Hamburg. Besonderer Lärmschutz auf der Strecke nach Ahrensburg: Wieso das für die Akzeptanz des Infrastruktur-Projekts wichtig ist.
- Besonderer Lärmschutz kommt auf der künftigen S4-Strecke zum Einsatz.
- Neue Technologie soll Akzeptanz des Schieneninfrastruktur-Projekts bei Anwohnern steigern.
- Bund will 600 Millionen Euro für die S4 locker machen.
Wie Sie sehen, hören Sie nichts: Dank einer kaum sichtbaren, weil transparenten „Weltneuheit“, so die Deutsche Bahn (DB), soll die S4 künftig nahezu geräuschlos durch Hamburg und das Umland Richtung Ahrensburg rollen. Dafür sorgen Lärmschutzwände aus schallabsorbierendem Plexiglas. Sie werden nicht nur den Lärmpegel für die Anwohner senken, sondern die Umgebung zugleich möglichst wenig verschatten.
Die transparenten Wände sind hoch absorbierend und nicht etwa reflektierend, was bei Plexiglas keine Selbstverständlichkeit ist. Die neue Lärmschutztechnologie hat die DB gemeinsam mit dem italienischen Start-up Phononic Vibes entwickelt. Damit die Wände auch möglichst lange transparent bleiben, haben sie eine besondere Anti-Graffiti-Beschichtung bekommen.
S-Bahn Hamburg mit „Weltneuheit“ für S4: transparente Lärmschutzwände
Für Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) sind die transparenten Lärmschutzwände ein hervorragendes Mittel, um die Akzeptanz für das Schieneninfrastrukturprojekt S4 zu erhöhen, sagt er. Schließlich versprechen die Wände dank ihrer stark schallabsorbierenden Wirkung bei gleichzeitiger Lichtdurchlässigkeit ein Plus an Lebensqualität für die S4-Anrainer.
Schon ab Dezember 2027 sollen zwischen Hamburg-Altona und Ahrensburg im Zehn-Minuten-Takt S-Bahnen verkehren. Sichtbar glücklich über die Lösung ist daher auch Eckart Boege (SPD), Bürgermeister in Ahrensburg. Die ursprünglich geplanten, herkömmlichen Lärmschutzwände „wären für Ahrensburg eine Katastrophe gewesen“, sagt Boege. „Sie hätten die Stadt brutal zerschnitten“, Straßenzüge dauerhaft verschattet und historische Sichtachsen zerstört.
S4 Hamburg: 100 Millionen Euro für Schallschutz
Noch sind in Ahrensburg allerdings keine der Plexiglas-Paneele installiert. Sie befinden sich aktuell lediglich auf einer Strecke von 55 Metern in Wandsbek zwischen den zukünftigen S4-Haltestellen Claudiusstraße und Bovestraße. Auf dieser Pilotstrecke werden die Lärmschutz-Fähigkeiten der Wände zwischen November und Januar zunächst mithilfe von Akustik-Messgeräten überprüft.
Bewähren sich die Wände, sollen sie auf mehreren Streckenabschnitten mit einer Gesamtlänge von rund 6,5 Kilometern zum Einsatz kommen. Auf den restlichen der insgesamt 45 Kilometer, die Lärmschutz erhalten sollen, werden die herkömmlichen, nicht durchsichtigen Wände installiert. Schließlich sind diese etwas günstiger. Insgesamt lassen sich Bund und Länder den Lärmschutz an der Strecke der S4 rund 100 Millionen Euro kosten, zwei Drittel davon werden in und für Hamburg investiert.
Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen: S4 stärkt Anbindung an Skandinavien
Auch Tjarks‘ Amtskollege aus Schleswig-Holstein, Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU), ließ es sich nicht entgehen, die Schallschutzwände am Freitag in Hamburg aus der Nähe zu begutachten. Für Madsen ist die S4 „eines der bedeutendsten Schieneninfrastrukturprojekte der letzten Jahrzehnte“, das Hamburgern und Schleswig-Holsteinern künftig einen weiteren Anreiz verschaffe, den privaten Pkw stehen zu lassen.
Doch nicht nur die Verbindung zwischen den beiden Bundesländern werde gestärkt, sondern auch der Weg nach Nordeuropa weiter geebnet: Die neue S4 ermögliche, „dass wir die frei werdenden Fernbahngleise für den Fernverkehr nach Dänemark nutzen können“, so Madsen. „Nach Fertigstellung der Fehmarnbelt-Anbindung werden wir dann von den direkten Verbindungen nach Skandinavien profitieren.“
S4 Hamburg: Bund leistet hohe Zuschüsse
Umso erfreulicher für Madsen und Tjarks, dass Hamburg und Schleswig-Holstein die 1,8 Milliarden Euro teure S4 nicht allein finanzieren müssen. Just hat der Bund einen offiziellen Fördermittel-Vorbescheid über knapp 600 Millionen Euro zugestellt. Das Geld fließt in den zweiten Bauabschnitt der Strecke, zwischen Luetkensallee bis an die Landesgrenze, der zwei neue Haltestellen (Pulverhof und Holstenhofweg) sowie mehrere Über- und Unterführungen umfasst. Die Bauarbeiten sollen nach Erhalt des Planfeststellungsbeschlusses starten, voraussichtlich Anfang 2025.
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„Diese Fördermittel des Bundes betonen einmal mehr den Stellenwert Hamburgs beim Ausbau der Schiene“, so Tjarks. Rund 250.000 Menschen würden künftig von der S4 profitieren, „und erstmals wird mit Rahlstedt einer der bevölkerungsreichsten Stadtteile an das S-Bahn-Netz angebunden.“