Hamburg. Pflanzen kommen gut durch den Winter, aber heimische Anbauer spüren Kostendruck durch höheren Mindestlohn. Importware derzeit teurer.
Wenn Felix Löscher in diesen Tagen über seine Erdbeerfelder streift, dann sieht er in den Hochtunneln schon die ersten Früchte. Bis zu 30 Millimeter sind sie groß und noch grün. „Es sah nach einem sehr, sehr frühen Saisonstart aus“, sagt der Geschäftsführer des Erdbeer- und Spargelhofs Löscher in Winsen/Luhe im Gespräch mit unserer Redaktion.
Die Vegetation sei schon sehr, sehr weit gewesen. Frostschäden gab es nicht. Doch vor ein paar Tagen sanken die Temperaturen deutlich. „Wir haben das Gefühl, dass die Erdbeeren ein bisschen ruhiger geworden sind“, sagt Löscher. Auch in den kommenden Tagen soll es eher kühl bleiben. In der letzten Aprilwoche erwartet er nun, die ersten roten Früchte zu finden. Das wäre ein normaler Starttermin für die Erdbeersaison.
Preise: Saison für Erdbeeren startet bald – und was kosten sie?
Einige Dutzend Kilometer weiter nördlich ist Enno Glantz trotz des kleinen Wettereinbruchs optimistisch gestimmt. Man sei in diesem Jahr etwa acht Tage früher dran als 2023, sagt der Landwirt: „Wir hatten einen milden Winter, die Kulturen sind voll in Ordnung. Es sieht nach einer guten Ernte aus.“
Ende April, Anfang Mai beginne vermutlich das „Erdbeersuchen“ auf seinen mit Folien überspannten Feldern in Hohen Wieschendorf an der Ostsee. Glantz baut dort und in Delingsdorf (Kreis Stormarn) auf zusammen rund 150 Hektar die roten Früchte an, ist der größte Direktvermarkter in der Metropolregion und gilt als „Hamburgs Erdbeerkönig“.
„Hamburgs Erdbeerkönig“ will die Preise stabil halten
Ab dem 5. Mai rechnet er mit nennenswerten Erntemengen. Damit er diese an die Kundinnen und Kunden bringt, bauen seine Mitarbeiter derzeit die rund 140 Verkaufshütten in und um Hamburg auf – und für Erdbeer-Fans hat er zumindest keine allzu schlimmen Nachrichten im Gepäck.
„Die Preise waren letztes Jahr schon höher“, räumt Glantz ein und ergänzt: „Wir werden sie auch nicht verändern.“ Zum Start dürfte angesichts der geringen Erntemengen die 250-Gramm-Schale also wie im Vorjahr stolze 3,30 Euro kosten. Im Jahresschnitt sollte der Preis sich bei 8,50 Euro pro Kilogramm einpendeln.
Erdbeeranbauer spüren Kostendruck durch höheren Mindestlohn
„Die Verbraucher sind sich bewusst, dass wir in Deutschland einen hohen Kostendruck haben“, sagt Glantz und hofft, dass sie den Direktvermarktern weiterhin treu bleiben. Einen Großteil der Produktionskosten mache der Arbeitslohn für die Pflücker aus – und der ist zu Jahresanfang in der Bundesrepublik erneut gestiegen. Der gesetzliche Mindestlohn liegt seit Januar bei 12,41 Euro brutto statt zwölf Euro glatt.
Wie er das abfedern will? Durch eine möglichst gute Ernte und Kleinigkeiten, die in der Produktion verändert werden. „Wir versuchen jedes Jahr im Erdbeeranbau durch neue Abläufe Geld zu sparen. Dadurch glauben wir, diese 41 Cent auffangen zu können“, so Glantz. In diesem Jahr liegen zum Beispiel die Felder noch günstiger zusammen, sodass man weniger umrüsten muss und Wege spart.
Löscher erwartet einen Kilopreis für Erdbeeren von neun Euro in der Hochsaison
Auch Löscher hält den Anstieg der Produktionskosten noch für keinesfalls beendet. Die Löhne für Festangestellte, seine Erntehelfer aus Rumänien und die Verkäufer seien gestiegen. Auch Maschinen wie neue Trecker seien teurer geworden. „Wirklich günstiger ist nichts geworden“, sagt der niedersächsische Landwirt.
Den Startpreis für die 500-Gramm-Schale, die er ab dem 1. Mai an all seinen 35 Direktvertriebsstellen absetzen will, gibt er mit 5,90 Euro an. Das sei unverändert zu 2023. Damals hatte er aber einen Euro mehr genommen als im Jahr zuvor. Wenn die Erntemengen steigen, sollten auch die Preise purzeln. „Neun Euro wird das Kilo in der Hochsaison kosten“, lautet die Prognose von Löscher.
Erdbeeren: Selbstpflückfelder könnten etwas früher aufmachen als üblich
Ab Himmelfahrt will er so viele Früchte ernten, dass er auch Supermärkte beliefern kann. Ende Mai und damit etwas früher als üblich könnten seine vier Selbstpflückfelder in Winsen, Klecken, Meckelfeld und Eißendorf öffnen. Glantz erwartet den Start für seine acht Selbstpflückfelder in und um Hamburg schon Mitte Mai.
In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 131.000 Tonnen Erdbeeren gepflückt. Das waren 2000 Tonnen weniger als 2022. Traditionell hinkt der Norden temperaturbedingt beim Erntebeginn hinterher. „Ganz allmählich geht es jetzt in prädestinierten Lagen im süddeutschen Raum in den Hochtunneln los“, sagt Eva Würtenberger von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI).
Erdbeeren aus dem Ausland sind deutlich teurer als vor einem Jahr
In den vergangenen Wochen seien noch Erdbeeren made in Germany aus Gewächshäusern auf dem Markt gewesen. Die Angebotspreise lagen in der vergangenen Woche bei 11,96 Euro für das Kilogramm, ermittelte die AMI. Bei einer Stichprobe in dieser Woche waren es in einem Supermarkt 11,98 Euro. Einen Durchschnittspreis für deutsche Ware könne man wegen des geringen Angebots derzeit noch nicht nennen.
Für Importware sieht dies anders aus. 4,07 Euro habe der Durchschnittspreis für das Kilogramm über alle Einkaufsstätten hinweg in der vergangenen Woche betragen, so Würtenberger. Das war deutlich mehr als im Vorjahr mit 2,91 Euro. Damals habe es zu diesem Zeitpunkt mehrere Hitzewellen in Spanien gegeben, sodass noch mal ein richtiger Schwung an Erdbeeren auf den Markt gekommen sei und die Preise gedrückt habe. Das sieht man auch im langjährigen Vergleich: Denn 2022 kostete das Kilo Import-Erdbeeren in der 15. Kalenderwoche 3,63 Euro.
Das Wetter erfordert Zusatzschichten für Erdbeeranbauer
In diesem Jahr seien die Temperaturen gemäßigter. Der Erntehöhepunkt in den beiden wichtigsten Importländern Spanien und Griechenland sei in der zweiten Märzhälfte bereits überschritten worden. Die Erntemengen dort gehen also schon wieder zurück.
Um in den nächsten Wochen eine gute Ausbeute zu erzielen, müssen auf dem Hof in Winsen nun Zusatzschichten auf den 45 Hektar Erdbeeranbaufläche eingelegt werden – wegen des Wetters. In den nächsten Nächten könnten die Temperaturen nach Angaben von Meteorologen noch einmal unter die Null-Grad-Celsius-Marke fallen.
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„Wir haben unsere Erdbeeren noch mal mit Vlies abgedeckt, um sie vor dem Frost zu schützen“, sagt Löscher: „Auch in den Folientunneln decken wir die Erdbeeren nachts zu und morgens wieder auf, weil sie dort sehr stark in der Blüte sind.“ Tagsüber müssen die Hummeln, die in den Tunneln als Völker leben, dann ihre Arbeit verrichten und die Blüten bestäuben. Dann könnte sich Löschers Prognose bewahrheiten: „Ich denke, es wird eine ganz gute Saison.“