Hamburg. Alessandra Galofaro ist aus Kalabrien nach Hamburg gezogen. Sie erzählt, was deutsche und italienische Kitas unterscheidet.
- Schon seit 2018 gibt es bei den Elbkindern das „Italien-Programm“.
- Derzeit arbeiten 45 Pädagogen aus Italien in den Kitas des städtische Trägers.
- Die Fachkräfte kommen gern nach Deutschland, weil sie sich hier besser beruflich weiterentwickeln können.
Dass viele Kitas in Hamburg unter Fachkräftemangel leiden, ist kein Geheimnis. Auch die Elbkinder, Hamburgs größter und städtischer Kita-Träger, hat Bedarf nach qualifiziertem Personal. Derzeit sind 60 Stellen für pädagogische Fachkräfte frei, berichtet Alina Gurski, die für die Personalgewinnung des Trägers zuständig ist. 20 dieser Stellen sollen aber schon in Kürze besetzt werden – von Italienerinnen und Italienern.
Die Elbkinder importieren ihr Personal nämlich mittlerweile aus dem Mittelmeerland. 45 Pädagogen von Mailand bis Palermo arbeiten derzeit in den Kitas des Trägers. Eine der italienischen Kolleginnen ist Alessandra Galofaro, die im vergangenen Jahr aus Kalabrien in die Hansestadt gezogen ist. Wie es die 28-Jährige aus dem sonnigen Süditalien ins Schietwetter-Hamburg verschlagen hat.
Schnelsen statt Kalabrien: Elbkinder locken italienisches Personal
Das Italienprogramm gibt es schon seit 2018. Dafür arbeiten die Elbkinder mit der internationalen Personalvermittlung Joblaborum zusammen, die wiederum Partner von Eures (European Employment Services) ist. Dieses Netzwerk der Europäischen Kommission fördert die innereuropäische Mobilität auf dem Arbeitsmarkt. Über Social Media war Alessandra Galofaro auf Joblaborum und damit auch das Angebot der Elbkinder aufmerksam geworden.
Ein Glücksfall, sagt die 28-Jährige, die heute in der Kita Jungborn in Schnelsen arbeitet. „Ich bin hier, weil ich mich gern im Kita-Bereich weiterentwickeln will und auch als Sozialpädagogin, da ich dafür auch in Italien studiert habe“, sagt sie. In ihrem Heimatland ist das nicht untypisch. Galofaro hat ein dreijähriges Studium der Erziehungswissenschaften sowie Sozialpädagogik hinter sich und bereits praktisch in einer Kita gearbeitet.
Dennoch: „In Italien hat man leider nicht so viele Chancen wie hier, um sich weiterzuentwickeln“, sagt sie. Gerade im strukturschwachen Süden ihres Heimatlandes sind die Karriere-Möglichkeiten begrenzt. Hier gibt es nur wenige urbane Zentren und eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Ende 2022 waren laut Eures beispielsweise 22 Prozent der jungen Italiener ohne Arbeit.
Kita Hamburg: Fachkräfte werden mit gutem Gehalt angeworben
Auch Alina Gurski aus der Personalgewinnung spricht davon, dass Italien hoch qualifizierte Pädagogen ausbilde, ihnen aber gleichzeitig wenig berufliche Perspektive bieten kann. In Deutschland sind gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland hingegen gefragt.
Bevor Galofaro im April 2023 nach Hamburg übersiedelte, belegte sie einen sechsmonatigen Deutsch-Intensivkurs in Neapel – auch das ist ein verpflichtender Teil des Elbkinder-Italienprogramms. „Die Deutsche Sprache ist schon schwer – da braucht man echt Geduld“, so Galofaro. Und sie weiß, dass sie auch heute noch nicht perfekt spricht. Umso praktischer, dass ihr Arbeitsalltag der Pädagogin beim Deutschlernen entgegenkommt: „Die Kinder haben mir wirklich geholfen, mein Deutsch noch mal zu verbessern. Sie sprechen so schön einfach und direkt“, sagt die Italienerin.
Die Elbkinder tun viel dafür, um dringend benötigte Fachkräfte wie Galofaro anzuwerben. Wer mit dem Italienprogramm nach Hamburg kommt, dem wird beispielsweise eine Wohnung gestellt. Ein großer Anreiz, immerhin stellt die Wohnungssuche in Hamburg insbesondere für Ausländer ein ziemliches Hindernis dar.
„Die Kitas hier sind etwas anders als in Italien“, sagt Galofaro
„Es gibt jede Menge guter Gründe für einen Job bei den Elbkindern“, sagt Gurski von der Personalgewinnung. „Das fängt beim Tarifgehalt an und hört bei diversen sozialen Leistungen noch nicht auf.“ Mit mehr als 5000 Mitarbeitern im pädagogischen Bereich beschäftigen die Elbkinder einen Großteil der in Hamburg lebenden pädagogischen Fachkräfte. Insgesamt betreut der Träger mit 7300 Mitarbeitenden circa 32.000 Kinder an rund 220 Kita- und Schulstandorten in und um Hamburg.
Familie, Freunde und ihren Heimatort für einen Job bei den Elbkindern hinter sich zu lassen, das sei einerseits schwer gewesen, sagt Galofaro. Andererseits habe sie den tiefen Wunsch nach neuen Erfahrungen im Bereich Kita gehegt. Und, verrät sie, der Wunsch habe sich erfüllt. Denn tatsächlich gebe es Unterschiede zwischen Hamburg und Kalabrien, was die Kinderbetreuung anbetrifft.
Kita Hamburg: 45 italienische Mitarbeiter bei den Elbkindern
„Die Kitas hier sind schon etwas anders als in Italien. Die Kinder haben mehr Freiheiten, können selbstständig ausprobieren und spielerisch lernen. In Italien ist das ein bisschen ... sagen wir ,strukturierter‘“, so Galofaro. 15 Krippenkinder und 35 Kinder aus dem Elementarbereich betreut die 28-Jährige derzeit in offener Arbeit in der Kita Jungborn in Schnelsen.
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Ausgerechnet in der Hafenstadt habe sie sich anfangs gefühlt „wie ein Fisch auf dem Trockenen“, erzählt Galofaro. Schließlich war alles neu, die Stadt groß, die Menschen ihr unbekannt. Heute fühlt sie sich in Hamburg richtig wohl – wie ein Fisch im Wasser, lässt sich vermuten. Am besten gefällt es Galofaro, die in Wilhelmsburg wohnt, am Hafen und in der Speicherstadt, sagt sie. Und wenn sie Italien vermisst, hilft der Elbkinder-Italiener-Stammtisch. Dabei gehen die italienischen Kollegen gemeinsam bowlen oder abendessen – Pizza natürlich.