Hamburg. Schreibwarengeschäfte gibt es immer weniger. Doch ein Designerpaar bietet mit dem Paperlux.Store jetzt Schönes für Papierliebhaber.
Soraya und Max Kuehne kennen sich aus mit schönen Dingen. Seit fast 18 Jahren gestalten sie mit ihrer Agentur Paperlux kunstvolle Auftritte auf Papier. Zu den Kunden gehören bekannte Namen wie die Luxusmarke Hermés, der Sporthersteller Adidas oder das Hamburger Familienunternehmen Leuchtturm. Jetzt traut sich das Designerpaar etwas Neues. Seit einigen Wochen gibt es im Hamburger Karolinenviertel ihren kleinen Laden Paperlux.Store.
Hinterhof, eine Treppe. Noch ist die Neueröffnung ein Geheimtipp. „Wenn wir aufhaben, stellen wir ein Schild vor die Eingangstür an der Karolinenstraße“, sagt Soraya Kuehne und lacht. Wer dem Wegweiser in das Fabrikgebäude folgt, findet nach steilem Aufstieg ein kleines, feines Angebot an Papier- und Schreibwaren. „Das Besondere ist, dass der neue Laden in die historischen Werkräume der Buchbinderei Begemann integriert ist“, sagt Max Kuehne.
Designerpaar eröffnet gegen den Trend neuen Laden im Hamburger Karolinenviertel
2020 hatten die Kuehnes den Buchbindebetrieb auf Wunsch der verstorbenen Chefin und langjährigen Geschäftspartnerin übernommen. „Wir glauben an Handwerk und wollen mit dem Verkaufsraum eine neue Verbindung zu unseren Kunden herstellen“, sagt Max Kuehnefast vier Jahre später. Das kommt nicht von ungefähr. Der 49-Jährige hat eine Ausbildung als Schilder- und Schriftenmaler gemacht. Seine Frau war als Verlagskauffrau tätig, bevor die beiden 2006 Paperlux gründeten.
Im vergangenen Jahr hatte Max Kuehne gemeinsam mit einem Hamburger Architekturbüro ein neues Raum-in-Raum-Konzept entwickelt und aus zwei kleinen Büros das neue Entree in die Buchbinderei gemacht. Herausgekommen ist ein stilvoll gestalteter Laden ohne Schnickschnack. Zwei große Verkaufstische, Regale und Bords, alles aus Holz und in einem lichten Grau gestrichen. Hinter einer sorgfältig aufgearbeiteten Glaswand rattern die Maschinen. Einen fünfstelligen Euro-Betrag hat das Unternehmerpaar in das zusätzliche Geschäftsmodell investiert.
Neuer Laden im Karolinenviertel: Bunte Notizbücher, besondere Stifte und Mini-Tagebücher
Feines Papier, hochwertige Stifte und japanische Wachsmalkreide, die aussehen wie bunte Seifenblocks. „Wir bieten nur Dinge an, die wir selbst gut finden“, sagt Soraya Kuehne und demonstriert auf einem Blatt Papier die besondere Maltechnik der Kreiden. In den Regalen stehen Notizbücher und Gästebücher, gebunden in vielfarbigen Halbleinen und mit traditioneller Bindetechnik, die das Designerduo für die Papeteriemarke Semikolon entwickelt hat. Anderes, wie eine Serie von Schreibheften mit Deckeln aus Fehldrucken von Hamburger Siebdruck-Künstlern, wird sogar in der Buchbinderei direkt nebenan produziert.
Besonders stolz sind die Kuehnes auf ihre Serie von Mini-Tagebüchern „One Word a Day“, die gerade sehr beliebt sind. Es gibt individuelle Grußkarten und eine Auswahl an ausgewählten Monografien und Tablebooks, darunter eins über besondere Geschäfte.
Auf einem der Verkaufstische sind Schreibutensielien ausgestellt: Es gibt schmale Lineale, die auch als Buchclip funktionieren, Papierscheren im Retrostil und bunte Klebebänder. „Vieles finden wir auf Reisen oder auf Messen, manchmal auch im Internet“, sagt Soraya Kuehne. Die Produkte kommen, wenn sie keine Eigenkreationen sind, aus Japan und Südkorea, aber auch aus Belgien und Litauen.
Die Preise liegen deutlich im gehobenen Bereich. Der Tagebuch-Mini etwa kostet 34 Euro, das Notizbuch Beste Reste 8,90 Euro. Es gibt einen Füllhalter von der Marke Kaweco für 69,50 Euro und eine Schneidematte für 7,75 Euro. Das gesamte Angebot ist auch im eigenen Onlineshop erhältlich.
Geschäft mit Papier-und Schreibwaren mit hohen Umsatzverlusten
Trotzdem bleibt der neue Laden ein Experiment – und ein Signal gegen den Trend. Das Geschäft mit Papier, Schreibwaren und Bürobedarf leidet seit Jahren unter Umsatzrückgängen. Von 2012 bis 2022 hat das Marktvolumen nach einem Branchenreport von Marketmedia24 um fast 22 Prozent nachgegeben. Deutschlandweit, auch in Hamburg, hat eine Reihe von Fachhändlern aufgegeben.
So machte im vergangenen Jahr unter anderem das Traditionsgeschäft Hansen am Schulterblatt nach 92 Jahren dicht. Mitte Januar dieses Jahres schloss Schreibwaren Pilorz in der Blankeneser Bahnhofsstraße nach 66 Jahren. Bekannte Namen wie Schacht und Westrich sind schon lange verschwunden. Dabei trifft es nicht nur den inhabergeführten Fachhandel. 2022 hatte der Hamburger Büroartikelhändler OfficeCentre GmbH Insolvenz angemeldet und in der Folge alle 50 Staples-Filialen in Deutschland geschlossen, darunter neun in der Hansestadt.
Marktforscher sehen Branche wieder leicht im Aufwind
Inzwischen zeigen sich den Marktexperten zufolge erste Erholungstendenzen: Bei einer aktuellen Konsumentenumfrage gaben 50,6 Prozent der deutschlandweit Befragten an, Papier „gelegentlich“ und noch einmal 15,4 Prozent „häufig“ zu kaufen. Büro- und Schulbedarf stehen bei 19 Prozent der Verbraucher „häufig“ auf dem Einkaufszettel und Schreibwaren bei einem Viertel. Dabei spielen Fachgeschäfte der Umfrage zufolge eine wichtige Rolle. Der Handelsverband Büro und Schreibkultur hatte zuletzt für 2023 trotz inflationsbedingt schwieriger Lage ein leichtes Umsatzplus prognostiziert.
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Trotzdem bremsen Marktforscher zu optimistische Erwartungen. Selbst im Best-Case-Szenario werde der Marktanteil bis 2030 sinken, heißt es in dem Marktreport. Mit rund drei Milliarden Euro falle der Umsatz dann um knapp 30 Prozent geringer aus als im bisher besten Jahr 2019.
Für die Kuehnes kein Grund für Pessimismus. Sie setzen auf „Papierliebhaber und Designenthusiasten, Typografiefreaks, Japanfans und Produktästheten“. Inzwischen fänden immer mehr Kunden in den Paperluxladen, sagt Soraya Kuehne. Demnächst betreut eine neue Mitarbeiterin das Geschäft während der Öffnungszeiten von Mittwoch bis Sonnabend. Sie soll auch die Präsenz in den sozialen Medien erhöhen.
Designerpaar im Karolinenviertel: Neuer Laden stellt sich gegen den Trend
Die Ladeninhaber haben noch viele Ideen und wollen das Angebot schnell erweitern. Unter anderem entwickeln sie gerade ein neues Notizbuch. Der Bereich Papier, auch mit Personalisierungen und Prägungen, kommt in den nächsten Wochen dazu. Und das Mini-Tagebuch „One Word a Day“ soll in weiteren Farben erscheinen. „Wir wollen Paperlux mit der Papeterie zu einer Marke ausbauen“, sagen Soraya und Max Kuehne.