Die Ankläger werfen dem SPD-Politiker vor, seine Ex-Freundin überredet zu haben, für 3000 Euro zu heiraten. Ciftlik streitet alles ab.

Hamburg. Der wegen Vermittlung einer Scheinehe angeklagte Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Bülent Ciftlik hat die Ermittlungsmethoden der Staatsanwaltschaft scharf kritisiert. Der 37-Jährige warf den Anklägern am Montag vor, dass sie ihn zu einem Geständnis drängen wollten. „Sie suchen eine Beute, und ich soll die Beute sein“, sagte der frühere Sprecher der SPD-Hamburg am dritten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht im Stadtteil St. Georg. Die Staatsanwaltschaft wies die Vorwürfe als „hanebüchenen Unsinn“ zurück. Der Prozess wird am 26. Mai mit der Vernehmung erster Zeugen fortgesetzt. Ursprünglich sollte dies schon am Montag geschehen, wurde jedoch aus Zeitgründen verschoben.

Die Staatsanwaltschaft wirft Ciftlik vor, seine Ex-Freundin in der Zeit nach Juli 2007überredet zu haben, einen türkischen Bekannten zu heiraten, damit der heute 39-Jährige eine Aufenthaltserlaubnis erhält. Als Gegenleistung für die Hochzeit – sie war wenige Tage nach der Bürgerschaftswahl im Februar 2008 – habe der Bekannte 3000 Euro an die Frau bezahlt, die das Geld wiederum an Ciftlik als Kredit für seinen Wahlkampf weitergeleitet habe. Während Ciftlik die Anschuldigungen weiter vehement zurückweist, hat dessen damalige Freundin bereits ein umfangreiches Geständnis abgelegt.

Diesmal ging es in der Verhandlung um eine Vernehmung Ciftliks durch die Staatsanwaltschaft genau einen Tag vor Prozessbeginn Mitte April, in dessen Folge Ciftliks damalige Anwälte ihr Mandat niederlegten. Laut Ciftlik wurde ihm dort ein vorformuliertes Geständnis vorgelegt, um die ganze Angelegenheit eventuell noch ohne eine öffentliche Hauptverhandlung beilegen zu können. Ciftlik sagte, er sei aber nicht bereit gewesen, etwas zuzugeben, was er nicht getan habe. „Für die Akten war ich nicht bereit zu lügen.“

Bei diesem Termin sei auch die von der Staatsanwaltschaft als Fälschung bezeichnete E-Mail aufgetaucht, in der die heute 33-jährige Ex-Freundin ihr Geständnis widerruft. Dieses hatte sie erstmals genau einen Tag vor Ciftliks Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft abgelegt. Ciftlik sagte, bevor er irgendein Protokoll unterschreiben wollte, habe er die Mail, die während der Vernehmung in Papierform an der Pforte der Staatsanwaltschaft abgegeben worden war, lesen und prüfen wollen. „Ich bin heilfroh, dass ich mich auf die vorgegebene Einlassung nicht eingelassen habe“, betonte Ciftlik.

Die Staatsanwaltschaft nannte Ciftliks Aussage „blanken Unsinn“. Schließlich sei der SPD-Abgeordnete, dessen Mandat derzeit ruht, von sich aus, und nicht auf Verlangen der Staatsanwaltschaft in der Anklagebehörde erschienen. Und natürlich sollte es um ein Geständnis gehen. Alles andere wäre für die Staatsanwaltschaft sinnlos gewesen. Schließlich verfüge sie über eine „erdrückende“ Beweislage, sagte der Staatsanwalt. Hinzu komme, dass die Anklagebehörde ein Verfahren nicht einen Tag vor Prozessbeginn einfach kippen könne. Diese Entscheidung liege allein beim Gericht.

Neben den Auseinandersetzungen zwischen Ciftlik und den Anklägern ging es am Montag immer wieder um die Glaubwürdigkeit der einzelnen Akteure und die mediale Berichterstattung über den Fall. Schließlich hatten Ciftlik und dessen Ex-Freundin bei den vorangegangenen Verhandlungstagen gänzlich unterschiedliche Geschichten erzählt. Diesmal wies die 33-jährige Frau Ciftliks Vermutung zurück, sie könnte ihn aus Rache beschuldigen, weil er sich neu liiert und inzwischen auch verlobt habe. Davon habe sie erst während der Hauptverhandlung erfahren, betonte sie.

Parallel hat Bülent Ciftlik in einem anderen Verfahren einen Sieg errungen. Die Pressekammer des Hamburger Landgerichts untersagte dem "Spiegel", durch die Berichterstattung "den Verdacht zu erwecken, der Kläger sei an dem Diebstahl der Briefwahlstimmen im Februar 2007 beteiligt gewesen". Angeklagt waren der Verlag und der verantwortliche Autor des Artikels. Die Kammer rügte, der "Spiegel" habe Ciftlik als möglichen Täter dargestellt, obgleich die Ermittlungen der Staatsanwalt ohne Ergebnis geblieben waren.

Gegen den Politiker wird zudem in einem zweiten Verfahren wegen des Verdachts der üblen Nachrede und Verleumdung gegen Personen des öffentlichen Lebens ermittelt. Er soll Polizeivermerke gefälscht haben, um parteiinterne Gegner unter Druck zu setzen.