Hamburg. Der Preis des Deutschlandtickets für den Nah- und Regionalverkehr lässt sich wohl nicht halten. Welche Vorschläge diskutiert werden.
- Das 49-Euro-Ticket wird von elf Millionen Menschen in Deutschland genutzt.
- Doch der bisherige Preis des Deutschlandtickets lässt sich wohl nicht halten.
- Wird er künftig an den Verbraucherpreisindex gekoppelt?
Elf Millionen Menschen in Deutschland, darunter Hunderttausende Hamburger, nutzen den Nah- und Regionalverkehr seit gut einem Jahr vollkommen sorglos. Verbünde wie der HVV, Tarife und Ticketschalter müssen sie nicht mehr interessieren – denn sie haben das Deutschlandticket auf ihrem Smartphone oder im Portemonnaie. Doch genauso alt wie das 49-Euro-Abo ist die Diskussion über dessen Finanzierung.
Derzeit lassen sich Bund und Länder das Deutschlandticket jeweils 1,5 Milliarden Euro jährlich kosten, damit es ein 49-Euro-Ticket bleiben kann. In der Debatte über den Bundeshaushalt 2025 hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) nun eine Preiserhöhung ins Spiel gebracht. Lindner hatte das Deutschlandticket sogar mit „Sozialleistungen“ in einen Topf geworfen. Das sorgte für mächtig Ärger bei den Verantwortlichen aus anderen Parteien. Wie es mit dem Deutschlandticket weitergehen kann, darum rangen die Verkehrsminister der Länder am Montag bei einer Sonderkonferenz.
Deutschlandticket für HVV und Bahn: Finanzierung im Jahr 2024 soll sicher sein – und 2025?
Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) zeigte sich im Vorfeld der Sonderkonferenz zunächst erleichtert. Nämlich darüber, dass die Finanzierung des Tickets für das laufende Jahr endlich gesichert sein soll. „Es ist sehr wichtig, dass der Bund in den laufenden Haushaltsberatungen deutlich gemacht hat, dass er sein Versprechen einhält, dass die nicht verbrauchten Mittel für das Deutschlandticket aus dem Jahr 2023 auf das Jahr 2024 übertragen werden“, sagte Tjarks dem Abendblatt.
Im Jahr 2023 waren 1,2 Milliarden Euro des Deutschlandticket-Budgets übrig geblieben, auch weil das Abo erst im Mai eingeführt wurde. Laut der Bundesregierung sollte das Geld in die Finanzierung des Tickets für 2024 fließen. „Dies war die Voraussetzung, um den Preis für das Jahr 2024 stabil zu halten“, sagte Tjarks. Auf eine feste Zusage für die Umschichtung der Mittel ins aktuelle Jahr hatten die Verkehrsminister der Länder aber bislang gewartet – und teils gebangt, ob sie den Ticketpreis womöglich noch 2024 erhöhen müssen.
49-Euro-Ticket wird voraussichtlich teurer, doch um wie viel?
Was die Zukunft des Deutschlandtickets über das Jahr 2024 hinaus angeht, stehen die Zeichen auf Preiserhöhung. Finanzminister Lindner äußerte in der „Welt am Sonntag“ zwar, dass das Deutschlandticket als „Gamechanger“ erhalten bleiben soll. Er sagte aber auch: „Irgendwann muss die Politik entscheiden, ob wir eher in die Schiene investieren wollen oder ob der Preis von 49 Euro bleiben soll.“
Hamburgs Verkehrssenator Tjarks betont ebenfalls, dass Bund und Länder mehr Geld in die marode Infrastruktur stecken müssen, um die Bahn und die Brücken zukunftsfähig zu machen. „Hamburg wird seine Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur von jetzt 671 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2027 deswegen deutlich steigern“, so Tjarks. Diesen Weg sollte nach seiner Meinung auch der Bund gehen.
Wie er Lindners Aussage zu Schienen-Investitionen oder fixer Preis von 49 Euro für das Deutschlandticket bewertet, das ließ Tjarks offen. Sämtliche Vorschläge des Bundes müssten nun in der Extrarunde der Verkehrsministerkonferenz am Montag beraten werden. „Dabei ist mir wichtig, dass wir als Länder eine große Transparenz über die von uns verausgabten Bundesmittel herstellen“, sagte Tjarks.
Deutschlandticket hat Abo-Kosten um 20 Euro im Monat gesenkt
Kollegen in anderen Ländern sind da forscher. Aus dem sächsischen Verkehrsministerium hieß es, man setze sich ein für einen „weiterhin attraktiven Preis des Deutschlandtickets“. Die genaue Höhe ergebe sich aus der finanziellen Entwicklung sowohl der Fahrgeldeinnahmen als auch der öffentlichen Zuschüsse, sagte Jens Jungmann, Sprecher des Verkehrsministeriums, der dpa.
Käme nicht jetzt das zugesagte Geld vom Bund, war aus Thüringen zu hören, müsste das Deutschlandticket vom 1. Oktober dieses Jahres an 59, 64 oder 69 Euro kosten. Sachsen-Anhalts Verkehrsministerin Lydia Hüskens (FDP) rechnet bereits damit, dass der Preis steigt. „Denkbar wäre es, den Preis des Deutschlandtickets an den Verbraucherpreisindex zu koppeln und einmal jährlich zu aktualisieren“, sagte Hüskens der dpa.
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Der Verbraucherpreisindex für Deutschland misst qua Definition des Statistischen Bundesamts die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte für Konsumzwecke kaufen. Darunter fallen zum Beispiel Nahrungsmittel, Bekleidung und Kraftfahrzeuge ebenso wie Mieten, Reinigungsdienstleistungen oder Reparaturen. Er dient somit als Orientierung und ebenso als zentraler Indikator zur Beurteilung der Geldwertentwicklung in Deutschland.
Deutschlandticket: Preiskopplung an Verbraucherpreisindex wird diskutiert
Diese Idee der Kopplung hat im Kreis der Verkehrsminister weitere Befürworter. Nach Abendblatt-Informationen wird auch in anderen Bundesländern genau das diskutiert. Die Verkehrsminister wollen nicht jedes Mal über eine Erhöhung oder Anpassung abstimmen müssen. Insofern ergibt ein Automatismus oder eine Koppelung hier Sinn.
Wie aus einem Ministerium zu hören war, sei das den Millionen Nutzern auch zuzumuten. Viele hätten durch das Deutschlandticket 20 Euro und mehr im Monat an Bahn-Abokosten gespart. Dennoch sind nach wie vor Lösungen für finanziell benachteiligte Nutzer sowie Schüler und Azubis im Gespräch.