Hamburg. Staus sind in Hamburg keine Seltenheit, der Verkehr stockt oft. Das soll sich künftig ändern. Bürgermeister Tschentscher erklärt, wie.

  • Hamburg will Baustellen besser aufeinander abstimmen und so Staus vermeiden
  • Dem Verkehr soll dabei Künstliche Intelligenz helfen
  • Wie genau das funktionieren soll, erklärt Bürgermeister Peter Tschentscher

Hamburgerinnen und Hamburger sollen bald im Auto schneller durch den Verkehr kommen. „Ich wünsche mir auch, dass das Autofahren in Hamburg wieder leichter wird“, sagt Bürgermeister Peter Tschentscher im großen Sommerinterview mit dem Abendblatt. Der SPD-Politiker sieht Verbesserungspotenzial bei der Baustellenkoordination, und zwar durch Digitalisierung und Mitwirkung der beteiligten Unternehmen in der Planung von Baustellen. „Der Senat arbeitet an einer modernen IT, die eine tagesaktuelle und lageabhängige Prognose der Verkehrslage ermöglicht“, so der Bürgermeister.

Das Verkehrssystem in Hamburg sei hochkomplex. „Das Wetter, Veranstaltungen, Demonstrationen, die unterschiedlichen Wochentage – alles hat einen Einfluss auf den Verkehr. Alle diese Daten müssen von der IT erfasst und verarbeitet werden. Das Ziel ist, dass das System dann ermittelt, wie die Ampelschaltungen geändert werden müssen und welche Umleitungen die besten sind, damit bei Baustellen oder anderen Behinderungen möglichst wenig Staus entstehen“, sagt Tschentscher im Interview.

Neue KI-Technik soll Hamburgs Straßenverkehr für Autos schneller machen

Die Firmen sollen stärker in die Planung eingebunden werden, indem die Stadt zum Beispiel mit den Telekomkommunikationsunternehmen über einen längeren Zeitraum Absprachen treffen, welche Straßen wann umgebaut oder saniert werden. „Es gibt einen gesetzlichen Anspruch, Glasfaserleitungen zu verlegen. Wenn eine Straße aufgegraben wird, sollten aber gleich alle Unternehmen ihre Arbeiten durchführen, damit dann erst mal für einige Jahre Ruhe ist“, so Tschentscher.

Dennoch könne natürlich Unvorhergesehenes passieren wie der Einbruch von Sielen oder Komplikationen im Bauablauf. Auch kurzfristig nötige Sperrungen der A1 oder A7, wenn die Fahrbahndecke plötzlich einbricht, „weil der Bund die Autobahnen seit Jahrzehnten nicht anständig saniert hat“, hätten immer massive Auswirkungen auf die Verkehrslage in Hamburg.

Auf der Ludwig-Erhard-Straße in Hamburg staut sich der Verkehr
Auf der Willy-Brandt-Straße in Hamburg staut sich immer wieder der Verkehr. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Soeren Stache

Ausbau von U-Bahn-Netz und Radverkehr soll Entlastung für Autofahrer bringen

Dass Hamburg „Stauhauptstadt“ sei, wie Auswertungen des Navigationssystem-Anbieters TomTom regelmäßig ergeben, will der Bürgermeister nicht gelten lassen. In Studien der darauf spezialisierten Institute – wie in der vor Kurzem veröffentlichten INRIX-Studie – liege Hamburg deutlich hinter anderen Großstädten wie München, Köln oder Berlin.

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Hamburg sei in einer Transformationsphase: Die Stadt baue ihr Mobilitätssystem um – von einem fossilen, Auto-zentrierten System zu einem effizienten klimafreundlichen System. Dazu gehörten – neben dem Auto – neue U- und S-Bahnen, Carsharing, autonome Shuttle und moderne Radwege. Das Rückgrat der Mobilität von Millionen-Metropolen wie Hamburg seien die U- und S-Bahnen: Sie fahren im Zentrum überwiegend unterirdisch und verursachen keine Staus. „Das macht dann auch das Autofahren wieder leichter.“

Transformationsphase: Es wird erst mal schlechter, bevor es besser wird

Während der Transformationsphase „kommen wir um Baustellen nicht herum, die die Sache schwer machen. Der Bau der U5 hätte schon vor 20 Jahren beginnen müssen. Stattdessen hat der Vorgängersenat ein veraltetes Stadtbahnsystem geplant und ist damit an dem erbitterten Widerstand der Bürgerinnen und Bürger gescheitert. Dadurch wurde viel Zeit verloren, und wir müssen den Bau der U- und S-Bahnen jetzt nachholen. Doch mit jeder neuen Station wird es leichter. Denn alle, die umsteigen, machen Straßenraum frei. Jede neue Schnellbahn-Station entlastet den gesamten Verkehrsraum“, so Tschentscher.

Der SPD-Politiker wirbt aber auch dafür, den Radverkehr deutlich zu stärken. Dieser habe sich durch die systematische Förderung des Senats seit 2011 schon verdoppelt. „Das ist enorm hilfreich, weil alle, die aufs Rad steigen, Straßenraum frei machen und damit allen anderen die Mobilität erleichtern.“

Die Einrichtung von Anwohnerparkzonen hat sich nach Meinung von Tschentscher trotz aller Kritik bewährt. „Es gibt aus meiner Sicht keine Dogmatik, die sagt, ab sofort keine einzige Anwohnerparkzone mehr. Wenn es keinen Parkdruck gibt, muss man auch keine Anwohnerparkzone einrichten“, so der Bürgermeister. „Aber es gibt Stadtteile, in denen Anwohnerparken sinnvoll ist. Ich weiß aus meiner früheren Erfahrung aus dem Bezirk Hamburg-Nord, dass Anwohnerparkzonen zum Beispiel für die Quartiere im Umfeld des Flughafens wichtig sind, weil sonst auswärtige Fluggäste, die die Parkplatzkosten am Flughafen scheuen, ihre Autos für zwei, drei Wochen in den Wohnquartieren abstellen.“