Hamburg. Gute Bilanz nach einem Jahr im neuen S-Bahn-Netz. Auch der ADAC bescheinigt außerordentliche Zuverlässigkeit des Hamburger ÖPNV.

  • Ein Jahr nach der Novellierung des S-Bahn-Netzes bilanzieren S-Bahn Hamburg und Verkehrsbehörde die Vereinfachung.
  • Daten zeigen: Die S-Bahnen sind seit der Neugestaltung des Netzes noch pünktlicher geworden.
  • Auch der ADAC bescheinigt Hamburgs ÖPNV eine außerordentliche Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit.

Na, wer erinnert sich noch an die 11, 21 und 31? Ziemlich genau vor einem Jahr, am 10. Dezember 2023, mussten die sogenannten Verstärkerlinien das Zeitliche segnen. Damals ging das neue S-Bahn-Liniennetz in Hamburg an den Start, parallel zur großen Fahrplanänderung bei der Deutschen Bahn (DB).

Zuverlässiger, pünktlicher und komfortabler sollten die Bahnen im überarbeiteten Netz fahren, so hatte es die S-Bahn geplant. „Easy peasy“ verständlich werde die Linienführung, warb das Verkehrsunternehmen damals. Nicht nur fielen die zweistelligen Linien weg, außerdem kam eine neue, hellblaue Linie S5 hinzu und seit dem Fahrplanwechsel fahren längere Züge im Hamburger Süden.

Jetzt, nach einem Jahr, ziehen Verkehrsbehörde und S-Bahn Hamburg Bilanz zur Netz-Novelle. Eine Auswertung der Daten aus 2024 (Januar bis November) zeige: So pünktlich waren Hamburgs S-Bahnen noch nie. Wo S-Bahn Chef Jan Schröder und Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) aber weiterhin Verbesserungsbedarf sehen. 

Ein Jahr nach Netz-Novelle: S-Bahnen so pünktlich wie nie

Insgesamt habe sich die Pünktlichkeit der S-Bahnen in Hamburg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,3 Prozent auf 95,9 Prozent verbessert, informieren S-Bahn und Verkehrsbehörde. Das sei die beste Pünktlichkeit überhaupt seit 2011, nur in diesem Zeitraum ließen sich die Zahlen ohne Weiteres vergleichen, sagt Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne). Auch wenn die Pünktlichkeits-Zunahme gering erscheine: 1,3 Prozent, das bedeute mehr als 400.000 zusätzliche pünktlich abfahrende S-Bahnen im Jahr 2024.

In der Pünktlichkeits-Hitliste schneidet die Linie S2 am besten ab. 98,2 Prozent der Züge war nach Daten, die S-Bahn und Senat am Dienst vorgestellt haben, in diesem Jahr pünktlich. Das heißt: maximal 2:59 Minuten zu spät. Damit gesteht sich Hamburg äußerst wenig Spielraum zu. Viele Verkehrsunternehmen arbeiten mit Spannen von bis zu sechs Minuten, so etwa die DB.

S-Bahn Hamburg: Das ist die pünktlichste Linie

Ähnlich pünktlich wie die S2 waren in diesem Jahr auch die anderen Linien. Die S1 kam in 95,5 Prozent aller Fälle pünktlich, die S3 zu 94,9 Prozent und die erst seit einem Jahr verkehrende S5 zu 95,6 Prozent. Grund für die verbesserte Pünktlichkeit sei unter anderem, dass die Verkehre an den Knotenpunkten Bahnhof Altona und Hauptbahnhof „entwirrt“ worden seien, sagt S-Bahn Chef Schröder. Vor diesen neuralgischen Punkten kreuzen sich nun weniger Linien.

Außerdem verzichtet die S-Bahn auf das An- und Abkoppeln von Wagen am Hauptbahnhof, was den Betrieb geschmeidiger macht. Das hatte zuvor aus dem Süden kommende Linien betroffen. Sowieso: Der Süden profitiere vom neuen Netz ganz besonders, auch weil hier nun dreimal so viele Langzüge mit neun Wagen fahren.

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Das Netz war auch reorganisiert worden, damit die S-Bahn geplante Erweiterungen besser darin integrieren kann. Die neue S4 soll von 2029 an Hamburg mit Bad Oldesloe verbinden und die S5 nach Norden bis Kaltenkirchen verlängert werden. Zudem ist eine neue Linie S6 im Hamburger Süden geplant, die ebenfalls 2029 in Betrieb gehen soll.

Verkehr Hamburg: Was im S-Bahn-Netz noch passieren muss

Verkehrsbehörde und S-Bahn betonen trotz aller guten Neuigkeiten auch, zu wissen wo es noch hakt – hauptsächlich an der Infrastruktur. Hier sei ein „erheblicher Ausbau“ geplant, sagt Senator Tjarks. Unter anderem seien neue Fahrzeuge bestellt worden, um die Flotte auf 258 Fahrzeuge aufzustocken (derzeit 164). Außerdem würden bis 2029 für die Netzerweiterung 53 Kilometer Gleise hinzukommen. Insgesamt hat das S-Bahn-Netz in Hamburg dann eine Länge von 200 Kilometern.

Zwar habe es in diesem Jahr mit 1,7 Prozent weniger Zugausfälle gegeben als im Vorjahr. Doch seien noch immer zu viele dieser Ausfälle auf technische Anlagen zurückzuführen. „Wenn wir beispielsweise nach Harburg ausbauen, erneuern wir zeitgleich die Infrastruktur“, sagt Verkehrssenator Tjarks. Das betreffe Signaltechnik, Weichen und Stellwerkstechnik. Auf der Strecke nach Bergedorf seien zudem Sanierungen an Weichen und Gleichrichterwerken vorgesehen.

„Wenn Sie auf demselben Liniennetz viel mehr Verkehr fahren wollen, dann haben Sie weiterhin Herausforderungen in der Pünktlichkeit. Und deswegen werden wir als Senat hier in die Infrastruktur investieren [...] Das soll natürlich verbunden werden mit dem Thema Digitalisierung“, so Tjarks. Bis 2030 will er 50 Prozent mehr Fahrgäste für den ÖPNV in Hamburg gewinnen.

ADAC-Auswertung zeigt: Hamburg hat den zuverlässigsten ÖPNV

Im Übrigen bestätigt auch der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) die hohe Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit des ÖPNV in Hamburg. Bei einem Vergleich der vier größten deutschen Städte schneidet die Hansestadt am besten ab, teilt der Verkehrsclub mit. Nur ein Prozent der geplanten S- und U-Fahrten seien im Untersuchungszeitraum September 2024 ausgefallen. Damit lag Hamburg vor den Städten Berlin, Frankfurt und Köln. München dagegen habe keine Daten freigegeben.

Noch pünktlicher als die S-Bahn war in der Untersuchung die Hamburger U-Bahn. 93 Prozent der Züge hatten weniger als eine Minute Verspätung, 98 Prozent weniger als drei Minuten und 99 Prozent eine Sechs-Minuten-Pünktlichkeit. In Berlin und Frankfurt würden nur knapp die Hälfte der U-Bahnen den Wert von einer Minute einhalten, informiert der ADAC.