Hamburg. Neue Zahlen zeigen, in welchen Bezirken Wohnraum brach liegt, wie oft an Touristen vermietet wird – und offenbaren Schwäche der Behörden.

Es war ein besonders offenkundiger Fall, der daher auch einige Schlagzeilen machte: Vor wenigen Tagen wurde ein Wohnhaus an der Grindelallee 80 zwangsversteigert, nachdem es jahrelang leer gestanden hatte. Damit wurde einmal mehr offenbar, dass es trotz Wohnungsnot in Hamburg noch immer ein Problem mit ungenutzten Wohngebäuden gibt. Laut dem jüngsten Zensus des Statistikamtes standen im Jahr 2022 in Hamburg 19.950 Wohnungen leer. Das entspricht einer Leerstandsquote von 1,9 Prozent.

Der Senat dagegen kommt auf weit geringere Zahlen, wenn es um Wohnungsleerstände geht. Laut seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten André Trepoll waren in den sieben Hamburger Bezirken zum Stichtag 11. Juni 2024 insgesamt 2331 Wohnungen als leer stehend registriert.

Immobilien Hamburg: Leerstand von vier Monaten gilt als Zweckentfremdung

Der Grund für die starke Abweichung: Laut dem Hamburger Wohnraumschutzgesetz (Paragraf 9) gilt eine Wohnung erst dann als zweckentfremdet, wenn sie „über einen Zeitraum von länger als vier Monaten“ leer steht. Nur solche Wohnungen wurden von den Bezirken gemeldet und vom CDU-Abgeordneten abgefragt. Beim Zensus dagegen wurde laut Auskunft des Statistikamtes jede Wohnung als Leerstand registriert, die am Stichtag nicht bewohnt war. Damit wurden auch solche Wohnungen erfasst, die etwa gerade nach einem Auszug renoviert wurden.

Mit den zuletzt 2331 mehr als vier Monate leer stehenden Wohnungen kommt Hamburg laut Senat auf eine Leerstandsquote von 0,4 Prozent. Damit stehe die Hansestadt unter den Stadtstaaten etwas schlechter als Berlin (0,3 Prozent) und deutlich besser als Bremen (2,5 Prozent) da. Gleichwohl zeigt ein Vergleich mit Werten aus dem Mai 2023, dass Hamburg bei dem Thema nicht wirklich vorankommt. Denn seinerzeit waren 2360 leer stehende Wohnungen registriert, der Rückgang ist also nur marginal.

Mieten in Hamburg: „Leerstand ist alarmierend“, sagt die CDU

„Es ist alarmierend, dass trotz des extrem angespannten Wohnungsmarktes noch immer 2331 Wohnungen in Hamburg leer stehen“, sagte CDU-Mann Trepoll dem Abendblatt. „Noch alarmierender ist es, dass die zuständigen Stellen in manchen Bezirken weder wissen, wie lange der jeweilige Leerstand besteht, noch aus welchen Gründen das so ist. Hier muss endlich etwas geschehen. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Senat die Wohnungsbauziele im letzten Jahr erheblich verfehlt hat, ist es umso wichtiger, dass Bestandswohnungen nicht jahrelang leer stehen, sondern Mietern zur Verfügung gestellt werden.“

Die meisten Leerstände gibt es laut der Senatsantwort derzeit im Bezirk Mitte mit 647 seit mehr als vier Monaten leer stehenden Wohnungen, es folgen Altona (446), Wandsbek (437), Nord (356), Eimsbüttel (215) und Harburg (194). Am wenigsten Fälle registrierte das Bezirksamt in Bergedorf mit 36 Langzeit-Leerständen.

Immobilien Hamburg: 410 Wohnungen seit mehr als drei Jahren ungenutzt

Wie schwer es offenbar für die Stadt ist, gegen Leerstand vorzugehen, zeigen andere Zahlen. Immerhin 410 Wohnungen stehen in Hamburg bereits seit mehr als drei Jahren leer, 75 zwischen zwei und drei Jahren und 195 zwischen einem und zwei Jahren. In vielen Bezirken allerdings wird laut Senat gar nicht statistisch erfasst, aus welchem Grund und wie lange Wohnungen leer stehen. Das offenbart auch in diesem Bereich eine Schwäche der Stadt bei der Erhebung wichtiger Daten, wie es sie etwa auch bei der Verwaltung städtischer Immobilien oder der Registrierung von Flächen gibt.

Oft informieren die Eigentümer die Behörden selbst über Leerstände, es gibt aber auch immer wieder Hinweise aus der Bevölkerung, zuletzt auch verstärkt über ein Online-Meldeportal, auf dem leer stehende Wohnungen auch anonym gemeldet werden können.

Leerstand Hamburg: So viele Bußgelder wurden verhängt

Bußgelder werden von der Stadt allerdings nur spärlich verhängt. Laut der Senatsantwort auf die CDU-Anfrage wurden im vergangenen Jahr und bis Juni 2024 etwa in Mitte lediglich 14 Bußgelder eingefordert, und zwar in einem Bereich zwischen 1000 und 50.000 Euro. In Eimsbüttel waren es 21, in Nord zwölf und in Harburg ein Bußgeld. Die Bezirke Altona, Wandsbek und Bergedorf haben seit Anfang 2023 gar keine Bußgelder verhängt.

Interessant ist auch ein anderer Aspekt der Senatsantwort. Demnach wurden seit Anfang 2023 bis 11. Juni 2024 insgesamt 2625 sogenannte Wohnraumschutznummern vergeben. Eine solche Nummer braucht man, wenn man „selbst genutzten Wohnraum kurzzeitig anderen Personen überlassen möchte, zum Beispiel als Ferienwohnung“. Seit Einführung dieser Regelung im Jahr 2019, mit klaren Regeln etwa für die maximale Vermietungsdauer, wurden laut Senat bereits 12.090 solcher Nummern für Wohnungen vergeben, in denen vorübergehend Touristen, Monteure oder andere Gäste untergebracht wurden.

Immobilien Hamburg: Verstöße gegen Gesetz bei AirBnB nur selten geahndet

Verstöße gegen die Vorgaben des Wohnraumschutzgesetzes bei der Vermietung an Feriengäste wurden zuletzt aber nur wenige geahndet. In Altona gab es ein Verfahren, in Harburg und Bergedorf zwei. Deutlich fleißiger waren die behördlichen Wohnraumschützer in Eimbüttel mit 57 und Hamburg Nord mit 230 Verfahren wegen des „Verdachts der rechtswidrigen Wohnraumüberlassung“.

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Für den Senat hat der Wohnungsleerstand in Hamburg bei all dem aber offenbar noch keine Dimension erreicht, die zu größerer Sorge Anlass geben müsste. „Die in Hamburg festgestellten Wohnungsleerstände sind überwiegend durch Baumaßnahmen wie Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen oder weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel den Ausbau von Dachgeschossen, bedingt“, schreibt der Senat in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage, über die zuerst die „Mopo“ berichtet hatte.

„Diese stehen im Einklang mit den Vorschriften des Hamburgischen Wohnraumschutzgesetzes. Unrechtmäßigen Leerständen und anderen rechtswidrigen Zweckentfremdungen wird durch die Wohnraumschutzdienststellen der Bezirksämter mit dem Ziel nachgegangen, diese schnellstmöglich zu beenden.“