Hamburg. Neues Leben im alten Karstadt: Bundesbauministerin Geywitz lobt Hamburger Bauprojekt in Wandsbek. Ein Modell, das Schule macht?

Es ist ein Projekt, das Wellen schlagen könnte. Mit dem Quartier Wandsbek Markt startet Union Investment eines der größten, privat finanzierten Transformationsprojekte in Hamburg. Die Wandsbeker Karstadt-Filiale, die zuletzt der Galeria-Insolvenz zum Opfer fiel, soll neu genutzt werden. Gastronomie, Büros, Geschäfte, Kultur, eine Hochschule und Wohnungen entstehen hier auf einer Fläche von 45.000 Quadratmetern. Dafür werden die beiden Karstadt-Gebäude aus den Jahren 1922 und 1967 saniert und umgebaut.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Aydan Özoğuz (SPD), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags und Abgeordnete aus dem Wahlkreis Hamburg-Wandsbek, besichtigten jetzt die Baustelle. Nehmen sie Anreize mit nach Berlin?

Klara Geywitz besucht in Hamburg Baustelle des Quartiers Wandsbek Markt

„Ich finde die Lösung, dass man Büros und Wohnen kombiniert, sehr gut. Gerade in der Innenstadt führen Wohnungen zur Belebung“, sagt Klara Geywitz. Durch die ÖPNV-Anbindung sei die Lage sehr günstig, Bewohnerinnen und Bewohner würden für eine hohe Nachfrage sorgen.

„Hier sind die Planungen für die Umnutzung eines ehemaligen Karstadts in vollem Gang. Das ist ja etwas, was bei vielen Städten noch ansteht“, sagt die Bundesbauministerin. Im April verkündete der Insolvenzverwalter von Galeria Karstadt Kaufhof, 16 der noch verbliebenen 92 Warenhäuser in Deutschland zu schließen, im Juni wurde die Zahl auf zehn gesenkt.

Hohe Decken und kaum WCs: Steiniger Weg vom Karstadt zur Wohnfläche

Rund 100 Mietwohnungen sollen mit dem Quartier Wandsbek Markt entstehen, ein Drittel davon als Sozialwohnungen. Die Umwandlung von Werbe- und Büroflächen in Wohnungen bringe jedoch Herausforderungen mit sich. „Das große Problem bei Warenhäusern ist das fehlende Licht, bei Büro-Immobilien sind es in der Regel die hohen Decken und die wenigen WC- und Bad-Einrichtungen, die man nachträglich zum Wohnen einbauen muss“, so die Bundesbauministerin.

Deutsche Ingenieure würden zwar alles bauen können, ob der Vermieter dieses Geschäftsmodell gut findet, sei jedoch eine andere Frage – Gewerbemieten seien nämlich meistens höher als Wohnungsmieten. „Wie das architektonisch und kostenmäßig gelöst wird, ist für uns als Bundesbauministerium sehr spannend“, sagt Klara Geywitz.

Dreistelliger Millionenbetrag: 2028 soll das Quartier Wandsbek Markt fertig sein

Büros und Wohnen zu verbinden, liegt im Trend. „Es gibt nicht mehr die Gebiete, in denen man nur wohnt und kein Gewerbe hat, es gibt auch nicht mehr die reine Gewerbenutzung. Man versucht, das zu verbinden, deswegen ändern wir zum Beispiel auch die technischen Vorschriften für Lärm, damit man Gewerbe und Wohnen wieder dichter zusammenkriegt, so wie das eigentlich in historischen europäischen Städten immer der Fall war“, so Geywitz.

Im Juni 2023 hatte der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof den Standort Wandsbek geschlossen. Bis 2028 soll das neue Quartier fertig sein. Die Immobiliengesellschaft, der auch das angrenzende Einkaufszentrum „Quarree“ gehört, investiert den Angaben zufolge einen dreistelligen Millionenbetrag. Die Finanzierung läuft über den offenen Immobilienfonds UniImmo Deutschland.

Aydan Özoğuz: Wandsbek soll sich nicht wie die Hamburger Innenstadt entwickeln

Herzstück des neuen Quartiers wird eine zweistöckige, offene Halle, die in dem sogenannten Karstadt-Anbau entstehen soll. Der Zweckbau aus den 1960er-Jahren wird mit acht Meter hohen Arkaden nach außen geöffnet. „Auf einer Fläche von 1500 Quadratmetern ist Platz für Restaurants und kleinere Kioske“, sagte Ronald Behrendt, Projektleiter der Eigentümerin Union Investment, dem Abendblatt vor einiger Zeit. Geplant ist auch eine Bühne für Kulturveranstaltungen. Damit wollen die Projektentwickler einen neuen Treffpunkt schaffen und die Attraktivität im Wandsbeker Zentrum erhöhen.

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Das Projekt Quartier Wandsbek Markt soll vor allem zur Belebung dieses Teils des Bezirks beitragen. „Wir haben ja in Hamburg durchaus auch mit der Hamburger Innenstadt ein Beispiel, wie wir uns in Wandsbek nicht entwickeln wollen. Wir wollen eben nicht, dass es dort abends verlassen ist“, sagt Aydan Özoğuz.

Özoğuz: Hamburger Projekt könnte Modell für anderen Städte sein

„Wir freuen uns, dass ein Hamburger Unternehmen uns ein ganzes Stück weit hilft, dass wir das nutzbar machen. Gerade hier an einem sehr zentralen Ort Wandsbeks, wo so viele Menschen vorbeikommen und dieses alte Karstadt-Gebäude kennen, wollen wir etwas erhalten, gerade an der Fassade und es trotzdem auf unterschiedliche Weise nutzbar machen. Ich könnte mir vorstellen, dass das auch für andere durchaus ein Modell sein kann“, sagt die Bundestagsvizepräsidentin.

Das Quartier Wandsbek Markt ist nicht das einzige große Hamburger Bauprojekt, bei dem Raum neu genutzt wird. Das Öko-Center Vivo an der Bahrenfelder Straße in Ottensen wird zu einer Stadtteilschule umgebaut. 2003 wurde das Einkaufzentrum eröffnet, blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück. Baubeginn des deutschlandweit einzigartigen Projekts ist im kommenden Jahr, 2027 soll die neue Stadtteilschule eröffnen.