Hamburg. Hunderte Hasskommentare auf TikTok: SPD-Bürgerschaftskandidat aus Hamburg wird angefeindet. Wie der Polizist damit umgeht.

  • Der SPD-Politiker Oktay Özdemir hat bei TikTok einen massiven Shitstorm abbekommen
  • Unter mehr als 1000 Kommentaren sind Hunderte beleidigende Beiträge, oft geht es dabei um Özdemirs Aussehen
  • Dennoch sagt der Listen-Kandidat für die SPD: „Werde keine Anzeige erstatten“

Geahnt hat er es. Was aber dann kam, damit hat Oktay Özdemir, Listen-Kandidat für die SPD zur Bürgerschaftswahl 2025 und Polizist, nicht gerechnet. Mehr 53.000 Aufrufe hat sein Beitrag zu seiner Kandidatur bei TikTok erzielt. Mehr als 1000 Kommentare wurden abgegeben. Was Özdemir schockierte: 80 bis 90 Prozent davon waren sogenannte „Hasskommentare“, oft aus der untersten Schublade.

„Ich habe schon erwartet, dass Hasskommentare kommen“, sagt Özdemir. „Dass das in dem Umfang passiert, damit habe ich aber nicht gerechnet.“ Dabei ging es weniger um die Partei, für die er kandidiert, sondern um ihn als Person und sein Aussehen. Mal wurde er als „Ölauge“ oder „ganz klar Vierbeiner“ tituliert. In Kommentaren wurde gefragt, was er in der deutschen Politik zu suchen habe.

Bürgerschaftswahl 2025: Als Polizist ist SPD-Mann Oktay Özdemir Beleidigungen gewohnt

Özdemir sieht das verhältnismäßig entspannt. „Ich bin als Polizist, was Beleidigungen angeht, einiges gewohnt“, sagt er. Zudem hätten viele der Kommentarschreiber offenbar schon fundierte Kenntnisse, wie man beleidigt, ohne strafrechtlich belangt werden zu können. Andere Kommentare, Stichwort „Ölauge“, hätten einen Straftatbestand erfüllt. Doch auch da bleibt der Kommissar gelassen. „Ich werde keine Anzeige erstatten. Das hätte ich in Fällen gemacht, bei denen es konkrete Drohungen gegeben hätte.“

Oktay Özdemir, SPD-Bürgerschaftskandidat posiert vor einem Partei-Banner
Oktay Özdemir, Polizist und Bürgerschaftkandidat der SPD, bekam auf einen Wahlkampf-Post viele Hasskommentare. © André Zand-Vakili | André Zand-Vakili

Glücklich ist Özdemir mit den Kommentaren aber natürlich nicht. „Es ist wichtig, dass wir uns auf die Inhalte und Lösungen konzentrieren, die uns als Gesellschaft voranbringen“, sagt er. „Wir sind alle nicht perfekt, aber ich lege großen Wert auf einen respektvollen Umgang miteinander. Gerade als vierfacher Familienvater ist es mir wichtig, in welcher Welt meine Kinder aufwachsen.“

Trotz Hasskommentare will SPD-Mann Oktay Özdemir weiter soziale Medien nutzen

Abschrecken tun ihn die Kommentare nicht. „Ich werden auch weiter soziale Medien nutzen“, sagt er – selbst auf die Gefahr hin, dass es wieder in großem Umfang ehrabschneidende Kommentare gibt. „Davon lasse ich mich nicht unterkriegen.“

Steinige Wege ist er gewohnt. Als Kind der Schanze, in der er aufwuchs, hatte sich Özdemir 2007 bei der Polizei beworben. Erst wurde er abgelehnt. „Es lag an mir und meinen Voraussetzungen“, gibt er zu. „Ich hatte eine Fünf in Englisch und viele Fehlstunden.“ Dass er dennoch genommen wurde, lag an ihm und seinen Kampf um die Einstellung. „Es war dann eine Einzelfallentscheidung“, erzählt er. Heute ist er Kommissar am Polizeirevier 21 in Altona. Seine Entscheidung hat er nie bereut. „Ich habe eine hohe Berufszufriedenheit“, so Özdemir.

Dass er überhaupt Polizist wurde, lag an seinem Onkel. „Er war Polizist in der Türkei. Das war mein Vorbild.“ Aber auch sein „gutes Elternhaus“ und seine „gute Erziehung“ seien Faktoren gewesen, die ihn mit zu diesem Beruf gebracht hätten.

Politik Hamburg: Eine Lehrerin brachte Oktay Özdemir zur SPD

Anders ist es bei der Politik. Dort war es eine Lehrerin, die ihn für den Einstellungstest bei der Polizei fit machte, die ihn für die SPD begeisterte. „Ich war schon immer ein politisch denkender Mensch gewesen. Ich bin dadurch dann in die Politik hineingekommen.“ Jetzt ist er 17 Jahre in der SPD. Erstmals bewirbt er sich bei der kommenden Bürgerschaftswahl Anfang 2025 um ein Amt.

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Bei der Bürgerschaftswahl, die voraussichtlich am 2. März stattfinden soll, kandidiert Oktay Özdemir auf dem Listenplatz 59. Das klingt erst einmal nicht vielversprechend. Aber auch hier ist er Optimist. „Wenn mich 2000 Wähler wählen, habe ich eine reelle Chance“, sagt er. Dafür will er kämpfen. Auch auf TikTok und auf die Gefahr hin, dass erneut viele der sogenannten „Hasskommentare“ auf ihn einprasseln.