Hamburg. Die Hamburgerin Andrea Kubasch bringt Eltern „Conscious Parenting“ näher. Wie die Methode bei Erziehungsfragen unterstützen kann.

Mit einer Methode, die sich Conscious Parenting bewusste Elternschaft – nennt, coacht Andrea Kubasch aus Winterhude Eltern, die Probleme im Familienalltag mit ihren Kindern haben. Dabei geht es nicht darum, perfekt zu sein, sondern bewusst und mit einer Prise Leichtigkeit und Humor den Alltag als Eltern zu bestreiten. Andrea Kubasch erlebt bei ihrer Arbeit häufig, dass Eltern das Kind als Problem sehen.

Im Abendblatt beantwortet die Hamburger Coachin Fragen zu den zehn häufigsten Erziehungsproblemen im Alltag vieler Familien:

1. Was tun, wenn das Handy zu viel Raum in der Familie einnimmt?

„Das Handy wird oft zur Krücke, um die emotionale Distanz zu überbrücken. Statt sofort auf Strafen wie Handyverbot zu setzen, ist es sinnvoller, sich zu fragen: Was gibt dem Handy so viel Macht? In den meisten Fällen geht es nicht um das Gerät an sich, sondern darum, dass wir uns emotional von unseren Kindern entfernt haben. Anstatt das Handy wegzunehmen, schlage ich vor, es als Mittel zu nutzen, um ins Gespräch zu kommen. Zeig mir doch mal, was du gerade machst Solche kleinen Schritte öffnen Türen, anstatt sie zu verschließen.“

2. Ist es wirklich so schlimm, wenn Kinder viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen?

„Der Bildschirm an sich ist nicht das Problem – es ist das, was fehlt, wenn er zu viel Raum einnimmt. Kinder brauchen echte Erlebnisse, um sich gesund zu entwickeln. Wenn ich mit Familien arbeite, die mir erzählen, dass ihre Kinder stundenlang vor der Playstation sitzen, frage ich oft: Und wie viel Zeit verbringt ihr gemeinsam ohne Bildschirme? In den meisten Fällen ist das die größere Baustelle. Anstatt den Fokus auf das Verbot zu legen, wäre es sinnvoller, bewusst bildschirmfreie Zeiten in den Alltag einzubauen. Das gibt Raum für echte Gespräche und gemeinsames Erleben.“

3. Viele Eltern verfolgen ihre Karriere. Wie können sie erkennen, dass sie zu viel arbeiten und ihre Kinder darunter leiden?

„Manchmal sind es die kleinen Zeichen, die den größten Hinweis geben. Wenn dein Kind lieber mit dem Handy spielt, anstatt Zeit mit dir zu verbringen oder es dir nicht mehr von seinem Tag erzählt, könnte das ein Warnsignal sein. Oft sind es nicht nur die Kinder, die sich hinter den Bildschirmen verstecken – viele Eltern tun das genauso. Das große Missverständnis ist, dass viel Arbeit gleich viel Erfolg bedeutet. Aber Erfolg in der Erziehung wird anders gemessen: an der Zeit, die man zusammen verbringt. An den echten Gesprächen, die man führt. Der Laptop kann warten, das Leben deiner Kinder nicht.“

4. Wie sieht ein gesundes Ritual für Kinder und Eltern aus, das hilft, sich wieder näherzukommen?

„Rituale schaffen einen festen Anker, der Halt gibt. Bei uns zu Hause haben wir abends das Ritual, dass jeder sagt, wofür er dankbar ist. Das ist unser Moment der Reflexion und Verbindung. Solche Rituale sind wertvoll, weil sie eine Routine schaffen. Und das Beste daran: Kinder lernen durch diese kleinen Momente der Dankbarkeit, bewusster mit ihrem Leben umzugehen.“

5. Was tun, wenn Kinder sich komplett zurückziehen und nicht mehr reden wollen?

„Das ist für viele Eltern ein Schock, vor allem in der Pubertät. Der erste Impuls ist oft, es mit Fragen zu überhäufen. Aber hier gilt: weniger ist mehr. Ein ruhiger, entspannter Ansatz funktioniert besser. Eine Tasse Tee anbieten, zusammen einen Film schauen oder mal zusammen spazieren gehen, ohne zu reden – das schafft den Raum, den das Kind braucht, um sich wieder zu öffnen.“

6. Wie reagieren, wenn Kinder mit destruktivem Verhalten wie Alkohol oder Drogen in Berührung kommen?

„Das ist eines der schwierigsten Themen. Viele Eltern verschließen die Augen davor, weil sie das Problem nicht wahrhaben wollen. Sie denken, wenn sie es ignorieren, geht es vielleicht von selbst weg. Hier ist es wichtig, das Gespräch zu suchen, bevor es zu spät ist. Anstatt mit Vorwürfen zu kommen, wäre es hilfreicher, die eigenen Ängste zu formulieren: Ich habe Angst, dass du in etwas hineinrutschst, was dir schadet. Wie können wir das gemeinsam verhindern?“

7. Wie wichtig sind Grenzen in der Erziehung – und wie setzt man sie richtig?

„Grenzen sind extrem wichtig, aber der Schlüssel liegt darin, sie mit Empathie zu setzen. Kinder brauchen Struktur, um sich sicher zu fühlen. Aber diese Struktur sollte nicht als Kontrolle empfunden werden. Es ist ein Balanceakt: Grenzen aufzeigen, aber gleichzeitig Raum lassen für die eigenen Entscheidungen der Kinder. Wenn ein Kind merkt, dass es in einem Rahmen seine eigenen Erfahrungen machen darf, stärkt das sein Selbstbewusstsein und seine Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen. Anstatt zu sagen: ‚Du darfst das nicht!‘, wäre es sinnvoller zu fragen: ‚Was denkst du, was passieren könnte, wenn du das tust?‘“

8. Wie sieht gesunde Selbstfürsorge für Eltern aus?

„Eltern sind oft so darauf fokussiert, alles für ihre Kinder zu tun, dass sie sich selbst vergessen. Aber: Eine erschöpfte Mutter oder ein ausgelaugter Vater kann kein gutes Vorbild sein. Es ist wichtig, sich regelmäßig Pausen zu gönnen, sich um die eigene mentale und körperliche Gesundheit zu kümmern und auch mal Dinge zu tun, die Spaß machen – ohne schlechtes Gewissen. Denn nur wer gut für sich selbst sorgt, kann auch gut für andere da sein.“

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9. Was ist das Wichtigste, was Eltern ihren Kindern beibringen können?

„Selbstannahme. Kinder lernen so viel von uns, indem sie uns einfach beobachten. Wenn wir ihnen vorleben, dass wir uns selbst annehmen, auch wenn wir Fehler machen, lernen sie, dass es okay ist, nicht perfekt zu sein. Es ist wichtiger, authentisch zu sein, als alles richtigzumachen. Wenn Kinder sehen, dass ihre Eltern mit sich selbst freundlich sind, übernehmen sie diese Haltung für ihr eigenes Leben.“

10. Was tun, wenn Eltern selbst an ihrer Beziehung arbeiten müssen?

„Manchmal vergessen Eltern, dass sie auch als Paar existieren. Der Fokus liegt so sehr auf den Kindern, dass die Beziehung in den Hintergrund rückt. Aber Kinder merken sofort, wenn es Spannungen gibt. Hier hilft es, sich bewusst Zeit für die Partnerschaft zu nehmen. Es reicht oft, sich am Ende des Tages zusammenzusetzen und über den Tag zu reden. Wenn beide Elternteile sich als Team sehen und ehrlich miteinander umgehen, strahlt das auch auf die Kinder aus.“

Andrea Kubasch bietet am Sonntag, 27. Oktober, von 16.30 bis 18.30 Uhr ein Online-Coaching an unter dem Titel „Gelassen durch den Alltag – wie bewusste Elternschaft den Familienstress reduziert“ , Kosten: 59 Euro.