Hamburg. Ex-Spitzenkandidatin der Hamburger Liberalen wird Mitglied der Union. Wie deren Fraktionschef und die FDP-Landesvorsitzende reagieren.

Ein neuer Parteiwechsel bewegt die Hamburger Politik: Die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein geht zur CDU. Das gaben die Christdemokraten am Donnerstag überraschend auf einer Pressekonferenz am Leinpfad bekannt. „Uns ist ein wirklicher Coup gelungen“, sagte der sichtlich gut gelaunte Parteichef Dennis Thering. „Ich habe mich extrem auf den heutigen Tag gefreut.“

Treuenfels-Frowein, die erst am Morgen aus der FDP ausgetreten war und anschließend den Mitgliedsantrag für die Union ausfüllte, soll prominent auf Listenplatz zwei für die Bürgerschaftswahl 2025 antreten – direkt hinter Spitzenkandidat Thering. Dieser würdigte Treuenfels-Frowein als „richtig starke Persönlichkeit, die perfekt in das Gefüge der CDU passt“. Die 62-Jährige sagte, die Entscheidung bis zu ihrem Wechsel sei ein „langwieriger Prozess“ gewesen. Der Schritt sei ihr nicht leichtgefallen. „Aber ich gehe ihn aus voller Überzeugung.“

Wechsel zur CDU: Bei der Hamburger FDP war Treuenfels-Frowein umstritten

Es könne nur mit einer starken CDU gelingen, in Hamburg eine Politikwende einzuleiten, die „dringend nötig“ sei, so die frischgebackene Christdemokratin. „Was mir wichtig ist, ist ein starker Rechtsstaat, der innere Sicherheit gewährleistet“, sagte Treuenfels-Frowein. Sie wolle sich zudem auch in ihrer neuen Rolle für eine Bildungspolitik stark machen, „die weiterhin Leistung in den Vordergrund stellt“. Auch Verkehrspolitik sei ein „virulentes Thema“ in Hamburg. „Wir werden hier in der Stadt viel verändern“, sagte sie.

Kurz nach der Bekanntgabe twitterte Dennis Thering: „Ich freue mich, dass @AnnaVTreuenfels bereit ist, in unserem Team für die CDU Hamburg anzutreten. Sie ist die profilierteste liberale Stimme unserer Stadt. Jetzt kann der gemeinsame Wahlkampf kommen. Packen wir es an!“

Von Treuenfels schrieb bei Twitter unter dem Hashtag Neustart: „Heute bin ich aus der #FDP ausgetreten und in die #CDU eingetreten. Ich danke @DennisThering dafür, dass er mich für Listenplatz 2 der Bürgerschaftsliste vorschlägt. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit!“

In der FDP war Treuenfels-Frowein zuletzt umstritten; das Verhältnis zu Landeschefin Sonja Jacobsen gilt als angespannt. Im April 2021 kandidierte Treuenfels-Frowein bei der Aufstellung zur Bundestagswahl für den zweiten Listenplatz der FDP Hamburg. Sie schied aber schon im ersten Wahlgang aus. „Ich will hier nicht verhehlen, dass ich schon seit einiger Zeit Schwierigkeiten hatte, die Ampelpolitik – und auch das, was die FDP mitgetragen hat – noch überzeugend vertreten zu können“, sagte Treuenfels-Frowein am Donnerstag. Sie zählte dazu etwa die Cannabis-Regelung, die sie für „völlig falsch“ halte, das Bürgergeld in seiner aktuellen Form, den Atomausstieg und verkürzte Einbürgerungsfristen.

Treuenfels-Frowein: FDP hat sich von ihrem Markenkern entfernt

„Ich hatte den Eindruck, dass die FDP sich immer mehr von dem entfernt, was ihr Markenkern ist“, fuhr sie fort. „Deswegen bin ich froh, jetzt in einer Partei zu sein, deren Überzeugungen meine sind.“ Auf ihre Zeit bei den Elbliberalen blicke sie gleichwohl „ohne Groll zurück“.

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Treuenfels-Frowein war bei der Bürgerschaftswahl 2020 Spitzenkandidatin der FDP. Die Liberalen scheiterten damals mit 4,96 Prozent denkbar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde, Treuenfels-Frowein zog über ihr Wahlkreismandat als einzige FDP-Kandidatin in die Bürgerschaft ein. Nach dem Übertritt des Gastronomen Sami Musa aus Protest gegen die Corona-Politik des Senats im Januar 2022 hatten die Liberalen dann zwei Abgeordnete.

Ausgerechnet die CDU trieb Treuenfels-Frowein einst in die FDP

Schon Treuenfels-Froweins Vater war aktiver Christdemokrat gewesen. Sie selbst trat 2009 allerdings erst in die FDP ein: Auslöser ihres Engagements war ihr Widerstand gegen die Schulreform, die CDU und Grüne damals mit der Einführung der Primarschule geplant hatten. Zunächst hatte sich die Mutter von drei Kindern 2008 der Bürgerinitiative „Wir wollen lernen“ angeschlossen.

Da diese parlamentarisch von der FDP unterstützt wurde, schloss sie sich kurz darauf den Liberalen an und zog 2011 in die Bürgerschaft ein. Die Bildungspolitik blieb in den 13 Jahren ihrer Parlamentsarbeit einer ihrer Schwerpunkte. Von 2017 bis 2020 führte sie gemeinsam mit Michael Kruse die FDP-Bürgerschaftsfraktion.

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Erst vor wenigen Tagen hatte die FDP ihrerseits einen prominenten Parteiwechsel gefeiert: Joachim Seeler, der langjährige wirtschafts- und hafenpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, war aus Protest gegen den MSC-Deal zunächst aus der SPD ausgetreten und wird nun Liberaler.

Die Hamburger FDP-Landesvorsitzende Sonja Jacobsen äußerte sich am Donnerstag schon wenige Minuten nach dem „Coup“ der CDU. „Eine Entfremdung zwischen Anna von Treuenfels-Frowein und der Partei war in den letzten Jahren deutlich zu spüren“, teilte Jacobsen mit. „Unseren politischen Kurs setzen wir nach den erfreulichen Hamburger Wahlergebnissen fort.“ Die FDP gebe „die richtigen Antworten auf die drängenden Probleme der Stadt“.

In Umfragen liegen die Liberalen derzeit in Hamburg bei fünf Prozent.