Hamburg. Das Landeskommando der Bundeswehr stellt die dritte Heimatschutz-Kompanie in Dienst: „Wir spüren, dass der Krieg näher rückt.“

An kaum einem Ort ist die Bevölkerung so motiviert, sich freiwillig als Heimatschützer zu melden, wie in Hamburg. Nach Hessen ist die Hansestadt das Bundesland mit dem größten Zulauf an Reservisten, die sich verpflichten, im Ernstfall ihre unmittelbare Heimat zu verteidigen. Am Dienstag kann das Landeskommando Hamburg bereits seine dritte Heimatschutzkompanie mit weiteren 120 Reservisten aufstellen.

Es ist ein wahrer Feiertag für die Kameraden: Am 12. November begehen sie den 69. Geburtstag der Bundeswehr, außerdem gibt es 20 Jahre Marineorchester Hamburg zu zelebrieren und dann auch noch die Indienststellung der neuen Heimatschutz-Kompanie. Die Tripelfeierlichkeit ist Grund genug, dass auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sich zu Andacht und militärischem Appell vor der Kirche einfindet.

Peter Tschentscher bei der Indienststellung der 3. Heimatschutzkompanie des Landeskommandos der Bundeswehr Hamburg im Michel, 12.11.2024
Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ließ sich die Indienststellung der 3. Heimatschutzkompanie des Landeskommandos Hamburg nicht entgehen. © Bundeswehr | P.-A. Wellinghausen

Bundeswehr: Immer mehr Hamburger wollen im Ernstfall ihre Heimat verteidigen

Einen Redebeitrag hat außerdem der derzeitige Chef des Landeskommandos, Oberstleutnant Jörn Plischke, vorbereitet. Plischke besetzt den Posten interimsmäßig, seit der ehemalige Kommandeur und Kapitän zur See Michael Giss im September vom hohen Norden in den tiefen Süden wechselte: Er leitet nun das baden-württembergische Landeskommando.

Plischke – kein Mann der vielen Worte, wohl aber der direkten Ansprache – lobte die dritte Heimatschutzkompanie als „das jüngste Kind unserer Bemühungen, Hamburg auf Krieg und Krisen vorzubereiten.“ Er sei „stolz und dankbar für das große Engagement unserer Reservisten und ihren persönlichen Einsatz für eine sichere Heimat. Hamburg hat verstanden, was es bedeutet, resilient zu werden.“

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Landeskommando-Chef: „Wir spüren, dass der Krieg näher rückt“

Plischke nutzt die Gelegenheit am Michel aber auch, um die Anwesenden auf neue weltpolitische Realitäten einzuschwören: „Wir spüren, dass der Krieg näher rückt“, sagt er. „Der Verteidigungsminister, der Generalinspekteur, die Nachrichtendienste warnen uns.“ Plischke nennt Drohnenüberflüge, Attentatsplanungen, Cyberangriffe, Sabotageversuche oder Brandanschläge auf deutsche Flugzeuge als handfeste Anzeichen des bröckelnden Friedens. Abschreckung sei wichtig, unsere Freiheit werde bedroht.

Indienststellung der 3. Heimatschutzkompanie des Landeskommandos der Bundeswehr Hamburg im Michel, 12.11.2024
Andacht im Hamburger Michel. Am Dienstag wurde eine dritte Heimatschutzkompanie mit 120 weiteren Reservisten aus und für Hamburg in Dienst gestellt. © Bundeswehr | P.-A. Wellinghausen

In den Augen des interimsmäßigen Landeskommando-Chefs ist Hamburg aber ein Vorreiter, was die Vorbereitung auf den Ernstfall angeht. Die Behörden und Zivilgesellschaft seien vielfach motiviert, sich neuen verteidigungspolitischen Herausforderungen zu stellen. Besonders erfreulich ist für ihn zudem der Zustrom von Heimatschützern. Erst im Frühjahr 2024 war die zweite Kompanie in Dienst gestellt worden, im Frühjahr 2025 soll schon die vierte folgen.

Weitere 850 Hamburger Heimatschützer im „Beorderungsverfahren“

Noch einmal klar an Fahrt aufgenommen habe das Interesse am Heimatschutz in Hamburg seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine – und damit ausgerechnet jenem Zeitpunkt, seit dem der Verteidigungsfall wieder wahrscheinlicher erscheint. Mittlerweile gibt es fast mehr Bewerbungen, als die Bundeswehr kurzfristig bearbeiten kann, erzählt der Sprecher der Landeskommandos, Oberstleutnant Jürgen Bredtmann. Allein 850 Menschen befänden sich aktuell im „Beorderungsverfahren“, sprich auf gutem Weg in die Truppe. Sogar Ungediente können sich mittlerweile verpflichten.

Heimatschützer sind als Reservisten salopp gesagt „Freizeitsoldaten“. Sie gehen herkömmlichen Berufen nach und werden nur im Ernstfall beordert. Dazu muss kein Krieg ausgebrochen sein. Heimatschützer sind auch in der Katastrophenhilfe tätig, beispielsweise bei Überschwemmungen. Auch während der Corona-Pandemie wurden sie beordert, beispielsweise um in Impfzentren zu unterstützen.