Hamburg. Ärzte und Pflegekräfte sammeln aus privatem Engagement sechsstellige Summe für reguläre Versorgung. Wilhelmstift steckt doppelt in der Klemme.

Das Katholische Kinderkrankenhaus Wilhelmstift hat in seiner Spendenaktion eine bemerkenswerte Marke überschritten. Bei gut 543.000 Euro stand am Dienstag die Sammelaktion, die privat von Ärzten und Pflegekräften angestoßen wurde und Geld für die reguläre Versorgung von Kindern in der Hamburger Klinik erbringen soll. Dem Wilhelmstift in Rahlstedt fehlen wie vielen Häusern ausreichende Finanzmittel, hier insbesondere für moderne Ultraschallgeräte, ausreichend Beatmungseinheiten und Mittel für die Spezialambulanzen wie beispielsweise die für brandverletzte Kinder.

Die Spendensammler im Haus wollten die finanzielle Situation nicht mehr akzeptieren, die wegen der generell schwierigen Lage der Krankenhäuser in Deutschland angespannt ist, aber auch wegen des lahmenden Tempos der Krankenhausreform – und des nach wie vor über Jahre vom Erzbistum Hamburg verschleppten Verkaufsprozesses der Ansgar-Gruppe. Dazu zählen inzwischen das Wilhelmstift, das Marienkrankenhaus und Groß-Sand (Wilhelmsburg). Zuletzt hieß es, wegen der quälend langen und ergebnislosen Gespräche mit dem Konsortium aus St. Franziskus (Münster) und Immanuel Albertinen (Hamburg/Berlin) könnten auch wieder andere Bieter für die Häuser einsteigen. Wer das sein könnte und woher diese kommen sollten, ist unklar.

Krankenhaus Hamburg: Kinderklinik Wilhelmstift geht ungewöhnlichen Weg

Umso unbeirrter verfolgen die Wilhelmstifter ihre Spendenaktion (von Bischofssitz und Geschäftsführung geduldet). Es gibt neben zahllosen Kleinbeträgen auch einen Gönner, der nicht genannt werden möchte. Ob und wann die erhofften zwei Millionen Euro da sind, lässt sich noch nicht abschätzen. Zunächst soll im Wilhelmstift eine Monitoranlage für Herz-Kreislauf-Parameter für die Infektstation 6 erworben werden.

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Oberärztin Dr. Sandra Wenzel sagte: „Dank der neuen Monitoranlage mit zentraler Überwachung können wir in Zukunft die kranken Kinder besser überwachen und so die medizinische Versorgung deutlich verbessern.“ Somit könnten zwei bis drei Kinder mehr pro Tag behandelt werden. Diese Monitoranlage optimiert auch den Zeitaufwand für Ärzte und Pflegekräfte. Denn sie müssen sonst immer durch die langen Gänge laufen, um die Werte bei einzelnen Kindern zu checken, die sie künftig von einem Platz an den Geräten ablesen können.

Spendensammlerin Maike Hinrichs sagte: „Wir sind überwältigt von der großartigen Unterstützung der Hamburger und danken allen herzlich. Dieses bürgerschaftliche Engagement hilft uns, die kommende Zeit zu überbrücken.“

Hamburger Kinderkrankenhäuser: Deshalb ist die Situation so unterschiedlich

Diese kleckerweise „Zwischenfinanzierung“ hat einen tieferen Grund. Die anderen auf Kinder spezialisierten Hamburger Häuser wie das Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK; zählt zum UKE), das Kinder-UKE, Asklepios Altona und Helios Mariahilf in Harburg sind unter dem Dach größerer Konzerne oder städtischer Kliniken, deren mögliche Verluste ausgeglichen werden. Hamburger Krankenhaus-Experten haben mehrfach intern eine bittere Wahrheit verkündet: Mit Kindermedizin kann man kein Geld verdienen.

Die Krankenhausreform soll ihre neuen Regeln bei Kinderkliniken und Spezialkliniken für die Versorgung von Behinderten aussetzen. Das hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei einer Veranstaltung im Krankenhaus Alsterdorf versprochen. Wie sich die Vergütung dieser Häuser in Zukunft gestaltet, das ist allerdings im Detail noch unklar.

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Kinderkrankenhäuser wie das Wilhelmstift halten eine Vielzahl von Experten und Geräten vor, die nicht das ganze Jahr zu 100 Prozent ausgelastet sind, aber Kosten verursachen. Umgekehrt sind sie dann „systemrelevant“, wenn es darum geht, seltene Verletzungen (Brandopfer) oder Erkrankungen bestmöglich zu versorgen.

Hamburger Notfallpraxen: Öffnungszeiten eingeschränkt

Zudem: In der Infektsaison kann es gerade bei Kindern dazu kommen, dass sich Atemwegserkrankungen bis hin zu Lungenentzündungen verschlimmern oder aufgrund der Überlastung der Kinderarztpraxen viele Eltern sofort die „Abkürzung“ in die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung am Wilhelmstift oder in die Notaufnahme des Krankenhauses nehmen.

Die Anspannung von Ärztinnen und Ärzten dort ist mit Händen greifbar. Weil die KV wegen der Personalüberlastung und stark gestiegener Kosten ihren Notdienst nicht mehr wie gewohnt aufrechterhalten kann, wurden die Öffnungszeiten der Notfallpraxen bereits reduziert.