Hamburg. Reedereien stellen sich auf längere Probleme am Suezkanal ein und routen ihre Schiffe um. Auch das Klima leidet unter der Entwicklung.

Die fortgesetzten Angriffe von Huthi-Rebellen aus dem Jemen führen zu einer Neuordnung der Schifffahrt. Seit zwei Monaten ist der Seeweg durch das Rote Meer und den Suezkanal und damit eine der wichtigsten Handelsrouten weltweit nur unter Gefahren befahrbar. Die großen Reedereien meiden seitdem diese Route und lassen ihre Schiffe um Afrika außen herumfahren.

Inzwischen stellen sie sich auch langfristig auf die Meidung des Suezkanals ein. Die Reederei Maersk hat in den vergangenen Wochen ein Interims-Ozean-Netzwerk aufgebaut, das trotz des längeren Umwegs ums Kap der Guten Hoffnung für wöchentliche Abfahrten und feste Fahrpläne in den betroffenen Diensten sorgt, damit Kunden wieder planen können. Das teilte ein Sprecher mit. Dieses Interimsnetzwerk verbindet auch die Mittelmeerhäfen über Tanger und Algeciras, wo Maersk zwei große Terminals besitzt.

Raketen im Roten Meer: Reeder stellen sich auf langen Konflikt ein

Auch Hapag-Lloyd hat reagiert. Da Rundreisen zwischen Asien und Europa nun zwei bis drei Wochen länger dauern, wird die Zahl verfügbarer Container knapp. Hamburgs Traditionsreederei hat 350 Millionen Dollar (umgerechnet 326 Millionen Euro) in den Kauf neuer Container investiert. Zudem hat Hapag-Lloyd einen Shuttle-Service durch Saudi-Arabien eingerichtet, der Fracht aus dem Roten Meer über den Hafen von Dschidda mit Häfen im Persischen Golf verbindet.

Um den Kunden trotz der langen Umwege wieder wöchentliche Abfahrten bieten zu können, hat Hapag-Lloyd 15 Schiffe von anderen Routen abgezogen. Außerdem wurden ebenso wie bei Maersk zusätzliche Schiffe gechartert. Für den Gesamtmarkt aller Reedereien geht man davon aus, dass sechs bis sieben Prozent der Weltflotte benötigt werden, um die Lücken in den Schiffsdiensten durch die längeren Seewege zu füllen. „Es hat fünf bis sechs Wochen gedauert, um alle Fahrpläne umzustellen“, sagte ein Hapag-Lloyd-Sprecher.

US-Tanker unter Raketenbeschuss

Seit zwei Monaten greifen Huthi-Rebellen aus dem Jemen immer wieder Schiffe auf der wichtigen Handelsroute durchs Rote Meer an. Erst am Wochenende wurde ein US-amerikanischer Tanker von Raketen beschossen. Es gab keine Verletzten. Zuvor waren sowohl am Donnerstag als auch am Freitag Drohnen auf Handelsschiffe angesetzt worden

Ein Besatzungsmitglied führt Wartungsarbeiten an Deck des Flugzeugträgers Dwight D. Eisenhower, auch bekannt als „IKE“, im südlichen Roten Meer durch. Wegen der anhaltenden Rebellenangriffe haben mehrere Staaten ihre Militärpräsenz im Roten Meer erhöht.
Ein Besatzungsmitglied führt Wartungsarbeiten an Deck des Flugzeugträgers Dwight D. Eisenhower, auch bekannt als „IKE“, im südlichen Roten Meer durch. Wegen der anhaltenden Rebellenangriffe haben mehrere Staaten ihre Militärpräsenz im Roten Meer erhöht. © dpa | Bernat Armangue

Die Streitkräfte der USA und Großbritanniens haben daraufhin erneut Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen angegriffen. Auch die Bundeswehr hat mit der „Hessen“ ein Kriegsschiff zum Schutz der Schifffahrt entsandt. Zu allem Unglück droht nun auch noch eine Umweltkatastrophe.

Vereinte Nationen in Sorge

Vor einer Woche war ein mit Düngemitteln beladener Frachter angegriffen worden und leckgeschlagen. Das Schiff liege vor Anker und würde langsam voll Wasser laufen, teilte das US-Militär mit. Inzwischen habe sich ein fast 30 Kilometer langer Ölteppich gebildet.

Die Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) sieht die Entwicklung negativ. Sie hat in ihrer Februar-Bewertung festgestellt, dass angesichts der Gefahr eines Angriffs im Roten Meer kaum mehr Schiffe durch den Suezkanal fahren und sich für eine längere Route um Afrika herum entscheiden. Allein bis zur ersten Februarhälfte 2024 wurden 586 Containerschiffe umgeleitet, während die Containertonnage, die den Kanal durchquerte, um 82 Prozent zurückging.

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Derzeit nutze praktisch kein Flüssigerdgastransportschiff den Suezkanal, was zu einem Anstieg der Gaspreise führe, heißt es in der Studie. Für das Klima ist die Entwicklung laut UN auch nicht gut: Zur Überwindung der längeren Strecke um Afrika herum steigern insbesondere Containerschiffe wieder ihre Fahrgeschwindigkeit. Eine Geschwindigkeitssteigerung um ein Prozent führt zu einem Anstieg des Treibstoffverbrauchs um 2,2 Prozent.

Eine Hin- und Rückreise von Singapur nach Nordeuropa bedeutet demnach einen Anstieg der Treibhausgasemissionen um 70 Prozent.