Hamburg. Krankheiten machen vor Kita-Personal nicht Halt und sorgen für eingeschränkte Betreuungszeiten. Was Eltern wissen müssen. So ist Lage in Hamburg.
- Wie erklären Eltern dem Arbeitgeber, weshalb sie nicht zum Dienst erscheinen können?
- Gibt es in solchen Fällen Lohnfortzahlungen?
- Was es mit Paragraf 616 BGB im Arbeitsvertrag auf sich hat.
Mit einem „harten Winter“ rechne er, sagt Björn Boettcher schon im Oktober dem Abendblatt. Boettcher ist Geschäftsführer des Kirchengemeindeverbands im Kirchenkreis Hamburg-Ost, der Träger von 130 Kitas ist. Und die kalte Jahreszeit, die sei für Kindertagesstätten stets ein besonderer Kraftakt. Denn laufe es schlecht und erkranken zu viele Erzieher gleichzeitig, dann drohen eingeschränkte Betreuungszeiten.
Immer wieder und gerade im Winter kommt es vor, dass Kitas in Hamburg – ohnehin in vielen Fällen personell dünn besetzt – die Betreuung in den Tagesrandzeiten streichen oder tageweise vollständig schließen müssen. Für berufstätige Eltern ein Graus. Sie müssen dann spontan freinehmen.
Stellt sich die Frage: Wie erklären Eltern dem Arbeitgeber, weshalb sie nicht zum Dienst erscheinen können? Und gibt es in solchen Fällen Lohnfortzahlungen? Schließlich hat nicht jeder das Glück, im Zweifel ins Homeoffice zu wechseln oder die Großeltern aktivieren zu können.
Kita Hamburg: Wegen Personalnot plötzlich geschlossen – das haben Eltern dann zu tun
Wie so oft gilt: Rechtzeitige Kommunikation beugt Schwierigkeiten vor. Sollten Eltern nicht zur Arbeit erscheinen können, weil die Kita geschlossen ist, sind sie im Vorteil, wenn sie diese Möglichkeit bereits mit dem Arbeitgeber durchgesprochen haben.
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Grundsätzlich sind Eltern dazu verpflichtet, im Falle einer geschlossenen Kita nach einer alternativen Betreuung für das Kind zu suchen. Sind Oma und Opa oder beispielsweise Eltern von anderen betroffenen Kindern aus der Kitagruppe nicht für die Ersatzbetreuung zu haben, greift der Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Kinderbetreuung Hamburg: Paragraf 616 BGB – kein Verdienstausfall bei unerwartetem Ereignis
Darin heißt es, der Arbeitnehmer könne im Zweifelsfall „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ sowie „ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert“ sein, ohne dass ihm der Verdienst flöten geht. Eine spontane, tageweise Kitaschließung ist ein Beispiel dafür. Ist die Einrichtung mit Ankündigung geschlossen, etwa wegen eines Streiks, greift das Gesetz nicht.
Wichtig ist außerdem: Mancher Arbeitgeber schließt Paragraf 616 BGB im Arbeitsvertrag aus. Wenn das der Fall ist, haben Eltern unter Umständen kein Recht darauf, weiterbezahlt zu werden, wenn die Kita spontan schließt und sie die Betreuung übernehmen. Dann müssen sie einen regulären Urlaubstag oder Überstunden nehmen beziehungsweise sich unbezahlt freistellen lassen, um ihr Kind zu Hause zu betreuen.
Kita in Hamburg: Steht ein harter Winter bevor?
Wie Björn Boettcher berichtet, der wegen Personalnot einen harten Winter erwartet, schlagen sich die Kitas des Kirchenkreises Hamburg-Ost derzeit noch gut. „Wir hatten im Hamburger Stadtgebiet im November in 60 Kitas bislang sieben Betriebsstörungen“, berichtet er. „In den meisten Fällen bedeuten Betriebsstörungen eingeschränkte Öffnungszeiten. In den aller seltensten Fällen sind Kitas komplett zu.“
Elf Prozent „Störungen“, das sei ein vergleichsweise zufriedenstellender Wert – zumal bei einer aktuell hohen Zahl von Atemwegserkrankungen laut Berichten des Robert-Koch-Instituts (RKI).
Ganz überraschend kommen eingeschränkte Betreuungszeiten für die Eltern der Kitakinder der Einrichtungen des Kirchenkreises übrigens nicht. Denn eine sogenannte Belastungsampel hilft ihnen, schon im Vorwege ein Gefühl für die aktuelle Krankensituation zu bekommen.
Elbkinder Kitas mussten noch nie eine ganze Einrichtung schließen
Vor allem während Krankheitswellen könne es auch bei Hamburgs größtem und städtischen Kitaträger, den Elbkindern, zu „Einschränkungen unserer Leistungen“ kommen, informiert Sprecherin Anna Fuy. „Durch die Größe unserer Kitas können unsere Teams aber meist flexibel reagieren und die Betreuung so organisieren, dass beispielsweise nicht berufstätige Eltern gebeten werden, ihr Kind zu Hause zu betreuen.“ Auf Wunsch der Eltern stellen die Elbkinder auch eine schriftliche Bestätigung darüber aus, dass die Betreuungszeiten eingeschränkt wurden, informiert Fuy.
Um Kitagruppen-Schließungen möglichst ganz zu vermeiden, haben die Elbkinder einen großen Springerpool von derzeit 86 Fachkräften aufgebaut. „Aber auch hier kann es irgendwann zu Engpässen kommen“, so Fuy. In jedem Fall würden die Eltern so früh wie möglich informiert. Ganze Kitas habe das städtische Unternehmen, zu dem aktuell 177 Einrichtungen gehören, noch nicht schließen müssen.
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Seit der Corona-Pandemie verzeichne der Träger eine leichte Zunahme von Betreuungseinschränkungen, berichtet die Sprecherin. Und auch der Winter tue sein Übriges: „In der kalten Jahreszeit steigt die Krankenquote überall – das betrifft auch unsere Teams und die bei uns betreuten Kinder. Umso wichtiger, dass alle immer nur gesund in die Kita kommen“, appelliert Fuy für die Elbkinder. Schließlich lässt sich so mancher Krankheitsfall vermeiden, wenn Ansteckungsketten gar nicht erst zustande kommen.
Kita Hamburg: Schließungen werden nicht systematisch erfasst
Auch die Sozialbehörde weiß von den eingeschränkten Betreuungszeiten, die es in Hamburgs Kitas immer wieder gibt. Eine „Jahreszeit entsprechende Krankheitssituation“, aber auch der „zunehmend spürbare Fachkräftemangel“ seien dafür verantwortlich. Zahlen zu Betreuungseinschränkungen würden zwar nicht systematisch erfasst, „durch einen engen Austausch mit Kitaverbänden und -trägern sind wir aber sehr gut über die Lage in den Kitas informiert“, so Behördensprecher Wolfgang Arnhold.
Sollte ein Kind kurzfristig nicht in einer Kita betreut werden können, sei die Behörde aber für Folgen wie Dienstausfälle der Eltern nicht in der Verantwortung. Es handle sich um „eine privatrechtliche Angelegenheit zwischen Träger und Eltern.“ Bei Beratungs- oder Beschwerdebedarf bestehe jedoch die Möglichkeit, dass Eltern sich an die Kita-Trägerberatung wenden.