Hamburg. Die Hochbahn Hamburg sucht Nachwuchs und lockt mit einem speziellen Angebot. Ein junger Hamburger beißt an – hat aber auch Bedenken.
- Beim Job-Train der Hochbahn Hamburg einmal Platz im Führerstand der U-Bahn nehmen
- U-Bahnfahrer: Für einen Hamburger wird damit ein Kindheitstraum wahr
- Was Bewerber für einen Job in der Hamburger U-Bahn mitbringen müssen
Der Andrang am palmengeschmückten Gleis zwei der Haltestelle Schlump ist an diesem Mittwochnachmittag groß. Dort sitzt Rocco-Ben auf dem Fahrersitz der U-Bahn, lauscht konzentriert dem Teamleiter Tom und löchert ihn mit Fragen. Seit seiner Kindheit will der 21-Jährige U-Bahn-Fahrer werden. Beim Job-Train der Hochbahn Hamburg hat er nun seine Chance, alle Fragen loszuwerden und das erste Mal einen Blick vom Fahrersitz aus in den U-Bahn-Tunnel zu werfen.
Bereits um 14.30 Uhr stehen schon die ersten Besucher und Besucherinnen am Gleis der Haltestelle im gleichnamigen Hamburger Stadtteil. Dabei geht die Veranstaltung erst um 15 Uhr los: „Wir sind selbst ganz überrascht, wie voll es bereits ist“, sagt Ann-Kathrin Lachmayer aus der Kommunikationsabteilung begeistert über die vielen Interessierten. Einige sind wohl einfach aus Zufall hier. Aber auch die Werbung, die in den letzten Wochen etwa im Fahrgastfernsehen der Hochbahn geschaltet wurde, hat ihren Nutzen gehabt.
Hochbahn Hamburg: Voraussetzungen für den Job erfüllt nicht jeder
Jetzt reihen sich die Menschen – überwiegend junge Männer, aber auch einige Frauen – hinter dem Fahrersitz des Job-Trains. Dort zu landen, erfordert allerdings einige Voraussetzungen: Mindestens 21 Jahre alt muss man sein, um hier Platz nehmen und vor allem die Hebel in die Hand nehmen zu dürfen. Außerdem ist eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung erforderlich. Rocco-Ben hat dieses Jahr seine Tischlerlehre abgeschlossen und damit endlich die Chance, seinen Kindheitstraum zu verwirklichen.
Fünf Monate dauert die Ausbildung zum U-Bahnfahrer. In dieser Zeit erwarten die Azubis neben Theorie und vor allem viel praktischer Erfahrung auch insgesamt sechs Prüfungen. Fällt man durch mehr als eine durch, ist der Traum in der Regel auch schon wieder ausgeträumt. Genau davor hat Rocco-Ben „ganz schön Bammel“. Deshalb ist er noch noch etwas unentschlossen, ob er sich wirklich zu dem Schritt entscheiden soll.
Quereinstieg als U-Bahnfahrer: Kehrtwende im Leben
Peter Diederich hat sich erst als 42-Jähriger dazu entschlossen, seinem Leben eine Kehrtwende zu verpassen und den Quereinstieg in die U-Bahn als Fahrer zu wagen. „Das war die beste Idee meines Lebens“, schwärmt er von der Entscheidung vor gut sechs Jahren. Mittlerweile hat er sich sogar zum Teamleiter hochgearbeitet.
Nach der Ausbildung als Fahrer verspricht die Hochbahn Hamburg genau solche Aufstiegschancen und Perspektiven. Selbst mal auf dem Fahrersitz gesessen zu haben, ist aber trotzdem unabdingbar. Neben dem Quereinstieg rekrutiert das Unternehmen auch viele weitere Personen für Ausbildungsplätze im technischen und kaufmännischen Bereich. Einige Plätze vergibt das Verkehrsunternehmen auch an Dualstudierende, beispielsweise für das kommende Jahr in den Fächern Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftsinformatik sowie Elektro- und Informationstechnik.
Hochbahn Hamburg: Personalmangel auch bei der Hamburger Hochbahn spürbar
Mit der Werbekampagne des Job-Trains will das Unternehmen aber nicht nur den Traum erfüllen, einmal auf einem Fahrersitz einer U-Bahn gesessen zu haben. Vor allem möchte die Hochbahn damit dem Personalmangel im Unternehmen entgegenwirken, der auf jeden Fall spürbar sei. Bisher sei es allerdings noch zu keinen Zugausfällen, bedingt durch fehlendes Personal, gekommen, heißt es. Langfristig soll der Bau der U5, die dann vollautomatisiert fahren soll, die fehlenden Fachkräfte kompensieren. 2022 begannen die Bauarbeiten, ab 2033 sollen die U1 und U3 schließlich angebunden werden.
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Bis dahin hat die Hochbahn aber noch weitere Projekte in petto: allen voran die Teilautomatisierung der Linien U2 und U4. Damit sollen die Bahnen, speziell zwischen den Stationen Berliner Tor und Burgstraße, im 100-Sekunden-Takt fahren und somit den Fahrgästen ein doppelt so großes Angebot bieten, wie es bisher der Fall ist.
Der U-Bahn-Fahrer wird dabei allerdings nicht ersetzt; weiterhin müssen die Zugfahrer im Falle des Falles eingreifen, auf die Schienen gehen oder die Türen schließen. Allerdings wird das Beschleunigen und Bremsen der Bahnen automatisiert und die Kapazität des Transports dadurch erhöht. Sollte sich Rocco-Ben tatsächlich dazu entscheiden, U-Bahn-Fahrer zu werden, würde diese Veränderung auf jeden Fall auf ihn zukommen.