld zurückverlangen und sollte mich auch nicht mit irgendwelchen Guthaben für eine Neubuchung abspeisen lassen“, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Anders sieht es aus, wenn die Reise zwar stattfindet, aber nur einige Häfen ausgelassen werden. „Das ist auf jeden Fall eine Minderung, für die man eine Entschädigung verlangen kann.“ Wie hoch diese ausfallen könnte, hängt stark von der genauen Abweichung von der geplanten Route ab.
Kreuzfahrten: Erste Israel-Reisen für Herbst gestrichen
Alle großen Anbieter hatten bereits Ende des vergangenen Jahres nach dem Hamas-Überfall angekündigt, für dieses Frühjahr auf Stationen in Israel zu verzichten. Aida baut bereits vor und beginnt mit Fahrplananpassungen für den Winter. Auf der Kreuzfahrt „Östliches Mittelmeer mit Ägypten” vom 3. bis 10. November 2024 mit der „Aidablu“ wird Haifa durch einen Anlauf in Alexandria ersetzt. Infolgedessen hat sich die Hafenreihenfolge verändert, teilt das Unternehmen nun mit.
Der Hamburger Wettbewerber TUI Cruises hat für September und Oktober zwei Reisen vorgesehen, auf denen die israelischen Häfen Haifa und Aschdod angelaufen werden sollen. „Wir haben noch nicht entschieden, ob wir die Häfen streichen. Wir warten ab, wie sich die Situation vor Ort entwickelt“, sagte eine Sprecherin am Freitag.
Kreuzfahrtkunden reagieren geduldig
Und obwohl die Lage im Nahen Osten hochbrisant ist, sodass es Reiseänderungen förmlich hagelt, können die Kreuzfahrtreedereien auf eines dennoch bauen, und zwar auf die Geduld der Kundinnen und Kunden. Beschwerden gibt es derzeit kaum. „Auch bei uns hat sich noch niemand gemeldet“, sagt Verbraucherschützerin Rehberg.
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Auch Branchenvertreter Ehrmann versichert: „Die Unternehmen erleben einen guten Dialog mit den betroffenen Kunden, die für Safety First volles Verständnis haben. Es werden attraktive Alternativrouten angeboten, und aufgrund der längeren Fahrzeit rund um Afrika entstehen ganz neue Routings und entsprechend neue Anschlussreisen, die gut angenommen werden.“