Hamburg. Im ersten Leben war sie Schauspielerin. Jetzt will die Hamburgerin die Politik der Hansestadt aufmischen. Porträt einer Optimistin.
Man könnte sagen, dass Katarina Blume bereits drei Leben hatte: Als junge Schauspielerin lebte sie in den USA, wo sie in den 1980er-Jahren Filmstar Melanie Griffith in Hollywood-Produktionen vor der Kamera doubelte. Nachdem sie ihren Mann kennengelernt und mit ihm zurück nach Deutschland gekehrt war, stand die gebürtige Lübeckerin in deutschen Theatern auf der Bühne, in Stücken von Henrik Ibsen, Anton Tschechow oder William Shakespeare. „Starke Frauenrollen fand ich immer toll“, sagt die 61-Jährige.
In ihrem zweiten Leben ist Blume Mutter: Ihre drei Töchter sind mittlerweile erwachsen und leben in Berlin. Und im dritten Leben will die Groß Flottbekerin nun die Hamburger Politik aufmischen. Bei der Bürgerschaftswahl Anfang März 2025 möchte Katarina Blume als Spitzenkandidatin die FDP in Fraktionsstärke zurück ins Landesparlament bringen. „Wir werden hier in Hamburg eine wichtige Rolle spielen“, sagt sie selbstbewusst, „das ist meine Mission.“
Katarina Blume: Pragmatische Politikerin mit Vergangenheit
Beim Treffen in der Abendblatt-Redaktion strahlt die kürzlich gekürte Frontfrau der Liberalen durchgängig Tatkraft und Optimismus aus. Ideologie ist nicht ihr Ding, sie will „pragmatisch mit und für die Menschen vor Ort Probleme lösen“ und erläutert das an den Beispielen Wohnungsbau, Anwohnerparken, Schulpolitik, Flüchtlingshilfe – alles Themen, die ihr unter den Nägeln brennen. Ihre Sätze beginnen mit „wir werden...“, nicht „wir wollen...“ oder „wenn wir gewählt werden...“. Blume ist überzeugt, dass sie die FDP zurück in die Bürgerschaft führen kann und möchte dann auch mitgestalten, dazu später mehr. Denn sie findet: „Unsere Ideen sind einfach zu gut, um sie nicht umzusetzen.“
Da lässt sich die Hamburgerin auch nicht dadurch entmutigen, dass die FDP in Deutschland derzeit nicht gerade hoch im Kurs steht und auf Bundesebene bei rund vier Prozent liegt. Auch die Kritik an der Ampel, die es den an ihr beteiligten Parteien in den Landtagswahlen nicht eben leichter macht, ficht sie nicht an. „Wir machen hier Politik für Hamburg und haben keine Sorge wegen des Erscheinungsbilds der Ampel.“ Pfeifen im Wind?
Blume klopfte bei Katja Suding im Rathaus an: „Hier bin ich, ich möchte mitmachen“
Ihr drittes Leben in der Politik startete Katarina Blume in Hamburg über „einen kleinen Umweg bei der CDU“, wie sie selbst sagt. Ihr Impuls damals: Sie wollte mitgestalten, nicht nur über Politik in der Zeitung lesen, sondern wissen, wie das eigentlich geht. Der Umgang mit der Flüchtlingswelle 2015/16 hatte sie skeptisch gemacht, welche Folgen das für das Leben in Deutschland haben würde. Also besuchte sie ein Mentoringprogramm für Frauen bei der CDU. „Das war gut gemacht“, sagt sie. Doch Blume merkte schnell, „dass ich da nicht reinpasse“. „Die Hamburger CDU, wie sie heute ist, ist keine moderne Großstadtpartei, die liberale Traditionen mit aufnimmt“, sagt sie. „Ich sah schnell: Ich sitze im falschen Zug und bin an der nächsten Station ausgestiegen.“
Daraufhin marschierte Katarina Blume ins Hamburger Rathaus, genauer: Sie klopfte an die Tür der damaligen FDP-Fraktionsvorsitzenden Katja Suding und sagte: „Hier bin ich, ich möchte mitmachen.“ Später arbeitete sie auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin von Suding im Bundestag. 2014 wurde Blume Abgeordnete der FDP in der Bezirksfraktion Altona – und stieg bald auf, wenn man es so sagen will. Mit dem altgedienten Fraktionsvorsitzenden bildete sie eine Doppelspitze – auch wenn es überhaupt nur drei FDP-Abgeordnete gab, irgendwann übernahm Blume ganz. Und es gebe Leute, die sagten: „Frau Blume hat die Grünen in Altona das Fürchten gelehrt“, erzählt sie selbst. Sie machte den Umbau der Reventlowstraße zu einem Thema, das die Bezirkspolitik aufrührte, weil sich Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) über die Entscheidung der Bezirksversammlung hinwegsetzte, und kritisierte den Krötentunnel als teures Amphibienleitsystem in Blankenese.
FDP möchte den Schulstart auf 9 Uhr verlegen
Gerade im Bezirk Altona, der durch die Sanierung der Elbchaussee und die Überdeckelung der A7 besonders belastet ist, müsse man „wirklich geschickte Verkehrspolitik“ machen, findet Blume. Für sie heißt das: „Man sollte vor jeder Baumaßnahme alle Beteiligten an einen Tisch bringen, sich abstimmen und eine Lösung finden, die für alle gut ist.“
Ähnlich pragmatisch will sie auch andere Themen angehen: den Wohnungsbau, die Wirtschaftspolitik, die Bildung – allesamt Schwerpunkte, die sie im Bürgerschaftswahlkampf setzen will. Für sie bedeutet das die Schaffung einer „Bau-Hanse“, die die Länder Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein zusammenbringt, um Genehmigungsprozesse zu vereinheitlichen und das Bauen günstiger zu machen. Eine „Wirtschaftswende mit besseren Rahmenbedingungen, die nicht verhindern, sondern ermöglichen“. Eine Verlegung des Schulstarts auf 9 Uhr, in Abstimmung mit den Schulen – nicht nur, weil der spätere Unterrichtsbeginn besser zum Biorhythmus der Schüler passe, sondern auch, weil ein Betreuungsangebot ab 8 Uhr allen Kindern zu einem gesunden Frühstück und somit zu einem besseren Start in den Schultag verhelfe. „Politik muss alltagstauglich sein. Ich bin eine reelle Politikerin, spreche mit den Menschen und finde einen Weg.“
FDP brachte sich mit viel Streit um politischen Erfolg
In der Vergangenheit hat sich die FDP mit internen Querelen und Streit das Leben selbst schwer gemacht und um den politischen Erfolg gebracht. 2020 scheiterte sie bei der Bürgerschaftswahl an der Fünfprozenthürde. Nur Anna von Treuenfels-Frowein zog als gewählte Direktkandidatin – ohne Fraktion – ins Landesparlament ein, wurde zum Gesicht der Liberalen in Hamburg. Kürzlich trat Treuenfels mit einem Paukenschlag aus der FDP aus und in die CDU ein; dafür wurde sie von CDU-Chef Dennis Thering mit dem zweiten Listenplatz bei der anstehenden Wahl belohnt. Zusammen mit der Unpopularität der Ampel vielleicht nicht die besten Voraussetzungen für die FDP in Hamburg.
Doch das lässt Katarina Blume nicht gelten. „Ich mache mir da überhaupt keine Sorgen, wir haben ein sehr gutes Wahlprogramm“, sagt sie. Die Partei sei befriedet und geeint, alle zögen am selben Strang. Freundschaftlich habe sie sich mit Sonja Jacobsen auf eine Rollenverteilung geeinigt. Jacobsen wurde Landesvorsitzende, Katarina Blume Spitzenkandidatin. „Wir arbeiten super zusammen, sind wirklich ein Frauenpower-Team“, sagt Blume. Sie selbst habe vielleicht eine etwas größere Außenwirkung, deshalb stehe sie im Wahlkampf an der Spitze. Jüngst bei der Bezirkswahl holte sie mit 7,6 Prozent das beste Hamburg-weite FDP-Ergebnis – und gewann gegen den Bundestrend Stimmen hinzu.
Mit wem Katarina Blume und die FDP in Hamburg regieren wollen
Um im Bürgerschaftswahlkampf erfolgreich zu sein, hilft es, dem Wähler eine plausible Machtoption bieten zu können. Blume glaubt, dass es mit einer erstarkten CDU drei ähnlich große Fraktionen geben werde, sodass ein Zweierbündnis vielleicht nicht ausreichen werde, um eine Regierungsmehrheit zu bilden. Da sei dann die FDP als bürgerliche Kraft gefragt, die sich ein Zusammengehen mit der CDU, aber auch mit den Sozialdemokraten vorstellen kann. „Bei allem, was die Stadt nach vorn bringt, sind wir dabei“, sagt Blume. Sie wünscht sich „einen Stimmungsumschwung in der Stadt: dass wir wieder Bock haben und uns etwas zutrauen“. Beides hat sie selbst zur Genüge: „Natürlich wollen wir gestalten“, sagt sie. „Wir dürfen uns nicht mit dem Staus quo zufriedengeben.“
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Schließt sich eigentlich bei ihr ein Kreis vom ersten Leben als Schauspielerin, die schon als Kind das Theater liebte, zum dritten Leben in der Politik? Hilft ihr die Schauspielkarriere heute? „Ich war nie eine Rampensau, hatte immer mit Lampenfieber zu kämpfen“, erzählt sie. Aber einen Vorteil gibt es doch: „Ich kenne die Wirkung von Emotionen in der Politik, da habe ich ein besonderes Gespür“, sagt sie. Politik spreche natürlich erst einmal den Verstand an. „Aber Emotionen machen sie für Menschen greifbar. Sie müssen sehen, dass man für die Sache brennt.“ Und Katarina Blume brennt für ihre Sache.