Hamburg. CDU, FDP und Steuerzahlerbund fordern eine Verlegung. Der Senat fürchtet, dass kleine Parteien dagegen klagen könnten. Was der Bürgermeister sagt.

Der rot-grüne Senat möchte, dass sich der Verfassungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft mit einem möglichen Vorziehen der Bürgerschaftswahl 2025 in Hamburg befasst. „Wir haben darüber mit großer Ernsthaftigkeit beraten“, erklärte Katharina Fegebank (Grüne), Zweite Bürgermeisterin der Hansestadt, im Anschluss an die Kabinettssitzung. Am Donnerstag soll die Frage in dem Verfassungsausschuss von allen Fraktionen erörtert werden.

Hintergrund: Nach dem Bruch der Ampelkoalition in Berlin sind Neuwahlen des Bundestags nötig; sie sollen aller Voraussicht nach am 23. Februar stattfinden – nur eine Woche vor der seit Langem angesetzten Wahl zur Bürgerschaft in Hamburg am 2. März. Die FDP und der Steuerzahlerbund haben gefordert, die Hamburg-Wahl um eine Woche vorzuziehen, um Kosten zu sparen und auch den Hamburgerinnen und Hamburgern Urnengänge an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen zu ersparen.

Bürgerschaftswahl 2025 in Hamburg: „Neuer Wahltermin birgt rechtliche Risiken“

Der Hamburger Senat sieht ein solches Vorziehen allerdings als „mit erheblichen rechtlichen Risiken behaftet“, wie Senatssprecher Marcel Schweitzer am Mittag auf entsprechende Fragen sagte.

„Uns geht es nicht um den Termin; für uns stehen Rechtssicherheit und Fairness der Wahl im Vordergrund“, sagte Fegebank. „Wir suchen die beste Lösung für die Hamburgerinnen und Hamburger.“ Deshalb soll es nun eine überparteiliche Beurteilung im Verfassungsausschuss geben; dort werde auch der Landeswahlleiter seine Einschätzung darlegen.

Fristen würden verkürzt – kleine Parteien könnten klagen

Unter anderem geht es darum, dass durch das Vorziehen der Wahl Fristen verkürzt würden. Kleinere Parteien und Einzelbewerber müssen aber eine bestimmte Zahl von Unterschriften vorlegen, um antreten zu können. Kleinere Parteien könnten sich durch eine verkürzte Vorbereitungszeit in ihren Rechten verletzt sehen und klagen. „Wir nehmen den Minderheitenschutz ernst“, sagte Fegebank. „Wir tragen am Ende die Verantwortung für ein rechtssicheres und faires Verfahren.“

Noch entschiedener äußerte sich der Sprecher von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Schweitzer. Der Wahltermin am 2. März sei in einem ordentlichen Verfahren beschlossen worden, dieses „ordentliche Verfahren durchzuschütteln“ und die Spielregeln zu ändern, berge erhebliche rechtliche Risiken. „Das könnte rechtlich anfechtbar sein.“

Was Bürgermeister Tschentscher zum Wahltermin sagt

Komme es zu Klagen und zeige sich, dass die Wahl nicht rechtens sei, müsse die Wahl unter Umständen drei Monate später wiederholt werden. „Das ist nicht unsere Vorstellung vom ordentlichen Regieren.“ Einfach so ein Vorziehen der Wahl zu fordern, könne man nur, wenn man keine Verantwortung trage, etwa als Oppositionspartei. Der Senat müsse dies ordentlich prüfen.

Tschentscher selbst ließ auf Anfrage mitteilen: „Im Gegensatz zum Bund sind die politischen Verhältnisse in Hamburg stabil. Bereits im April haben Senat und Bürgerschaft als Termin für die Bürgerschaftswahlen den 2. März 2025 beschlossen und damit die gesetzlichen Fristen zur Teilnahme an der Wahl festgelegt. Gerade auch vor dem Hintergrund der bundespolitischen Unwägbarkeiten legt der Senat weiterhin Wert auf ein rechtssicheres Verfahren zur Neuwahl der Hamburgischen Bürgerschaft.“

Opposition: Gemeinsamer Wahltermin günstiger und weniger Organisationsaufwand

Nach FDP und Steuerzahlerbund befürwortete am Dienstag auch die Hamburger CDU eine Zusammenlegung der Termine für die Bürgerschafts- und die Bundestagswahl am 23. Februar. „Es spricht viel dafür, beide Wahlen am selben Tag abzuhalten, vor allem um den Organisationsaufwand und die Kosten zu reduzieren“, sagte der CDU-Landesvorsitzende Dennis Thering der Deutschen Presse-Agentur. Schwierig könnte es auch werden, so schnell nacheinander jeweils 15.000 Wahlhelfer zu finden. „Es versteht auch niemand in Hamburg, warum man zwei Sonntage hintereinander wählen soll.“ 

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Einem Vorziehen der Bürgerschaftswahl auf den 23. Februar würde die CDU zustimmen. Parteitaktische Spielchen seien bei der Entscheidung fehl am Platz. „Denn auf das Ergebnis hat der Wahltag letztendlich keinen Einfluss. Die Wählerinnen und Wähler können durchaus unterscheiden, ob ein neuer Bundestag oder die Hamburgische Bürgerschaft neu gewählt wird“, sagte Thering. Wahlforscher glauben, dass die Sozialdemokraten Nachteile zu befürchten haben könnten, wenn beide Wahlen am selben Tag stattfinden.

Neuer Wahltermin in Hamburg? „Nicht die Zeit für Parteipolitik“

„Grundsätzlich gilt: Jetzt ist nicht die Zeit für Parteipolitik. Wichtig ist, dass der Termin der Hamburg-Wahl rechtssicher ist und gleiche Chancen für alle garantiert“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. „Die Gefahr einer anfechtbaren Wahl muss zweifelsfrei ausgeräumt sein.“ Die Regierungsfraktionen würden deshalb eine Selbstbefassung im Verfassungsausschuss der Bürgerschaft am kommenden Donnerstag beantragen. „Wir sollten jetzt nicht in Hektik verfallen, nur weil anderswo nicht sauber gearbeitet worden ist. Im Vordergrund sollte für alle Akteure stehen, dass wir das bedeutende Ereignis einer Bürgerschaftswahl nicht leichtfertig beschädigen.“

Einem späteren Termin für die Bürgerschaftswahl erteilte Senatssprecher Schweitzer eine Absage. Der Wahltag würde den Fristen entsprechend in die Hamburger Frühjahrsferien rutschen.

So oder so: „Wir können erst aktiv werden, wenn Olaf Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt hat und der Bundespräsident tätig wurde“, erklärte Fegebank. Das sei voraussichtlich kurz vor Weihnachten der Fall. Bei dem zu erwartenden negativen Votum des Bundestags würde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Bundestag auflösen und den Neuwahltermin offiziell ansetzen. Erst dann könnte Hamburg handeln.