Hamburg. Sieben Au-Pair-Mädchen in sechs Jahren: Hamburgerin hat skurrile Dinge erlebt und Freudinnen fürs Leben gefunden. Worauf man achten sollte.

  • Sechs Jahre lang lebten immer wieder verschiedene Au-Pairs bei Christiane G. und ihrer Familie
  • Die jungen Frauen kümmern sich um die Kinder, den Haushalt und sind Familienmitglied auf Zeit
  • Ganz rund läuft es aber nicht immer: Die Mutter aus Hamburg machte ganz verschiedene Erfahrungen, positive als auch negative

Das Skurrilste war vermutlich die Story mit der Kuhglocke an der Haustür. Oder vielleicht doch eher das Mädchen, das für drei Tage einfach spurlos in Hannover verschwand? Christiane G. hat in den vergangenen sechs Jahren mit ihren insgesamt sieben Au-pair-Mädchen schon so einiges erlebt. Selbst mit Au-pairs aufgewachsen, war der Gedanke für die Hamburgerin nie fremd.

Mit drei Kleinkindern, selbst fast in Vollzeit tätig und einem Mann, der 100 Prozent arbeitet, war eine Unterstützung durch ein Au-pair für sie sehr naheliegend. Aber wie lebt es sich mit einem Menschen, mit dem man teilweise mit Händen und Füßen kommunizieren muss und der trotzdem ein Familienmitglied sein soll?

Au-pair in Hamburg: Einmal hatte sie Angst um ihre eigenen Kinder

Über den evangelischen Frauenverein VIJ bekam die Familie vor nunmehr sechs Jahren zum ersten Mal eine junge Frau vermittelt. „Das war aber erst mal direkt ein Reinfall“, erinnert sich Christiane an die etwa 20-Jährige. „Sie war mit den Kindern total überfordert. Wenn sie die Kleinen zum Kindergarten brachte, kam sie schweißgebadet zurück, und ich hatte Sorge um die Kinder.“ Die mangelnde Erfahrung mit Kindern und ständige Debatten über kleine Zuarbeiten im Haushalt ließen ihr nach drei Monaten keine andere Option: Sie vermittelte das Au-pair-Mädchen schließlich in eine andere Familie. 

Es folgten weitere Au-pair-Hilfen – eine anders als die andere. „Was viele nicht ganz verstehen: Man holt sich meistens noch ein Kind mehr ins Haus“, erklärt die 57-Jährige. „Zwei der Au-pairs waren junge Frauen, die anderen fünf waren eher wie Kinder, denen man vieles erklären und zeigen musste.“ Ein selbstständiges Mitdenken sei bei einigen der Mädchen einfach nicht gegeben gewesen.

Überforderung im Alltag – sogar beim Wäschefalten

Teilweise hätten die jungen Frauen keine Verantwortung für sich oder die Kinder übernehmen können. Ein Au-pair habe sich etwa ständig verlaufen, ihr Fahrrad häufig verloren und sei auch mit simplen Hausarbeiten, wie etwa Wäsche zusammenlegen, überfordert gewesen.

Aber nicht nur solche Situationen haben dazu geführt, dass Christiane die Frauen „gehen lassen musste“. Während Corona war ein Mädchen bei der Familie gewesen, die sich besonders auf das Nachtleben und die Großstadt Hamburg gefreut habe. Als die Familie dann aufgrund von Corona zwischenzeitlich aufs Land wechselte, wurde die junge Frau immer unzufriedener, bis sie schließlich depressiv wirkte.

Au-pair in Hamburg: Eine Kündigung will gut überlegt sein

Auch für Christiane war das damals nicht leicht: „Die Mädchen gehören mit zur Familie. Deshalb ist es auch schlimm, sie so leiden zu sehen.“ In gegenseitigem Einverständnis beschlossen die Familie und das Au-pair, dass es besser sei, den Heimweg anzutreten.

Eine Kündigung will für die Hamburgerin jedoch gut abgewogen sein: „Für die jungen Frauen bedeutet ein Heimkehren häufig, dass sie von der Familie nicht gut aufgenommen werden. Schließlich haben die Familien oft viel Geld aufwenden müssen, damit die Mädchen überhaupt hierherkommen konnten.“ Deshalb sei es ihr wichtig, die Au-pairs weiterzuempfehlen und darauf zu achten, dass sich andere Möglichkeiten für die Frauen ergeben. Das sei aber leider nicht in jedem Fall möglich.

Wichtiger als der Haushalt: zu einem Familienmitglied werden

Die Unterstützung im Haushalt sollte, da sind sich Au-pair-Agenturen und Christiane einig, allerdings nicht im Zentrum stehen. Denn vorrangig geht es darum, ein Familienmitglied zu gewinnen, mit dem man sich über Kulturen und Sprachen austauschen kann. Im besten Fall profitieren beide davon. „Manche verstehen das Konzept nicht und denken, sie würde einfach eine Haushaltshilfe bekommen, die direkt alles kann“, so die dreifache Mama.

Einerseits gehe damit einher, dass man den jungen Frauen erstmal geduldig die anstehenden Arbeiten erklärt. Ganz wichtig sind aber auch die angepassten Erwartungen: Die Au-pairs sollen nicht jede anfallende Arbeit abnehmen: Vielmehr sollten sie wie ein Familienmitglied behandelt werden, das einem mit den Kleinen unter die Arme greift. Eher wie eine große Schwester – nicht wie ein Mädchen für alles.

Au-pair in Hamburg: Das sind die Kosten für die Familien

Besonders kostengünstig ist das Ganze allerdings nicht: Im Schnitt muss mit rund 500 Euro im Monat für ein Au-pair gerechnet werden, plus Verpflegung und Unterkunft. Die Kosten setzen sich aus einem vorgeschriebenen Taschengeld von 280 Euro, Kosten für Versicherung, einem Sprachkurs über etwa 70 Euro, einem Au-pair-Visum und der Ermöglichung auf Mobilität – beispielsweise durch ein Deutschlandticket – zusammen. Hinzu kommen Tickets und Essenseinladungen bei gemeinsamen Ausflügen und Geschenke zumindest zu Weihnachten und Geburtstagen.

Die Familienmitglieder auf Zeit kommen im Haus der Familie unter und sollten ein eigenes Zimmer zur Verfügung haben. Als Arbeitszeit sind 30 Stunden in der Woche vorgeschrieben. Bei einem guten Verhältnis findet man auch für die Zeiten im Graubereich eine gute Lösung.

Skurrile Geschichte: Au-pair verschwindet tagelang in Hannover

Manchmal lohnt sich auch ein zweiter Versuch: Eine der Frauen habe Christiane zwischenzeitlich kündigen wollen, heute pflegen sie fast eine Freundschaft. Aber bis es dahin kam, musste erst Schräges geschehen. Das Au-pair-Mädchen war eines Tages einfach nicht erschienen, als es die Kinder von der Kita abholen sollte. Bei einem Anruf erklärte es zwar, dass es sich in Hannover befand, war danach aber nicht mehr erreichbar und für drei Tage wie vom Erdboden verschluckt.

Christiane und ihr Mann sorgten sich um die junge Frau, aber auch um die eigene Familie. Denn das Au-pair-Mädchen hatte einen eigenen Schlüssel und damit immer Zugang zum Haus. Um nachts besser schlafen zu können, hängte die Familie also eine Kuhglocke an die Wohnungstür, um bei einem Eintreten der jungen Frau gewarnt zu werden. Genau dieser Fall trat ein: Einige Nächte später schellte die Kuhglocke, als die junge Frau das Haus betrat. „Da hat sie ganz schön verdutzt im Flur gestanden“, schmunzelt Christiane bei der Erinnerung.

Wenn ein Au-pair-Mädchen sich plötzlich verliebt ...

Es stellte sich heraus: Die junge Frau hatte sich bei einem Sprachkurs in ihrem Heimatland in einen Mann verliebt, der in Hamburg ein Restaurant betreibt. Um ihren Geliebten wiederzusehen, war sie nach Deutschland gekommen. Während ihres Aufenthalts hatte sie sich heimlich mit ihm getroffen, bis sie schließlich für einige Tage mit ihm nach Hannover gefahren war. Das alles erzählte sie ihrer Gastfamilie allerdings erst kleinlaut, nachdem sie von ihrem Ausflug zurückgekehrt war.

Nach mehreren tränenreichen Telefonaten durfte die Frau schließlich doch bei Christianes Familie bleiben und zunächst nur im Haushalt helfen. Das hat sich gelohnt: Auch heute noch besteht ein enger Kontakt zu dem ehemaligen Au-pair-Mädchen, das mittlerweile als Altenpflegerin in Deutschland arbeitet. 

Mehr zum Thema

Au-pair in Hamburg: Christiane G. hatte schon sieben Mädchen im Haus

So verschieden die Erfahrungen auch waren, Christiane war für jede dankbar. Denn letztlich, so meint sie, waren die Au-pairs auch dafür mitverantwortlich, dass sie so viel Zeit in die Arbeit bei einer NGO stecken konnte. „Ohne die Unterstützung durch die Au-pairs hätte ich meine Arbeit dort nicht mindestens 80-prozentig machen können, denn eine richtige Nanny wäre viel teuer“, so die dreifache Mutter. Auf eine Art, meint Christiane, würde damit das Konzept der Au-pairs zu mehr Gleichberechtigung in Partnerschaften beitragen.